Review: The Lord of the Lost – In your Ass, Mordor (08.04.2017, Hannover)

The Lord of the Lost. Der Herr der Verlorenen, des Verlusts, des Verlorengehens. Ihr Lordschaft wird’s wissen, jeder Fan ohnehin, Bedeutung schafft sich in der Anrufung, der Wiederholung, in der Anerkennung. So schenkt der Herr der Vergesslichkeit dem gemeinen Volke die Raining Stars Tour, auf dass sie sich schminken, lieben und mehren mögen, so sei es nicht so schlimm, wenn einer fehlt, der mal wieder den falschen Pfad gewählt. Das ist natürlich Blödsinn.

Weltraum – Stars – Lord of the Lost – Lord of the Rings.
Merkst`e selber ’ne.

The Lord of the Lost machen mit der Raining Stars Tour bitterernst. Von der ersten bis zur letzten Minute, bis dass der Himmel Sterne kotzt und die Feuermelder greinen.

Aber zurück zum Thema. Wir wollen die ehrenwerte LeserInnenschaft ja da abholen, wo sie sich in der Hypotaxe verloren hat, also rasch in die rhetorische Trickkiste gegriffen, einen fäkalen Eyecatcher in den Satz montiert, und scheiße ey, wir haben das Geheimnis um Chris Harms ihm seine The Lord of the Lost Tour gelüftet. Im Grunde muss man sich das Ganze so vorstellen, als hätte Walt Disney ein Mash Up von Stanley Kubricks Odyssee im Weltraum und Tolkiens Herr der Ringe Saga produziert und das Ganze als Musical mit viel Krawumm auf die Bühne gebracht, nur dass Mittelerde und seine BewohnerInnen in Ermangelung von Panflöten, Kühen und all dem Gedudel weniger aussehen wie ’n KerryGold Commercial und sich mehr darauf konzentrieren, den Altersspoilern im Gesicht eine akkurates BodyPainting zu verleihen, das der kleinen Krawall-Space-Oddity ein bisschen visuellen Schub gibt.

So begab es sich also, dass The Lord of the Lost die Hobbits ausgetrickst und den Ring Euch zu Knechten gegen einen Tourbus eingetauscht und viel Unbill von Erfurt bis Fangornwald zu ertragen hatten, bis sie endlich Mordor (im Volksmund Hannover) erreichten. Hier nun, in einem steinernen Pavillon, in dem das gemeine Volk sonst Minnen lauscht und das fahrende Volk empfängt, kehren die Verkehrten unter Nebelschwaden und den Sirenen von Disney ein. Atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes.

Scarlet Dorn (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

Pünktlich wie die Maurer, erklimmt Frodo oder irgendein anderer Fellfüßiger Vetter aus der Sippe Hobbit Harms den Schicksalsberg und gibt die „Kevin Kevin Comedy Show“ zum besten, um der Elbe Scarlet Dorn die Bühne zu bereiten, die – so der Mythos, der sich hier rankt – noch nie zuvor eine Bühne bespielt habe. Hier zelebriert man Einigkeit mit den Gefährten, leiht sich den Lord am Getast, Gerrit Heinemann, und gibt sich Mühe und die Ehre zum Duett. Tut nicht weh, aber ob es Not tut, mögen die Fans entschieden. Mordor scheint zumindest nicht erzürnt.

My blood turns into acid rain
Worlds collide
Black oxide

Scarlet Dorn (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)
Aeverium (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

Es folgt Melodic Metal von Aeverium, eine Band, bei der Zwerg Chubby und Elbe Aeva in perfekter Harmonie verschmelzen könnten, hätte das Universum Tolkiens nicht einen anderen Plan. Was so wirkt, als gehöre es zur Show der brüllenden Bande, entpuppt sich nach kurzer Zeit als schnöder Text einer Namenlosen Künstlerin mit dem epischen Text

„Das Sicherheitssystem meldet eine technische Störung. Bitte verlassen Sie das Gebäude.“

Alarm bei Lord Of The Lost (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

Das Publikum ist tiefenentspannt, nimmt’s mit Humor und am Kiosk ’n kleines Bier. Mordor ist Feuererprobt, selbst wenn keines brennt. Feuerwehren, Krankenwagen, Fehlersuche und nach nicht mal dreißig Minuten ist der Spuk vorbei. Best Support-Effekt ever. Oder wie der Herr der Verschrobenen es ausdrückt.

Aeverium (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

Nicht mal der Feueralarm konnte diese geile Party aufhalten. Und all das nur, weil (Boromir) Jaeschke wieder heimlich auf dem Klo gekifft hat, der Hippie!

Lord Of The Lost (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

Star Wars Melodie. 21:50. The Lord of the Lost haben heut nichts mehr zu verlieren und werden ihre Ansagen auf ein Minimum reduzieren, um nicht am Set sparen zu müssen. In Mordor haben sich inzwischen selbst die Menschen zusammengerottet, um dem Spektakel beizuwohnen; Menschen, die kaum singen oder das zweite Level im Klatschen nie erreichen können, doch der Lord ist milde gestimmt und lacht mit seinen GefährtInnen da draußen. The Lord of the Lost wirken für Außenstehende wie ein brutales Kasperletheater, bei dem die Akteure in LED-Flakfeuer getaucht und mit Knallerbsen aufgezogen wurden.

Hauptsache auf die Fresse, Hauptsache der Sound sprengt Sauron die Rosette weg. Lord of the Lost. Wir hatten Spaß.

In your Ass, Mordor

Lord Of The Lost (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

La Bomba! Explosion! Kaboom!

Galerien (by Torsten Volkmer bs!):

Lord Of The Lost (Foto: Torsten Volkmer bs! 2017)

Setlist LotL:

  1. Intro „Empyrean
  2. Drag Me To Hell
  3. Miss Machine
  4. Interstellar Wars
  5. No Gods, No War
  6. Last Words
  7. Kingdome Come
  8. Epiphany
  9. Blood For Blood
  10. Black Lolita
  11. Die Tomorrow
  12. Prison
  13. Six Feed Underground
  14. The Interplay Of Life And Death
  15. The Love of God
  16. We’re All Created Evil
  17. Fists Up In The Air
  18. La Bomba
  19. Dry The Rain
  20. In Silence
    Encore
  21. Raining Stars
  22. Doomsday Disco

Links:
www.lordofthelost.de
www.aeverium.de
www.scarletdorn.de

Isabelle Hannemann
Isabelle Hannemannhttp://www.isabellehannemann.net
Die missratene Hypotaktikerin wird als Redakteurin Schrägstrich Fotografin bei be subjective! geduldet, hat versucht sich als freie Autorin und Herausgeberin verschiedener Artikel und Bände im Bereich der kritischen Sozialwissenschaft für Suchmaschinen selbst zu optimieren und will – wenn sie groß ist – mal sehen. Künstlerisch als Autorin und Fotografin mit diversen Bands und AutorInnen zusammenarbeitend, Texte zu Papier, Gehör und auf die Bühne bringend. Na dann Prost Mahlzeit!

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