Review: Sie können’s noch immer– Phillip Boa & the Voodooclub (01.04.2023, Bielefeld)

Vereint euch, ihr dunklen Gestalten! Vereint euch, ihr Waver, Punks und Teds! Ihr Gruftis und Rocker, ihr Originale und viel zu jungen Fans der 80er! Der Voodooclub ruft, der Voodooclub lädt ein, der Voodooclub gastiert im Forum Bielefeld. Eine große Show ist angekündigt, the special best of Shows um genau zu sein. Und die dunklen Gestalten pilgern.

Das Forum Bielefeld, fast schon Wohnzimmer, bekannt und vertraut . Und doch, jedes Mal anders. Mal warm, mal überdreht, heute Abend blauschummriges Dämmerleuchten. Fast schon prozessionsartig schleichen Gruppen gen Bühne. Schwarz ist die Farbe des Abends. Wiedersehen alter Bekannter, ein ausverkauftes „wir werden dabei sein“-Gefühl.

Vanessa Anne Redd (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)

Vanessa Anne Redd, die Backgroundsängerin und Percussionistin des Voodooclubs stimmt in den Abend ein. Gitarre, Schellenkranz und Megastimme. Country mit ein bisschen Badass, ein bisschen das „nette“ Mädchen von Nebenan, eben die, die jede*r zur Nachbarin haben möchte. Auf jeden Fall versteht sie es ordentlich Feuer auf der Bühne zu zünden. Und davor? Da wird gequatscht. Mal wieder. Liebes Publikum im Forum, ich weiß, das kannst du besser! Du verpasst hier nämlich ne ziemlich coole Show.

Umbaupause, übliches Zurechtruckeln, Getränke auffüllen. In der Luft die vorfreudige Ahnung eines Wiedersehens mit Freunden. Philipp Boa and the Voodooclub sind in Bielefeld alte Bekannte, halten sie doch mit sieben Auftritten einen der inoffiziellen Titel “Dauergäste im PC69“ inne. Einem Club vergangener Zeiten, mindestens ähnlich geschichtsträchtig wie der Ort des heutigen Geschehens.

They can’t buy my trust
They cant’t buy my heart

Phillip Boa (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)

Eng an enge Warterei. Nebelwadern, während das blaue Licht von vor zu auf die Bühne wechselt. Nach und nach wird es voll auch oben. Willkommen Voodooclub. Heller wird es allerdings kaum (bisher). Würde ja auch die Stimmung zerstören. Mystisch, spannungsgeladen und geschätzt gefühlte 30 Jahre jünger innerhalb der ersten erklingenden Töne. Der Nebel spaltet sich, unter tosendem Applaus der Auftritt Philip Boas, los geht die wilde Fahrt.

We went on and on and on
up and down and further, near, further near
and topped the ground
we climbed up
we walked the deepest valley
of this island of the skies…

Und wie wild die Fahrt ist! Song 1, Song 2, Anlauf nehmen, alles rauscht. Spätestens bei Song 3 gibt es kein Halten mehr. Will auch niemand. Weiter, weiter, der Nebel klart auf. Freie Sicht und freie Fahrt. Phillip Boa wandert auf der Bühne auf und ab. Von rechts nach links und wieder zurück, hält inne, schnappt sich wie selbstverständlich im Vorbeigehen das Mikro, läuft weiter. Singt, wandert, singt, wandert. Immer wieder seinen eigenen Lauf unterbrechend, innehalten und den großartigen Musiker*innen lauschen. Große Gesten des großen Boa. 

Ostwestfalen, Ostwestfalen,

Hey, Hey!

Phillip Boa (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)

Schnell, mehr, weiter. Weit weg von gewohnter, zurückhaltender, freundlicher, kurzum ostwestfälischer Ausgelassenheit. Viel mehr allgemeine, haltlose Ausgelassenheit. Mit Hüpfen und Singen und Jolen und Pfeifen. Der Wunsch nach mehr wird instand erfüllt. Sprechchöre umsäumen die Auflistung der beliebtesten Spielorte. Bielefeld auf einem grandiosen dritten Platz, vielleicht auch der Tradition geschuldet. Egal wieso, nehmen wir! Spielt nur weiter ja?

Ein grandioses erstes Finale führt zu einem grandiosen Zugabenteil, welcher – ebenfalls nach einem grandiosen Finale – zu einem weiteren grandiosen Zugabenteil führt. Atemlos augenreibend: Wie geil war das denn bitte? Jetzt sind wir alle Michael.

Galerien (by Daphne Dlugai bs! 2023): 
Phillip Boa and the Voodooclub
Vanessa Anne Redd

Setlist Phillip Boa & The Voodooclub:

Phillip Boa (Foto: Daphne Dlugai bs! 2023)
  1. Fine art in silver
  2. Loyality
  3. Albert is a headbanger
  4. Rome in the rain
  5. Standing blinded on the rooftops
  6. The wrong generation
  7. Life after being a zombie
  8. Get terminated!
  9. Fiesta
  10. Atlantic Claire
  11. Bells of sweetness
  12. A crown for the wonderboy
  13. The undersea world of Jaques Cousteau and his friends
  14. Cruising
  15. Til the day we’re both forgotten
  16. Love on scale
  17. Annie flies the lovebomber
    Encore
  18. Diana
  19. This is Michael
  20. And then she kissed her
    Encore 2
  21. Container Love
  22. Kill your ideals
  23. Sirens from hell

Links:
Phillip Boa & The Voodooclub
Vanessa Anne Redd
Forum Bielefeld

Daphne Dlugai
Daphne Dlugaihttps://www.be-subjective.de
Daphne Dlugai. Eine lebendige Mindmap aus einem Kessel Buntes, läuft wie ein Duracellhäschen, wenn man Kaffee, kaffee, kaffee (hier als Nomen, Verb und Adjektiv verwendet) in ihr System kippt. Oder Schokolade. Im Herzen eine Disneyprinzessin (definitiv Mulan, die anderen sind zu girly),  im echten Leben Teilzeitcholerikerin, audiophil Vinyladdicted und ist Daphne ein bisschen sonderbar. Oder war es Sonderpädagogin? Wir wissen es nicht so genau. Man munkelt sie ist wegen Schokolade auf Bewehrung und versucht diese Schwäche mit Bastelkram zu kompensieren. Funzt! Alles ist schöner mit Kerzen! Sogar Kerzen.

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