Review: Raskasta Joulua + Tavastia (Helsinki, 18.12.2010)

Foto: Iris Kessin

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Was haben Marco Hietala (Nightwish), Jarkko Ahola (Teräsbetoni) und J.P. Leppäluoto (Charon) gemeinsam, außer der Tatsache dass sie gute Musiker sind, aus Finnland kommen, und alle in Metalbands spielen? Sie steigen seit sechs Jahren jedes Jahr zur Weihnachtszeit auf die Bühne, um zu beweisen, dass traditionelle finnische Weihnachtsliedern nicht nur beschaulich-melancholisch klingen, sondern auch richtig krachen können.

Angefangen hat alles mit der einfachen Idee eines Weihnachtsprojektes, zu dem sich 2004 diverse Musiker aus verschiedenen finnischen Bands zusammentaten, um das erste Heavy Metal Weihnachtsalbum "Raskasta Joulua" ("Heavy Weihnachten") einzuspielen. Inspiriert vom Transsibirischen Orchester, gab man sich ordentlich Mühe, wirklich Weihnachtssongs der anderen Art abzuliefern, anstatt der häufig als "Neuversion" aufgenommenen Rock-Weihnachtssongs, die bis auf die kreischenden Gitarren nicht viel anders klingen als die Originale. Raskasta Joulua ist wahre Musik in den Ohren, mit Elementen diverser Metal Subgenres von Power-Metal über Nightwish-Epic, bis zum langsamen Doom. Da kann es schon vorkommen, dass man bei manchen Songs erst genauer hinhören muss, um das zugrundeliegende Original zu erkennen.
  Die Scheibe kam so gut an, dass man beschloss, drei Konzerte zu organisieren. Was eigentlich ursprünglich nur als Spaßprojekt geplant war, entwickelte sich schnell zu einer neuen Erfolgstradition: 2006 folgte das 2. Album "Raskaampaa Joulua" ("Heavier Weihnachten"), und nur 2 Jahre später war die Anzahl der Livekonzerte bereits auf eine komplette Weihnachtstour mit 17-Shows und 2 ausverkauften Konzerten in Helsinkis legendärem Tavastia-Klub angewachsen.

In diesem Jahr begann die Tour schon am 20. November in Imatra, zog sich über die gesamte Weihnachtszeit durch sage und schreibe 30 (!) finnische Städte, und endete mit einem Zusatzkonzert am 19.12. im Tavastia, Helsinki für alle die, die für den ausverkauften Abendgig am Vortag keine Tickets mehr bekommen hatten, und sich auch nicht die Samstagnachmittag-Show geben wollten.

Als Sänger mit von der Partie waren in diesem Jahr keine geringeren als Marco Hietala (Nightwish, Tarot, u.a.), Tony Kakko (Sonata Arctica), Jarkko Ahola (Teräsbetoni), Tuple Salmela (Tarot), J.P. Leppäluoto (Charon), Ilja Jalkanen (Kiuas), Antony Parviainen (Machine Men) und Ari Koivunen (Amoral, A. Koivunen Band), die sich als Solisten abwechselnd gegenseitig anheizten und das mit schwarzen Nikolaushüten bemützte Publikum schnell zum Kochen brachten.

Überhaupt kam schon beim passend gewählten South Park-Intro "It's Christmas Time In Hell" die richtige Stimmung auf, und für den Extra-Schuss Energie sorgten Erkka Korhonen (Northern Kings) als Leadgitarrist, Keyboarder Vili Ollila (Ari Koivunen), Bassist Erkki Silvennoinen (Ari Koivunen), sowie Tuomas Wäinölä (Kotipelto, Rhythmusgitarre) und Drummmer Mirka Rantanen (Thunderstone, Kotipelto).

Foto: Iris Kessin

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Wer englische Songtexte erwartet, darf sich diese Hoffnung sogar bei Liedern wie "Rudolph, The Red-Nosed Reindeer" völlig abschminken: Hier gibt's alles nur auf Finnisch, egal ob traditionelles finnisches Liedgut, oder importierte Weihnachtsweisen wie Stille Nacht (Jouluyö, Juhlayö) und Vom Himmel Hoch (Enkeli Taivaan). Das ist aber auch gut so, denn erstens geht es ja auch allen Beteiligten darum, den finnischen Metal mit Weihnachten zu vereinen, und zweitens stellt man bald fest, dass Finnisch – entgegen aller Gerüchte – eine verdammt gute Gesangssprache ist.

Raskasta Joulua hat sich nicht nur zu einem der überraschendsten Erfolgsprojekte der finnischen Heavy Metal-Branche entwickelt, sondern ist auch inzwischen für viele Musikfans zu einer echten Tradition geworden, die sogar Leute begeistert, die bis dato mit Weihnachten nicht viel am Hut hatten. Doch auch die längste Tour hat einmal ein Ende, das neue Jahr steht vor der Tür, und es ist Zeit, die schwarze Weihnachtsmütze vorerst wieder in den Schrank zu hängen … bis hoffentlich zum nächsten Mal.

Links:
www.myspace.com/raskasjoulu
www.raskastajoulua.fi

Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

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