Review: Svbway to Coppelius erobern Königstein (20.07.2018, Festung Königsstein)

Open-Air-Konzerte auf der Festung Königstein – sicherlich eine der außergewöhnlichsten Lokalitäten für ein Festival und auf jeden Fall einzigartig. Am heutigen Abend sind das die Auftritte von Svbway to Sally und Coppelius. Mitten in der Sächsischen Schweiz liegt der Ort Königstein, mit einem der Touristenmagneten des Naturparks und auch ohne Konzert mindestens einen Besuch wert. Allerdings ist die Festung für Besucher meistens nur tagsüber geöffnet. Somit erhält Mensch beim Erwerb eines Tickets nicht nur den Einlass zum jeweiligen Musikerlebnis, sondern zusätzlich die Möglichkeit den berühmten Blick von den Festungsmauern auf die Landschaft vom Naturpark Sächsische Schweiz in den Abendstunden zu genießen (leider aber nur in einem abgegrenzten Bereich).

Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Open-Air-Konzerte auf der Festung

Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Von Dresdens Zentrum aus dauert die Fahrt mit dem Auto eine dreiviertel Stunde und nach Verlassen des Parkhauses hat jede/jeder die Wahl entweder per pedes oder mit dem Festungsexpress zum Anfang der Mauern zu gelangen. Außer Mensch verfügt über eine Sondergenehmigung oder hat ein Bus-Shuttle-Ticket erworben und lässt sich so bequem vom Dresdner Hauptbahnhof bis zum Fahrstuhl der Festung in Königstein kutschieren. Nach einiger Wartezeit oben angekommen, steht man Mensch nach wenigen Schritten mitten auf dem Platz des Festival, welcher sich im westlichen Teil der Anlage befindet. Die BesucherInnnen können sich die Auftritte von dieser Stelle aus ansehen oder sie ergattern einen der begehrten Plätze direkt auf der Mauer und um so das ganze Treiben von oben betrachten. Dabei hat Mensch zusätzlich die Option, durch eine 180Grad-Drehung, den eben beschriebenen Blick auf die Landschaft zu genießen – tolle Kulisse von Mutter Natur.

Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

„Die Coppelianische Wende“

Coppelius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Coppelius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Am heutigem Abend bei sehr angenehmen Sommerwetter sogar mit perfektem Sonnenuntergang. Von wo auch immer zugesehen wird, auf der Bühne ist jedenfalls alles schon vorbereitet und die aufgebauten Instrumenten bzw. sonstigen Gerätschaften weisen sehr deutlich darauf hin, welche Musikkapelle das Open-Air jetzt bespielen wird. Wie vor einigen Tagen im bandeigenen Rundschreiben bekanntgegeben wurde…“Coppelius hilft wieder!“. „Endlich!“, kann ich da nur sagen, endlich ist die Bühnenabstinenz beendet. Nach dem exklusivem Konzert auf der Wacken Winter Nights zu Beginn dieses Jahres haben sich Coppelius wieder in ihrem Herrensitz versammelt und beschlossen im Juli bzw. August auf einigen ausgewählten Festivals live zu musizieren. Im Herbst soll zudem die erste Steampunkoper „Klein Zaches, genannt Zinnober“ in Gelsenkirchen wieder aufgeführt werden. Außerdem haben die Herren Sissy Voss, Nobusama, Max Coppella, Graf Lindorf, Comte Caspar, Bastille in den letzten Monaten und Jahren „Die Coppelianische Wende“ vorbereitet.

„Diese chemische Substanz
Gibt Dir Kraft für den Tanz
Durch die ganze Nacht
Und man lacht, man lacht und lacht
Geh mal ein Risiko ein
Und sei es noch so klein
Oder scheint’s Dir zu groß
Ach was, na los! […]“
(Auszug aus „Risiko“)

Coppelius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Coppelius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Nun ist er also da, „Der Tag des Hebels“. Pünktlich um halb acht setzt das Intro ein, Diener Bastille kommt wie immer als erster auf die Bühne und leitet letzte Vorbereitungsmaßnahmen für die Herren Coppella ein, diese folgen ihm sogleich. Mit vollem „Risiko“ legt er den sich der Mitte befindenden Hebel um und aus den Boxen erklingen tatsächlich wieder coppeliusische Soundstrukturen. Der vossische Kontrabass, die nobusamaischen Schlagwerke, das lindorfische Cello und die beiden bandtypischen Klarinetten. Die Coppellaische auf den Einen und die Casparische auf der anderen Seite. Das Publikum auf der Festung Königstein ist jedenfalls total begeistert und ich bin ebenso glücklich diesen Moment miterleben zu können. Dann spielen die sechs Herren im ersten Teil ihres Sets auch noch den alten Catriona– bzw. Inchies-Klassiker „Rightful King“. Das geht „Mitten ins Herz“, Danke. Bitte, „Bitten Danken Petitieren“, großartig. Bastille lässt sich von der Begeisterung der Anwesenden anstecken, kommt von der Bühne und tanzt mit einigen zu „Gumbagubanga“ mitten im Publikum. Dabei haben ihn ein paar Damen und ein Herr offensichtlich so überzeugt, vielleicht auch zu „Schöne Augen“ gemacht, dass er diese – teils mit roten Sombrero ausgestattet – anschließend auf die Bühne bittet, um zusammen mit ihm und den Herren Coppella und allen anderen auf dem Open-Air das bekannte Iron Maiden-Cover „Murders In The Rue Morgue“ zu zelebrieren.

!..! Heavy Fuc**** Wood !..!

Coppelius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Coppelius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Dieses phantastische Rock-Theater, in dem der Diener seinen Herren immer wieder die Schau stehlen will (und es ihm manchmal auch gelingt) geht in den letzten Akt über. Nach „Der Luftschiffharpunist“ wird auf Anweisungen von Bastille noch eine spezielle Art der sogenannten „Wall of Death“ inszeniert. Das Auditorium verlangt nach noch „Moor“…“Contenance“, als Zugabe gibt es mit „Killers“ einen Titel vom immer noch aktuellen Tonträger „Hertzmaschine“. Die Bandeigene ist durch den Auftritt jedenfalls wieder bestens geschmiert….Kammer-Core@his.best „Coppelius hilft!“.

Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Festung Königstein Open Air (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Das war nun also der erste Streich und der Zweite soll gleich folgen. Während der Umbaupause können sich die BesucherInnen des Open-Air nicht nur um das jeweilige leibliche Wohl kümmern, sondern ebenso auf der königsteinigen Festungsmauer der langsam ins rötlich übergehenden Abendsonne beim horizontalen Versinken zusehen. Auf der Bühne wird durch fleißige Hände alles für Svbway to Sally (folgend auch Svbway oder Sally genannt) vorbereitet. Svbway to Sally und Coppelius, Coppelius und Svbway to Sally, die beiden Kapellen kennen sich schon eine Weile. Noch vor der ersten Langspielplatte „Time-Zeit“ haben die Herren Coppella Shows für Sally eröffnet, was sie danach wiederholt haben. Auf dem zweiten Album „Tumult!“ haben einige Musiker von Svbway wiederum Gastbeiträge hinzugefügt. Passt also und das Podium ist jetzt ebenso bereit – das Intro ertönt und Vorhang auf für Svbway to Sally.

Tanz auf der Festung

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Ally Storch, Simon Michael, Sugar Ray, Ingo Hampf, Simon, Bodenski und Eric Fish betreten ihre Bühne und eröffnen mit „Grausame Schwester“ den zweiten Teil des Abends auf der Festung Königstein. Durch „Henkersbraut“ folgt gleich ein richtiger Klassiker und das Auditorium ist von Anfang an lautstark mit dabei. Beim „Kleid aus Rosen“ gibt es solche sogar von Einigen aus ersten Reihe, die Eric ganz gentlemanlike an Ally weiterreicht. Das Verteilen von „Eisblumen“ funktioniert bei Temperaturen von noch über 20Grad nur im übertragenem Sinne und ist da vielleicht eher was für die Eisheiligen Nächte [siehe hier:]. Eric Fish begrüßt jedenfalls die Fans dieser Konzert-Reihe und lädt alle Anderen aus dem Publikum ganz herzlich dazu ein. Denn auch bei der zehnten Ausgabe machen Svbway to Sally kurz vor Weihnachten wieder im Alten Schlachthof zu Dresden halt.

„[…] Du musst tanzen, in der Asche
bis zum allerletzten Tanz,
tanze Krater in den Boden
und zertanz die Schuhe ganz!
Tanze, tanze über Tiefen,
denn wer tanzen kann der lebt,
und du spürst die Erde,
wie sie wogt und bebt. […]“
(Auszug aus „Tanz auf dem Vulkan“)

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Jetzt aber wieder zurück nach Königstein…es folgt eine weitere Sally-Hymne, „Falscher Heiland“. Aber bei fast dreißig Jahren Bandgeschichte gibt es eigentlich nur Klassiker zu bespielen. Die eingeschworene Fangemeinschaft singt beim „Tanz auf dem Vulkan“ wieder lautstark mit und macht das Stück quasi zum Tanz auf der Festung. Getopt wird das Ganze durch eine „Wall of Love“. Eric teilt das Publikum in zwei Hälften auf, wie bei einer gewöhnlichen „Wall of Death“. Nur mit dem Unterschied, dass nicht alle gleich gegenseitig auf einander losrennen sollen, sondern sich jede/jeden gegenüber einen anderen Menschen aussuchen soll, den sie/er umarmen will. Nicht ganz „Ohne Liebe“ versteht sich und natürlich auf sein Kommando. Nicht bei eins, zwei, drei oder vier. Auch nicht bei der Fünf oder der Sechs – also „Sag dem Teufel“ – „Sieben“ ist die Zahl, denn „[…] Sieben Mal und es wird wahr. Du hast keine Wahl denn die Sieben die Sieben ist meine Zahl“ (Auszug aus dem Liedtext von „Sieben“). Auf, auf zum Finale, „Veitstanz“.

WALL OF LOVE im schwarzen Meer

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Die Damen und Herren vor der Bühne hier beim Open-Air auf der Festung Königstein brauchen nicht lange auf eine Zugabe warten. Schließlich besteht die Verbindung zwischen Svbway to Sally und ihren FreundInnen mittlerweile schon eine ganze Weile. Nach „Schwarzes Meer“ passt auch ein „Seemannslied“, selbst wenn Ost- bzw. Nordsee etliche Meilen entfernt sind, die Elbe ist quasi um die Ecke. Ganz zum Schluss und als absoluter Höhepunkt an diesem Abend hat die Band noch ein besonderes Geschenk für ihr Publikum mitgebracht. Ob es das Beste ist, was sie je geschrieben haben mag ich nicht beurteilen, aber Svbway & die Räuber – mit dieser Hymne hat sich die Band schon „Unsterblich“ gemacht. Vereinzelt sind „Blut“- oder „Räuber“-Rufe während des Konzertes schon zu hören gewesen, jetzt siegen alle lauthals mit. Die Rede ist natürlich hier von dem Sally Song, „Julia & die Räuber“.

Das war ein großartiger Konzertabend mit Coppelius, die sich eh in jedem Theater wohlfühlen, ganz gleich wie groß/klein bzw. bestuhlt/unbestuhlt es ist, und Svbway to Sally. Für die war es quasi ein „Back to the Roots“, ohne viel Schnörkel & anderes Brimborium, haben sie sich auf der Bühne innerhalb der Festungsmauern auf Königstein sichtlich wohl gefühlt. Ihr Handwerk beherrschen die sieben Musiker jedenfalls absolut, ganz gleich ob es die altertümlichen Instrumente sind oder auch mal eine Gitarre mit drei Hälsen. Allerdings wer sich Coppelius als Vorband einlädt, muss immer damit rechnen, dass die einem als Mainact die Show stehlen können. Anderen Kapellen können ein Lied davon singen und ebenso an diesem Abend war das Potential dafür gegeben. Die Kammer-Coreisten spielen wie schon erwähnt noch auf ein paar Festivals und im Herbst gibt es ihre Steampunkoper zu sehen. Ebenso sind die Mittelalter-Folkrocker auf einigen Festspielen zu bestaunen und im Winter steht die zehnte Ausgabe der Eisheiligen Nächte an [siehe Vorschau]. Also auf zur Eintrittskarterverkaufshalle der eigenen Wahl oder „Besser Du rennst“, sonst gibt es vielleicht ein „Böses Erwachen“, ähnlich wie in „Morgenstimmung“.

Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Subway To Sally (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2018):

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  • Subway To Sally [folgt)

Setlist Svbway to Sally:

  1. Intro
  2. Grausame Schwester
  3. Henkersbraut
  4. Kleid Aus Rosen
  5. Unsterblich
  6. Eisblumen
  7. Falscher Heiland
  8. Tanz Auf Dem Vulkan
  9. Feuerkind
  10. Böses Erwachen
  11. Arme Ellen Schmidt
  12. Besser Du Rennst
  13. Ohne Liebe
  14. Sag Dem Teufel
  15. Sieben
  16. Veitstanz
    Encore:
  17. Schwarzes Meer
  18. Seemannslied
  19. Julia & Die Räuber

Setlist Coppelius:

  1. Risiko
  2. Habier
  3. Rightful King (Cover-Version: Catriona / The Inchtabokatables)
  4. Morgenstimmung
  5. Mitten Ins Herz
  6. Kein Land
  7. Bitten Danken Petitieren
  8. Schöne Augen
  9. Gumbagubanga
  10. Murders In The Rue Morgue (Cover-Version: Iron Maiden)
  11. To My Creator
  12. Reichtum
  13. Sternenstaub
  14. Handschuh
  15. Tintenfisch
  16. Der Luftschiffharpunist
  17. Moor
    Encore:
  18. Contenance
  19. Killers

Weiterhören:
Svbway To Sally MitGift; Schwarz In Schwarz; Kreuzfeuer; Bastard; Nord Nord Ost; Engelskrieger; Hochzeit; Bannkreis, Foppt Den Dämon!; MCMXCV & 1994
Coppelius Hertzmaschine; Extrablatt; Tumult!; Zinnober & Time-Zeit

Links:
https://subwaytosally.com/
http://coppelius.eu/
https://coppelianischewende.com/
https://de-de.facebook.com/FestungKoenigsteinOpenAir/

Veranstalter:
Konzertagentur Dresden

Tobias Richter
Tobias Richterhttps://www.facebook.com/mischband/
Jeder sollte einen Tobi haben. Keiner von uns hat ihn je gesehen, der Typ ist einfach zu groß und artig, der schmeißt aufgeblasene orange Dinger in Einkaufsnetze und - wie man so hört - muss sich der Ü190 Hüne dafür bücken. Eat Sleep Ball Repeat. Ansonsten ist ein Tobi einer, der Kassetten professionell aufwickeln kann, "der immer Ärger macht, der Streiche spielende Anstifter, der, der süchtig nach Furcht ist, ein Sinnbild für Gefahr." Jeder sollte einen Tobi haben. Und eine B-Seite.

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