Review: Kaiser-Wetter bei König Howard Carpendale (20.06.2025, Northeim)

Wenn man überlegt, wer ist denn jetzt der absolute (männliche) Schlagerstar in Deutschland, der kommt an diesen beiden Veteranen nicht vorbei. Sie sind die alte Schule des Schlagerwesens, die Sperrspitze gegen Ballermann-Uffta, gegen Texte auf tiefstem Niveau, gegen Melodien, die nie wirklich im Ohr ankommen und dort auch bleiben. Allen voran natürlich Roland Kaiser. Der Typ spielt zwischenzeitlich in Stadien und in seiner Heimat Dresden ist die Kaisermania mit jedes mal 12.000 Fans plus unzähligen Zaungästen Wochen, wenn nicht sogar Monate vorher ausverkauft. Hier in Dresden wird mit großer Bühne, großer Band und natürlich Leinwänden das Mega-Event präsentiert und das an vier Abenden hintereinander. Und genau aus Dresden kommt Howard Carpendale jetzt, wo er tags zuvor gespielt hat. Und das gute Wetter hat er mitgebracht…

Kaiser-Wetter bei König Carpendale

Howard Carpendale (Foto: Michael Lange bs! 2025)

Nach einem Intro seiner Band betritt er die Bühne. Endlich in Northeim, wo er noch nie gespielt hat. Sagen tut er zunächst nichts, aber wenn man genau hinschaut, entlockt es ihm beim Blick in das weite Rund der Waldbühne Northeim ein Wow und ein genießendes Lächeln. Und ab geht die Sause mit 9-köpfiger Band und zwei Backgroundsängern. Alles live, wie er öfter betont. Top-Sound mit angenehmer Lautstärke sowohl im Innenraum als auch auf den Tribünen. Zum Stimmung anheizen kommen fürs erste neuere Lieder aus seinem Repertoire von 700 Songs, da kann man aus dem Vollen schöpfen. „Samstag Nacht“ am Freitag Abend kommt schon mal gut, genau so wie „Du bist das Letzte“. Textlich geht es um die Liebe, aber „Es geht um mehr“. Und Howie traut sich was, gerade wo das Stimmungsbarometer in die Höhe geht, kommt „Du bist noch noch hier“, einem Song über den Tod und die damit verbundene Trauer. So was muss man erst mal bringen. Und Carpendale bringt´s. Er legt, wie er immer wieder betont, besonderen Wert auf gute Texte und fordert die Fans immer wieder auf, darauf zu achten. Der 79-jährige ist Vollprofi. Seine Ansagen sind immer kleine Anekdoten über tatsächlich Erlebtes wie zum Beispiel bei einem Golfspiel in den USA, wo tatsächlich Trump am Nebentisch saß und Mist erzählt hat (nicht lustig). Oder er bringt mal einen oder zwei Witze (sehr lustig). Er wohnte mal „Tür an Tür mit Alice“ , hat „Alles überlebt“ und singt „Na und“. Set 1 ist vorbei.

Howard Carpendale (Foto: Michael Lange bs! 2025)

Du bist doch noch hier
Hast dich bloß versteckt
Du bist doch noch hier
Nein, du bist gar nicht weg
Du bist doch noch hier
Ich kann dich doch seh′n
Du würdest doch niemals geh′n

Howard Carpendale (Foto: Michael Lange bs! 2025)

Und dann beginnen wohl die längsten 30 Minuten Pause, die mensch sich vorstellen kann. Das Stimmungsbarometer, das so bei 75 Prozent lag, sackt ab. Wie als wenn einer den Stecker gezogen hat, Oh, Oh. Es sinkt und sinkt, nur noch 30 Prozent, 25, 20,15. Noch fünf Minuten. Die Freilichtbühne in Northeim ist nicht ausverkauft. Die Tribüne ist gut besetzt aber der Innenraum hat noch Lücken. Und ist das ein Problem? Nein, man kann schnell sich mit Essen und Getränken versorgen und diese ebenso schnell wieder wegbringen. Ohne Schlange. Beim Kaiser würde man wahrscheinlich dehydrieren und Teile des Konzerts verpassen. Hier nicht. Und schwupps sind 30 Minuten rum. Und dann kommt Set 2 und das Phänomen Howard Carpendale. „Hello Again“. Das Stimmungsbarometer geht ab wie Pershing auf 100 Prozent und bleibt da, am Anschlag. Und mittendrin ein Typ mit Roland Kaiser-Fanshirt. Hat der sich verlaufen? Oder will er mal was anderes Schönes hören? Jetzt kommen die ganzen Hits aus 50 Jahren Bühnenpäsenz: „Das ist unsere Zeit“, „Wem (erzählst du nach mir deine Träume) und „Das schöne Mädchen von Seite 1“ mit Rap-Einlage. Jetzt wird getanzt. Genug Platz ist ja da. Und wer nicht möchte, kriegt einen Spruch „…dann geh doch“. Das Ganze „Mit viel Herz“ für „Laura Jane“ und den „Astronaut“. Das bei Konzerten übliche Zeremoniell mit der Zugabe (Band geht hinter die Bühne, Publikum klatscht und fordert Zugabe, klatscht noch mehr und noch mehr, Band kommt zurück und spielt weiter), all das erspart sich Howie und seine Band. Findet er albern und Recht hat er. Lieber gleich nochmal das Publikum verzaubern mit „Nachts, wenn alles schläft“ und dem schon vor einer Stunde gewünschten „Ti Amo“. Besser geht das nicht. Und wer war nochmal Herr Kaiser? Macht der nicht in Versicherungen? Kleiner Scherz. Ehre wem Ehre gebührt. Der Kaiser ist der Kaiser, aber heute spielte hier der König. König Carpendale.

Howard Carpendale (Foto: Michael Lange bs! 2025)

Galerien (by Michael Lange bs! 2025):

Setlist:

  1. Intro (Instrumental)
  2. Hi
  3. Samstag Nacht
  4. Das alles bin ich
  5. Du bist das Letzte…
  6. Wenn ich könnte wie ich wollte
  7. Es geht um mehr
  8. Vielleicht niemals
  9. Du bist doch noch hier
  10. Ruf mich an (Ronan Keating cover) (German Version)
  11. Tür an Tür mit Alice
  12. Alles überlebt
  13. Na und
  14. Hello Again
  15. Das ist unsere Zeit
  16. Wem (erzählst du nach mir deine Träume)
  17. Das schöne Mädchen von Seite 1
  18. Wie frei willst du sein(Pupo cover)
  19. Astronaut
  20. …dann geh doch
  21. Mit viel, viel Herz
  22. Laura Jane
  23. Nachts, wenn alles schläft
  24. Morgen früh wirst du geh’n
  25. Ti amo

Links:
https://www.facebook.com/HowardCarpendale

Michael Lange
Michael Langehttps://www.be-subjective.de
Michael Lange. MichaL ist der Methusalix in unserem Team. Ein Original, ein Sympath, ein Genießer von A wie Abba bis Z wie Zabba und im realen Leben ein Stepptänzer. »Jawohl, das mit dem KlackerdiKlack.« MichaL hat schon Rock’n’Roll gehört, da waren die Little Boy Blue and the Blue Boys noch grün hinter den Ohren. Man munkelt er konnte schon einparken, da gab es noch nicht mal Rückspiegel, geschweige denn Einparkhilfen. Dennoch ist die MichaL noch lange kein Oldy oder darauf fokussiert. The big L war plötzlich da. Zeitlos. Unerwartet und doch völlig freiwillig tauchte er in unserem Universum auf und bereichert es. KlackerdiKlack.

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