Review: Knallbunt, elektronisch & All-Black – Glass Danse Festival (2023)

Der Festival Sommer ist beendet & zum letzten Festival des Jahres wollte das „Glass Danse Festival“ die Berliner Musikfans mit einem Knall verabschieden. Große Namen wie Austra und GusGus wurden bekannt gegeben. Die Ticketpreise lagen im Vorverkauf bei knapp 55€ pro Tag. Im Artikel könnt ihr erfahren, ob das Festival den Erwartungen gerecht werden konnte & welche Auftritte am ersten Tag den meisten Eindruck gemacht haben. 

Festival Tag 1:

Line-Up:
18.00 Uhr: Einlass
19.00 – 19.30 Uhr: Suzi Sabotage
19.45 – 20.15 Uhr: Weird Wolves
20.30 – 21.15 Uhr: Zanias
21.30 – 22.15 Uhr: Sidewalks & Skeletons + CASHFORGOLD
22.30 – 23.40 Uhr: Austra

Suzi Sabotage (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Nostalgie, Nostalgie & noch mehr Nostalgie
Die Finnische Musikerin Suzi Sabotage bot eine exzentrische Mischung aus New Wave & Synth-Pop Momenten, die sich toll in die knallige Bühnenbeleuchtung eingebunden hat. Ihre Stimme bestach durch die vielseitigen Facetten, wenn sie von leisen zu schrillen Tönen wechselte. Die Produktion ihrer Musik erinnerte mich stark an die Musik, die wir alle gewohnt mit der 80‘er Jahre New Wave Bewegung assoziieren. Die kalten Synths passten gut zum Publikum, das größtenteils in All-Black zum ersten Festival Tag erschien. Der Goth-Rock Twist & auch ihr unerwarteter Look, verlieh ihrem Set eine schöne Mischung aus Eleganz & Modernität. 

Weird Wolves (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Ein Zusammenspiel aus zwei Extremen
Es ist nicht neu, dass Männerstimmen & Frauenstimmen himmlisch zusammen klingen können. Weird Wolves (bestehend aus Ava Gore & Raphael Colantonio) haben genau diese Idee aufgegriffen & mit einer interessanten Mischung aus Electronic Einflüssen & Synths zu ihrem Sound gemacht. Die Band aus Austin, Texas hatte an diesem Abend ihren ersten Auftritt in Europa & so war es sehr ersichtlich, dass eine gewisse Aufregung auf der Bühne zu spüren war. Vielleicht kommt auch der Name Gore bekannt vor, denn Ava ist die Tochter von Martin L. Gore (Depeche Mode). Ihr Partner Raphael ist Gründer und Creative-director der Arkane Studios. Genau so weird wie der Sound war auch die Präsenz der drei Bandmitglieder*innen auf der Bühne. Verrauscht, düster & irgendwie abgerockt – das Set fühlte sich an wie die letzten Stunden der Nacht im Club. 

Zanias (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Musik mit Bedeutung
Das Set von der Musikerin Zanias aus Australien vermischt Industrial-Rhythmen und außerirdische Stimmen. Ihr Sound besteht aus ihrem intensiven Gesang, dichte Melodien und dunkle Rhythmen: eine eigene Art von ätherischem Dark-Wave-Pop. Auf der Bühne stand sie gemeinsam mit ihrer Gitarristin. Für den letzten Song erschien noch ein weiterer Gitarrist, durch den ein cleveres & wirkungsvolles Layering der Instrumente entstanden ist. Am Ende von ihrem Set war es ihr von großer Bedeutung, einige Worte über die aktuelle politische Lage in der Welt zu sagen. Wir, als neue Generation, haben die Chance, Dinge besser zu machen & diese sollten wir alle schätzen & ergreifen, sagte sie zum Abschluss ihrer Performance. 

Sidewalks and Skeletons (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Sidewalks & Skeletons + Cashforgold
Crystal Castles gefällt das! 
Eröffnet wurde das kollaborative Set von Cashforgold. Bei ihrem Auftritt trafen leichte & hohe Vocals auf dunkle Electro-Wave Instrumentals. Nach der Veröffentlichung ihrer ersten Single im Jahr 2019, arbeitete sie nicht nur mit Bands & Musiker*innen wie SW&S, sondern auch Brothel & Transviolet profitierten von der Zusammenarbeit mit ihr. Nach einem dynamischen Auftritt verabschiedete sich die Sängerin aus Detroit im laufenden Set & überließ Sidewalks & Skeletons die Bühne. 

Das erste Mal hörte ich persönlich von Sidewalks & Skeletons in der Zeit, wo Witch House ein kleines Revival in der Szene vom Dark Pop feierte & umso überraschender war es für mich, Jake Lee hier auf dem Line-Up zu sehen. SW&S veröffentlicht nun schon seit einigen Jahren laute, dunkle & experimentelle Electro-Tracks, die perfekt gemacht sind, für den Heimweg spät nachts. Lee begann das Projekt, nachdem er inspiriert war von verschiedenen Bands wie Slowdive, Crystal Castles oder Beach House. Umso weniger war es überraschend, dass er das Set von Cashforgold gebührend beendet hat. 

Da lief wohl etwas schief? 
Beendet wurde Festival-Tag eins mit dem ersten öffentlichen Auftritt von Austra seit ihrer „Future Politics Tour“ im Jahr 2017. Ich selbst habe sie damals Live in Leipzig gesehen. In der Zwischenzeit veröffentlichte sie das Album „HiRUDiN“ (welches mein Lieblingsalbum des Jahres 2020 ist) & teilte ein Online Konzert während der Pandemie. Zurück auf der Bühne, stand sie beim Festival bereits vor einer großen Herausforderung. Während sie den Song „Home“ am Keyboard sang, gab es technische Probleme, sodass zeitweise nichts mehr ging. Nach einigen Witzen mit dem Publikum & dem scherzhaften Ansingen von „Beat & the Pulse“ in einer Acapella Version, konnte das System & auch ihr Auftritt neu gestartet werden. In der verbleibenden Zeit bot sie dem Publikum eine optimale Mischung aus neuen, wie auch älteren Songs. Mein persönlicher Höhepunkt war neben „Anywayz“ auch der bisher unveröffentlichte Track „Fallen Cloud“, welcher noch nie zuvor öffentlich gesungen wurde. Könnte das wohl eine baldige Rückkehr zur Musik ankündigen? 

Austra (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Fazit aus Tag 1

Es dauerte einen kleinen Moment, bis ich die Schnittmenge aus allen Bands sehen konnte, aber jetzt, wo ich meinen Bericht schreibe, wird mir klar, dass das „Glass Danse Festival“ ein Festival für Hörer*innen von Wave, Gothic & Electronic war, die gerne auch noch unbekanntere Künstler*innen kennenlernen wollen.  Meine Highlights vom ersten Festival Tag waren selbstverständlich Austra, aber auch Cashforgold hat einen beachtlichen Auftritt präsentiert. Die Musikerin Suzi Sabotage hinterließ auch einen bleibenden Eindruck & hat es in meine Mediathek geschafft. 

Festival Tag 2

Line-Up:
18.15 – 19.00 Uhr: Tobias Bernstrup
19.15 – 19.45 Uhr: CATNAPP
20.00 – 20.40 Uhr: Ashbury Heights
20.55 – 21.35 Uhr: SONO
21.50 – 23.00 Uhr: GusGus

Tobias Bernstrup (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Der beste Look vom Festival!
Der schwedische Musiker Tobias Bernstrup gehört einer Gruppe visueller Künstler*innen an, die Musik produziert & performt. Die Gender-Crossing Performance beim Festival fand ich sowohl soundtechnisch, als auch optisch faszinierend & besonders für den ersten Act des Abends sehr interessant. Das androgyne Kostüm erinnerte mich an einen Videospiel-Charakter, der mit der eigenen Identität spielt & Raum zur eigenen Interpretation geben möchte. Soundtechnisch erinnerte mich Bernstrup an IAMX mit kälteren Vocals & einer mehr Synth-basierten Produktion. Die Menge war sichtlich angetan von seiner Darbietung & hat die Interaktion mit dem Musiker auf der Bühne sehr genossen. 

Catnapp (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Bass, Bass & noch viel mehr Bass! 
Catnapp eröffnete ihr energetisches Set mit einer Intro im Stil eines Monologes. Verschiedene Stimmen ziehten durch den Raum, bis sie diese mit ihrer eigenen zerschellen ließ. Catnapp‘s Musik ist schwer in Worte zu fassen, weil sie ziemlich einzigartig klingt. Die argentinische Musikerin, Amparo Battaglia, verbindet gekonnt Elemente aus R&B, Rap, Breakbeat, Pop und Drum&Bass. Für die Musik zog sie schon vor einer Weile nach Berlin. Stimmlich vergleichbar mit ROSALÍA – die Produktion enthält Einflüsse von Billie Eilish & Doja Cat. Das Hauptelement: Bass… & das nicht gerade wenig. Während der Performance war ersichtlich, wie sehr sie ihre Musik liebt & wie wichtig ihr ihre Performance war. Das Publikum lauschte bedächtig & war so beeindruckt, dass sie mich anschließend ansprachen, ob ich den Namen der Musikerin kenne. Fans von Grimes & CRIM3S sollten ihre Augen & Ohren gespitzt halten, denn CATNAPP wäre auch interessant für eure Playlists! 

Ist das schon Material für den Eurovision Song Contest? 
Die schwedische Band Ashbury Heights genießt durch ihre Elektronische Dance-Produktion Vergleiche mit Bands wie Depeche Mode & Camouflage. Anders Hagström und Yasmine Uhlin gründeten die Band bereits im Jahr 2005. Nach einigen Trennungen & einigen Comebacks, besteht die Band nun wieder in der originalen Besetzung. Die Fans der Band lebten & liebten die Nostalgie & es war klar ersichtlich, wie glücklich sie waren, die Band in der originalen Besetzung zu sehen. Passend zu der eindringlichen Produktion der Songs, war das Set visuell sehr kontrastreich & einfach bunt. Als Fan vom Eurovision Song Contest, erinnerte mich die Performance an einige Auftritte der letzten Jahre – sowohl klangtechnisch als auch vom Gehalt der Theatralik. 

Ashbury Heights (Foto: Franz Naumann bs! 2023)
Sono (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Sono oder doch lieber Say No?
Als aufgeschlossener Musikfan, lass ich mich gern von Musik überraschen & probiere auch gern neue Genres aus. Die Performance von Sono war energetisch, hell & elektronisch… Sie konnte mich aber leider nicht wirklich abholen. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass Gesang, der auf Techno-Produktion trifft, grundsätzlich noch nie meinen Geschmack getroffen hat. Die Band wurde 2001 in Hamburg von den Musikerin Lennart A. Salomon, Florian Sikorski & Martin Weiland gegründet. Stil-mäßig bewegt sich die Band in den Genres Techno, House & Electronic. Durch die Diversität in der Produktion, erfreut sich die Band über eine beachtliche Fangemeinde, die aus den verschiedensten Musikrichtungen zusammen kommen. 

Die Vorstellung des neuen Albums! 
GusGus ist ist ein in Reykjavík, Island gestartetes Musikprojekt, das wechselnde Zusammensetzungen und Stilveränderungen prägt. Die momentanen Mitglieder der Band Daníel Ágúst Haraldsson & Birgir Þórarinsson wurden von Margrét Rán (bekannt von der Band Vök) auf der Bühne gesangstechnisch begleitet. Zuletzt habe ich die Band im April 2022 bei der Präsentation ihres Albums „Mobile Home“ Live gesehen. Die Band ist bekannt für ihre lockeren, lustigen & harmonischen Auftritte, die immer ein bisschen drüber sind & von der krassesten Lichtshow des Abends begleitet werden. Die Präsentation des neuen Albums war spannend, da der Kontrast zum letzten Album soundtechnisch größer ist, als ich vorher erwartet habe. Die Performance wurde durch ein Solo DJ-Set von Biggi eröffnet, bis dann später die restlichen Mitglieder der Band auf die Bühne kamen. 

GusGus (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Fazit nach Tag 2:


Der zweite Tag vom Festival war für mich soundtechnisch leider schwächer aufgestellt, als der vorige. Während der erste Tag stark in die Gothicrichtung ging, fühlte sich der zweite Tag stellenweise etwas zusammengewürfelt an. Diese fehlende Richtung zeigte sich dann auch an der Mischung der Fans. Es herrschte zeitweise eine ziemlich streitlustige Stimmung, sodass sich Menschen vermehrt schubsten, laut stritten oder unnötig drückten. Als Fotograf konnte ich mich stellenweise kaum bewegen, weil Menschen verschiedene Wege versperrten & mich beispielsweise nicht mehr aus dem Fotograben zurück in’s Publikum laufen lassen wollten. Die Performances von Tobias Bernstrupp & GusGus waren dennoch meine persönlichen Highlights. 

Fazit insgesamt:


Das Glass Danse Festival war ein bunt zusammengewürfeltes Festival, was am Ende des Jahres Eindruck sammeln konnte! Es war toll, Austra nach so vielen Jahren wieder auf einer Bühne zu sehen, & die eine oder andere Band neu zu entdecken. Sollte das Festival nochmal im nächsten Jahr statt finden, empfehle ich definitiv, das Line-Up im Auge zu behalten! Wer Elektronische Synth-Musik mit dem Hang zum Gothic mag, kann hier definitiv einiges an Spaß haben. 

Text: Franz Naumann

Austra (Foto: Franz Naumann bs! 2023)

Galerien (by Franz Naumann bs! 2023):
Glass Danse Festival

Links:
Glass Danse Festival

Franz Naumann
Franz Naumannhttp://www.be-subjective.de
Franz wird auch oft einfach Dino(junge) genannt, denn wenn er einmal anfängt, von Dinos zu erzählen, hört er so schnell nicht mehr auf. Passend zu seiner Liebe für MySpace & Tumblr, könnte man meinen, dass Franz in der Zeit stehen geblieben ist, aber vielleicht ist es auch einfach eine grosse Portion Nostalgie. Er liebt analoge Fotografie & kennt Pop-kulturelle Momente & die Indie-Szene so gut, wie die Welt der Dinos. Schwarz ist die einzige Farbe, die er trägt, weil „alles Andere in Berlin einfach gefährlich ist“. Und wenn er nicht gerade mit seiner Fuji vom Fotograben aus fotografiert, gibt er viel zu viel Geld für Schallplatten aus.

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