Review: Negative, Jann Wilde & Rose Avenue (05.11.2006, Hannover)

Es wird Winter, die Tage kürzer und die Nächte länger. Passend zur winterlichen Stimmung touren Negative aus Finnland, das Land, da so gerne mit Melancholie und Romantik in Verbindung gebracht wird, durchs Lande. Das aktuelle Design der Glam-Rocker stellt eine Zirkusszenerie dar und auch in Hannover ließen die Jungs den Saal zur Zirkusarena werden.

Foto: Torsten Volkmer

Foto: Torsten Volkmer

Viele Fans waren gekommen, um dem Spektatkel beizuwohnen und auch der Supportact Jann Wilde & Rose Avenue aus Tampere ließen einige Fans in den vorderen Reihen verzückt aufjuchzen. Die etwas älteren Anwesenden empfanden den Auftritt allerdings mehr wie eine Musikeinlage zum 18. Geburtstag, schienen die Jüngelchen auf der Bühne doch kaum älter zu sein. Zwar sorgte der Frontmann für amüsante Posen, doch bei genauerem Hinsehen schien er noch einiges lernen zu müssen. „Boy George“ an der Gitarre wirkte ein wenig verkleidet (der 11.11. naht ja schließlich auch) und der Drummer hatte einen Bad Hair Day der Extraklasse. Nichts desto trotz wurde die Band herzlich vom Publikum aufgenommen, das jubelte und mitfeierte. Ihren Job hatten Jann Wilde & Rose Avenue also vollends erfüllt.

Foto: Torsten Volkmer

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Gut aufgeheizt wartete die Finnland-süchtige Meute also auf den Hauptact Negative. Als plötzlich neckische Zirkusmusik erklang, warfen einige Gäste nochmals einen Blick auf ihre Karte um sich zu vergewissern, dass dies nicht Zirkus Krone sei…. Doch schelmisch zur Musik gaukelnd erschienen denn doch die Mitglieder der Band auf der Bühne. Der Applaus steigerte sich und als Frontmann Jonne das Rampenlicht betrat konnte man kaum glauben, dass die Anzahl der Leute im Capitol es vermochte solch einen Lärm zu veranstalten.

Und die Jungs legten auch sogleich mit „Glory of the shame“, dem Opener des aktuellen Albums „Anorectic“ los. Der wilde Song stieß auf Begeisterung seitens des Publikums und von der ersten Minute an kochte es im Saal. Die Finnen posten possierlich wie gewohnt auf der Bühne zur Freude der Mädels. Nachdem die Geschwindigkeit dann zu „In my heaven“ wieder etwas runtergefahren wurde, gaben die Jungs eine bunte Mischung ihrer Hits zum Besten. Hierbei durfte der Coversong „My my hey hey“ als auch ihre erste Single hierzulande „The moment of our love“ nicht fehlen. Jonne neckte ununterbrochen das Publikum, entblößte seinen Bauch, was zum Aufkreischen der weiblichen Fans führte, doch fiel das Shirt nie ganz zum Leidwesen vieler. Mal im Pressegraben herumwirbelnd, mal am Rand der Bühne sitzend – Jonne traf an diesem Abend alle Töne einwandfrei. Auch seine Rockröhre klingt unglaublich wenn man sich das schmächtige Kerlchen ansieht.

Auch die Gitarristen Larry und Sir Christus, sowie Bassist Antti befanden sich in bester Verfassung. Posten wie Slash, rannten umher, stiegen auf die Zirkuskisten und verhielten sich sehr publikumsnah. Hinter einer Lok verbarg sich das Drumset, an dem Jay seine Künste bewies und der als Zigeuner gestylte Snack verzauberte mit seinem Keyboard.

Bei „Planet of the sun“ war wieder Gänsehautstimmung angesagt und die Finnen erwiesen ihrem Ruf als melancholische Herzensbrecher einmal mehr alle Ehre. Doch bevor die schmachtenden Girls die Gelegenheit dazu hatten umzukippen rockte „L.A. Feeding fire“ los. Noch einmal wahnsinns viel Energie und tobende Stimmung bevor nach „Frozen to lose it all“ und „Neverending Parade“ die Bühne verlassen wurde.

Jonne hatte zuvor noch geneckt, dass das Publikum in Leipzig am Abend zuvor so laut gewesen sei, dass es seine Ohren beschädigt hatte und wenn Hannover nicht mindestens genauso laut sei, gäbe es kein Wiedersehen. Also gab Hannover sein Bestes und brüllte nach mehr. Mit Erfolg, denn die Jungs kamen zurück… und das allesamt mit nacktem Oberkörper! Ob „Until you´re mine“ und „Stop fuckin around“ danach von den Zuschauern überhaupt noch wahrgenommen wurde, oder alle mit feuchten Augen nicht wussten wo sie zuerst hinsehen sollten, bleibt ein Geheimnis.

Jedenfallas hat die Band spätestens an diesem Abend bewiesen, dass sie auch ohne HIM und the Rasmus die Hallen füllen und rocken, dass sich die Balken biegen. Ein Vergnügen für Auge und Ohren!

Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

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