Reingehört: Song Of The Month 2023 – The Beaches mit „Everything Is Boring“ [04/2023]

Vom Tanzen in den Sonnenuntergang beim Lieblingsfestival oder dem Zerfall – die Reaktionen auf „Everything Is Boring“ von The Beaches könnten mal wieder kaum unterschiedlicher ausfallen. Aber lest selbst:

Der Song im April: „Everything Is Boring“ von The Beaches, ausgewählt von Rune:

Kristin: Wer kennt ihn nicht: den Alltagsfrust. Alles doof, alle doof, alles und einfach jeder nervt. Die kanadische Band “The Beaches” hat mit “Everything Is Boring” genau diesem bekannten Gefühlszustand einen Song auf den Leib geschneidert. Ob nun dir einer von seinen Träumen erzählt, du nur mit einem halben Ohr hin hörst und denkst “Oh wie interessant!” oder von einer Welt träumst, in der Frauen sich gegenseitig unterstützen – The Beaches wissen, wie du dich fühlst! “Everything Is Boring” ist eine Art Wackeldackel für Gelangweilte: groovy, aber gechillt, geht auf Dauerschleife, man kann nicht wegsehen(-hören), aber irgendwann ist dann mal Schluss. Für Montage geeignet.

Michael: Bei so einem Songtitel muss man dies natürlich als Aufhänger für die Einschätzung herhalten: Das Gute an dem Track von The Beaches ist, dass nicht alles langweilig ist. Genau genommen, findet für mich hier keinerlei Langeweile statt. Die dezenten Wave-Gitarren-Farbtupfer wissen zu gefallen und der Song lässt sich herrlich in einem Kopfkino-Szenario einbauen: Taubertal-Festival, warmer Sommertag, Sonnenbrille auf, der Sonnenuntergang erhellt mit seinen letzten Strahlen das Gelände im Tal, man schlendert an den Bühnen vorbei und lauscht der feinen und unaufdringlichen Hook dieses Songs als Hintergrundberieselung. Was danach passiert, steht auf einem anderen Blatt, aber es ist schon mal ein gutes Zeichen, dies in seiner Vorstellung zu haben…

MichaL: Die kanadische Frauen-Rockband The Beaches haben mit „Everything Is Boring“ ihre neue Single veröffentlicht. Das war bestimmt eine Auftragsarbeit. Schreibt mal irgendwas über Langeweile, über immer wiederkehrende frustrierende Dinge im Leben, über Eintönigkeit. Was soll mensch sagen? Auftrag erfüllt. Text und Musik passen 1 zu 1 zusammen. Denn die Musik ist genauso langweilig wie der Text es vorgibt. Aber bevor jetzt alle einen Blues kriegen, die Musik ist auch eingängig und damit durchaus tanzbar. Für ein Tänzchen nachts um halb eins mit ner Kippe und Pulle Bier in der Hand reicht das alle mal. Und mit 2:56 Minuten ist er auch nicht zu lang.

Torsten: Die Walküren von The Beaches bringen mit „Everthing is boring“ ihre neue Single an den Start. Die kanadischen Totendämonen verfehlen in nie endenden 2:56 min ihr Ziel nicht. Der Song plätschert bereits wenige Sekunden nach Start zwischen Strophe und Refrain hin und her. Ab Sekunde 1 setzt ein unaufhaltsamer Zerfall ein. Das Herz stellt augenblicklich den Dienst ein, Synapsen im Hirn lösen sich. Der Körper kollabiert vor Langeweile. Nachdem sich sämtliche Hirnmasse zersetzt, innere Organe nun einer Ansammlung von Rosinen gleichen haben die Beach-Walküren ihr Ziel erreicht. Die unwissende Hörerschaft ist tot. Glückwunsch.

Rune: Alltag nervt, oft genug, und genau dies thematisiert das kanadische Quartett The Beaches, benannt nach einem Bezirk ihrer Heimatstadt Toronto, in ihrem Song Everything Is Boring. Entspannter, erfrischender Indie-Rock bildet dabei das Grundgerüst auf dem sich The Beaches gesanglich austoben, dabei treffen vornehmlich leicht verzerrte Vocals als Kontrast zum Instrumental auf einzelne Parts mit cleanen Vocals sowie sanften Backings. Diese verschiedenen Stile sorgen für gute Abwechslung und verleihen dem Song Charakter und Tiefe. Ein Mix der ins Ohr geht und dort bleibt, jedenfalls bei mir. Unzählige Durchläufe später bin ich den Song alles andere als leid, dass passiert nicht oft. Mit etwas Offenheit und der Bereitschaft auch mal außerhalb der eigenen Musik Bubble zu hören kann man hier einen guten Indie-Rock Song entdecken der mehr zu bieten hat als es beim ersten hören vielleicht den Anschein machen kann.

Thea: Find ich den Song wirklich gut, oder bild ich mir’s nur ein? JEIN. Ich verstehe die Version hinter der Nummer. Slacker-Indie, der auf knapp 3 Minuten keine großen Überraschungen bereithält – und damit genau das macht, was der Titel vermuten lässt. Volle Absicht natürlich. Und trotzdem ist die Nummer wirklich wirklich catchy. Festivals, Sommer, Sonnenschein und alles andere als Langeweile kommen mir dabei in den Sinn. Das einzige, was mich wirklich kratzt ist der Stimmverzerreffekt in den Strophen, ohne diesen könnte „Everything Is Boring“ auch bei mir deutlich höher punkten. Trotzdem werde ich The Beaches im Auge behalten. Vielleicht auch im Ohr.

Links:

The Beaches

Alle Redaktionsfavoriten findet ihr in unserer Songs of 2023 Playlist:

Thea Drexhage
Thea Drexhagehttps://www.be-subjective.de
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.

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