Preview: Verdammt, was für ein Talent – Kendrick Lamars live (2018)

Text: Christian Schwarz

In Hand- und Fußschellen betritt er mit seinen Knastgenossen und gesenktem Haupt die Bühne. Doch plötzlich sprengt er die Ketten, rappt zu wildem und jazzigen Funkrock ein Medley los. Das Bühnenbild ändert sich mehrmals, am Ende steht er vor den Umrissen des afrikanischen Kontinents, in dessen Mitte in Fraktur seine Heimat „Compton“ – der berühmt-berüchtigte Stadtteil Los Angeles – prangt. Wer die Grammys 2016 gesehen hat, wird wahrscheinlich nie die denkwürdige Performance – mehr Musical als Live-Auftritt – von Kendrick Lamar vergessen. Und dieses raptechnisch und lyrische Ausnahmetalent steht 2018 anlässlich seiner „THE.DAMN.TOUR“ für drei Gigs auf deutschen Bühnen.

Kendrick Lamar (Foto: Live Nation)

Als der heute 30-Jährige 2015 sein Magnus Opus „To Pimp a Butterfly“ auf Dr. Dres Label „Aftermath“ herausbrachte, hatte er wohl nicht damit gerechnet, dass das Album so durch die Decke geht. Die Feuilletons in Übersee und Europa überschlugen sich vor Lob und auch der kommerzielle Erfolg ließ nicht auf sich warten. Und dabei ist das Werk alles andere als zugänglich. Die jazzigen Sounds und die politischen Texte dürfte „To Pimp a Butterfly“ für einige Hörer schwer zugänglich gemacht haben. Wie auch immer: Spätestens seitdem gilt Kendrick Lamar als Sprachrohr des selbstbewussten schwarzen Amerikas – in einer Zeit, in der nahezu wöchentlich Afro-Amerikaner Opfer von Polizeigewalt wurden. Ein Thema, das Kendrick Lamar auf dem Album sehr deutlich anspricht.

Das 2017 erschienene Follow-Up „DAMN“ gibt sich musikalisch zugänglicher. Kendrick featured Superstars wie Rihanna oder U2 (letztere fallen nicht besonders auf). Soundmäßig ist er, wie die Gästeliste vermuten lässt, breiter aufgestellt. Die Texte sind persönlicher geworden und unterstreichen Kendrick Lamars unfassbar gute Storytelling-Qualitäten. Nicht nur in dieser Hinsicht dürfte er deswegen in den USA auf dem Hip-Hop-Thron sitzen. Er hat es sich redlich verdient. Schon seine ersten beiden Alben „Section.80“ (2011) und „Good Kid, M.A.A.D. City“ (2012) bewiesen, welches Talent in ihm schlummert. Die tatsächliche und buchstäbliche Entpuppung vollzog sich dann 2015 mit „To Pimp a Butterfly“.

Support für den Rapper aus L.A. ist James Blake. Und der ist ja auch eine Hausnummer, sodass sich der Begriff „Support“ fast verbietet. Vielleicht drückt es „Doppelkonzert“ besser aus. Der Brite verbindet wie kein Zweiter die Genres Singer/Songwriter und Eletronica. Bisher gehen drei Alben, zuletzt „The Colour in Anything“ (2016), und zahlreiche EPs auf sein Konto. Man kennt und schätzt ihn nicht nur in seiner britischen Heimat und Europa, sondern auch in den USA. Dort wirkte er an Beyoncés Album „Lemonade“ mit. Auch ihr Ehemann Jay-Z nahm die Dienste des Musikers für sein aktuelles Album „4:44“ in Anspruch. Und – so schließt sich der Kreis – auch auf Kendrick Lamars „DAMN“ verewigte sich der 29-Jährige.

Die Dates:
Support: James Blake

  • 15.02.2018, Frankfurt, Festhalle Frankfurt
  • 22.02.2018, Köln, LANXESS Arena
  • 05.03.2018, Berlin, Mercedes-Benz Arena

Links:
www.kendricklamar.com
jamesblakemusic.com

Veranstalter:
Live Nation

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