Review: Eisheilige Nächte – Julia, Blut und Räuber (17.12.2016, Dresden)

Die “Eisheilige Nacht” mausert sich seit Jahren zu einer in voller Vorfreude jährlich erwartende kleine Konzertreise, oder besser Festivalreihe, die sich durch mehrere Städte um die Weihnachtszeit in die Herzen der Fans spielt. Jedes Jahr gibt es ein neues Line-Up, jedes Jahr darf man aufs neue gespannt sein, was Eric Fish und Subway To Sally für all die, die keine Lust auf Weihnachtssingen in der Kreuzkirche haben, Spannendes ausgedacht haben.

Dieses Jahr machen also Vroudenspil, Lord Of The Lost, Eluveitie und natürlich Subway To Sally die Nacht des 17. Dezember zu einer unvergesslichen “Eisheiligen Nacht”. Wettertechnisch haben sich sich die Temperaturen an das Abendmotto angepasst. Eisige Temperaturen lässt die Zuschauerschaft aus Männlein und Weiblein in der Altersgruppe 8 bis 65+ in die warmen Hallen des Alten Schlachthofs in Dresden stürmen.

Vroudenspil (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Als Vroudenspil den Abend gut erlaunt eröffnen, scheint ein Großteil der Dresdner noch unter leichten Erfrierungszuständen zu leiden. Zu Beginn ungewohnt verhalten, muss sich Dresden noch mit dem Münchner Freibeuter Folk aufwärmen. Doch die Band aus Ratz von der Planke (Gitarre, Gesang), Freibeuter Petz (Sackpfeife, Rauschpfeife, Gesang), Dax von Berg (Sackpfeife, Rauchpfeife), Zora (Bass, Gesang), Phyra (Altflöte, Sopranflöte, Querflöte, Percussion), Seewolf (Akkordeon, Percussion, Gesang) und Simon Michael (Ersatz für Der Kraken am Schlagzeug) hüpft, tanzt und musiziert gut gelaunt über die Bühne. Der Einsatz von vielen verschiedenen Instrumenten wirkt beeindruckend und setzt ein schönes Zeichen im Zeitalter computererzeugter Musik und Musik vom Band und nicht von der Band.

Setlist Vroudenspil

  1. Wiedergänger
  2. Knochensack
  3. Püppchen
  4. 12 Pfund
  5. Vampirat
  6. Fauler Zauber
  7. Plankentango

Come with me I come with you, La Bomba!

Lord Of The Lost (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Der musikalische und auch optische Gegenpol zu Vroudenspil steht als nächstes auf dem Spielplan. Die Götter der Verlorenen: The Lord Of The Lost. Besonders düster, besonders rotzig, besonders rampensauig betreten die Lords unter tobendem Applaus die Bühne des Schlachthofs. Dunkel und vernebelt ist es, das Licht flackert, die Stimmung kocht sofort. Lord Of The Lost verstehen ihr Handwerk.

Mit düsterem Makeup, kaputten Klamotten in Schwarz und Grau, dramatischen und dynamischen Posieren krachen Lieder wie “Drag Me To Hell” durch die Boxen. Das Publikum ist textsicher und “fährt voll ab” auf die Lords.  

 

Lord Of The Lost (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Setlist Lord Of The Lost

  1. The Love Of God
  2. Kill It With Fire
  3. Drag Me To Hell
  4. Dry The Rain
  5. Full Metal Whore
  6. We’re All Greated Evil
  7. Six Feet Underground
  8. In Silence
  9. Fists Up In The Air
  10. Black Lolita
  11. Die Tomorrow
  12. Blood For Blood
  13. La Bomba

 

Eluveitie (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Danach Ausnahmezustand im großen Saal des Alten Schlachthofs. Eluveitie, hierzulande nur selten unterwegs, hauen ihren Pure F***ing Folk Metal über die Bretter und durch die Boxen. Auch hier ist die Instrumentendichte außergewöhnlich hoch! Mandola, Mandoline, Tin Whistles, Low Whistles, Dudelsack, Bodhràn, Drehorgel, Gitarre, Bass, Schlagzeug, … Puuh! Na, wer kennt alle? Bei Eluveitie musiziert es also außerordentlich viel und gut auf der Bühne. Der Folk kämpft mit dem Metal und bildet eine f***ing g***e Kombination, die eigentlich nur Headbanging zur logischen Schlussfolgerung haben kann. Und so bangt sich Groß wie Klein die Seele aus dem Leib. Auf und vor der Bühne.

Eluveitie (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Blut, Räuber und Julia am Bierstand gesichtet

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Mit einem großen Knall kommen dann endlich die Verursacher dieser schönen Konzertreihe auf die Bühne: Platz frei für Subway To Sally. Dresden freut sich immer sehr auf Subway To Sally und Subway To Sally spielen äußerst gern in ihrer (Lieblings-)Stadt. Das merkt man sofort. Schon beim Entern der Halle oder am Bierstand wartend vernimmt man murmelnde Strophen, die mit “Blut, Blut, Räuber …” anfangen. Verdächtig!  Doch bis die Räuber und auch Julia an der Reihe sind, wartet auf Dresden erstmal eine sensationelle Setlist, in der sich quasi Hit an Hit reiht. Zeit für eine ruhige Ballade? Fehl am Platz! Die Potsdamer Kombo lässt am heutigen Abendprogramm wohl kaum einen Wunsch offen.

Oh grausame Schwester, was hast du getan,
Das Mädchen getötet im fiebrigen Wahn,
Mit Neid im Herzen, mit Bosheit im Bauch,
Nun wartet die Hölle, sie töten dich auch!

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Mit “Grausamer Schwester” und “Henkersbraut” donnern STS los und lassen es sofort mit Pyrotechnik gewohnt ordentlich krachen. Neuer Programmpunkt ist die Frau an der Violine. Für Frau Schmitt hat nach 26 Jahren Ally Storch den Platz am Streicher eingenommen. Mit einer Haarlänge, die so manche Körpergröße von anwesenden Gästen übertrifft, ist die “Neue” in jedem Fall eine Augenweide. Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch sie von Charmeur und Sänger Eric Fish bei “Kleid aus Rosen” eine rote Rose überreicht bekommt. Die Halle ist dazu in tiefrotes Licht gehüllt, mit dramatischer Interpretation und Darbietung wird dieses Lied immer wieder zu einem wunderschönen Highlight eines jeden STS Auftritts.

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Doch das Mädchen war vernarrt,
hat auf Knien ausgeharrt
bis er nicht mehr widerstand
und die Nadeln nahm zur Hand.

Doch dieser Samstagabend ist ein Abend voller Highlights. Schon kurz darauf rieseln die “Eisblumen” wie Schnee durch den Alten Schlachthof. Auch hier fehlt es nicht an Dramatik und kunstvoller Darbietung. Ein Lied zum Sterben schön.

Tanz nur immer weiter, tanz

Es reihen sich weiterhin nur noch Höhepunkte an Höhepunkte. Dresden kommt keine Sekunde zur Ruhe und soll es auch nicht. So folgt der “Tanz auf dem Vulkan” nach dem “Falschen Heiland” und wird vom “Bösen Erwachen” eingeholt bis “Besser du Rennst” fort…Puuuh! Gefolgt von “Ohne Liebe” und “Sag dem Teufel” und “Sieben” und … Einfach Wahnsinn.

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs!)

Noch wahnsinniger wird es als traditionsgemäß Subway To Sally mit ihren Gästen gemeinsam ihre Lieder interpretieren. So wird der “Veitstanz” mit Vroudenspil zusammen getanzt und für das “Seemannslied” wollen so einige gewiss Chris Harms von Lord Of The Lost nicht nur das Cello vom Körper reißen. Doch wer denkt, dass Subway To Sally so gehen gelassen werden, irrt gewaltig. Da war ja noch die Sache mit dem Blut, den Räubern und der Julia! Kaum ist die Band für die vermeintlich letzte Zugabe noch nicht einmal ganz von der Bühne verschwunden, wird der Refrain dieses bekannten Liedes schon durch den Saal gebrüllt. Wie eine Horde hungriger Löwen fordert Dresden sein allerliebstes Lieblingslied, ohne das hier heute keiner nach Hause geht. Erpressung glückt. Die Band stimmt zusammen mit dem lechzenden Publikum auf die richtige Tonart ein und los gehts. Noch einmal alles geben bis die Stimmbänder versagen und die Ohren gänzlich taub sind.

Wenn die Segel nicht mehr glänzen,
wenn die Winde nicht mehr wehen,
werd ich, um zu dir zu kommen,
über Ozeane gehen.

Kurz vor Mitternacht ist dann leider wirklich Schluss. Erschöpft, aber sehr glücklich pendelt die zufriedene Meute zur Garderobe und strömt in die eiskalte Nacht. Bis zum nächsten Jahr. Die Eisheilige Nacht kommt gewiss.

Setlist Subway To Sally

  1. Grausame Schwester
  2. Henkersbraut
  3. Kleid Aus Rosen
  4. Unsterblich
  5. Eisblumen
  6. Falscher Heiland
  7. Tanz Auf Dem Vulkan
  8. Für Immer
  9. Böses Erwachen
  10. Arme Ellen Schmitt
  11. Besser Du Rennst
  12. Ohne Liebe
  13. Sag Dem Teufel
  14. Sieben
  15. Veitstanz (mit Gästen)
  16. Seemannslied (mit Gästen)
  17. Julia Und Die Räuber

Galerien:

Links:

Kristin Hofmann
Kristin Hofmannhttp://www.fotokatz.de/
Kristin Hofmann, das schnurrende Fotokatzl, ist uns von den Elbwiesen zwischen Nightwish und Lacrimas Profundere im Fotograben irgendwie zugelaufen. Das „Spätzchen“ fährt in der Regel nicht die Krallen aus, voll auf weißblaue Vierräder ab und hat die anderen sechs Nerdzwerge zwischen Datenkraken, Mediendschungel und Hexadezimal im Blinzelwettbewerb längst platt gemacht. Schnurrbart steht ihr übrigens nicht so gut wie DocMartens, aber irgendwas is’ ja immer. Bitte nicht füttern!

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