Zeromancer: Bye-Bye Borderline (2013) Book Cover Zeromancer: Bye-Bye Borderline (2013)
Trisol Music Group
25.01.2013
www.zeromancer.com

Tracklist:

  1. Auf Wiedersehen Boy
  2. Bye-Bye Borderline
  3. Lcyd 
  4. You Meet People Twice
  5. Manoeuvres
  6. Weakness
  7. Lace and Armour
  8. Montreal
  9. Ash Wednesday
  10. The Tortured Artist

     

WOW, da geht die Post ab! Kaum das man mal wieder Jahre ohne sie auskommen musste, fragt man sich nach nur zwei Songs, wie konnte das nur gut gehen! Willkommen in der persönlichen Psychotherapie mit Soundcharakter! Dieses Album befindet sich auf selber Höhe, wie es schon vorher die letzten beiden Kracher waren. Dabei wird hier zum einen die ganz persönliche Hölle von Kim und Alex besungen, aber trotzdem macht es unheimlich viel Freude der zu lauschen.

Manchmal ist mir gerade wie bei „LCYD“ der Endrefrain eindeutig zu lang und langweilig. Nach dem x-ten mal „Love Cut You Deep“ wissen wir es dann doch und erwarten den nächsten Song nichts sehnlicher.  Doch dann ist man wieder drin in der Therapiestunde und genießt es zu wissen, das die lange Abwesenheit aus dem Studio nicht zu einem veränderten, sondern nur zu einem verbesserten Sound geführt hat. Die Soundmuster sind eindeutig noch besser abgestimmt und Gitarren, Synthies und Drums führen zu einem teilweise so gewaltigen Muster zusammen, das man nicht aufhören mag, dem Leiden zuzuhören. Die kleinen Spielereien bei „Manoevres“ bilden dabei den letzten Schliff. Und während man mit Gänsehaut noch dem hingibt, ist man plötzlich in „Weakness“. Obwohl der Song komplett anders gestrickt ist, sind die kleinen Spielereien wieder dabei. Bässe die an „New Order“ respektive „Joy Division“ erinnern und die tollen Texte die mitunter ähnlich dramatisch depressiv sein mögen, bilden dabei die Basis.

Zeromancer, über die sicherlich schon sehr viel geschrieben wurde und noch wird, sind mit ihrem typischen Sound eine Größe, die trotz, oder auch gerade wegen ihrer schlechten Öffentlichkeitsarbeit, immer zu den Top-Bands der Elektro-Goth, Darkrock, oder einfach nur Schwarzen Szene gehören werden. Selbst wenn sie irgendwann in Ehren abtreten, werden sie noch lange gespielt werden. Dieses Album wird ganz sicher zu den Besten des  Jahres gehören. Denn selbst Balladen wie „Montreal“ gehen unter die Haut und treffen. Zielsicher wie die fünf mit ihren Instrumenten spielen, spielen sie mit den Emotionen des Hörers. Emo-Sound? Nein, eigentlich nicht. Nur emotionales Aufarbeiten einer langen Therapie, die sicherlich jedem Menschen mal gut tun kann, sich selbst und seine Mitte zu finden. Denn die Band macht ja nicht nur emotionaler, sondern zeigt es mit kraftvoller und stimmengewaltiger Musik auch immer wieder Möglichkeiten und Wege auf. Keine Endzeit -Musik zum Sterben sondern auch Lösungen. Vor allem aber nimmt man ihnen das alles ab. Authentisch und ehrlich. Nicht mehr aber auch nicht weniger.

So klingt „The Tortured Artist“ wie ein Blick auf die eigene Vergangenheit. Musikalisch untermalt mit feinem Gespür für Musik und Text als Fortsetzung eines Weges, der mit diesem Album bisher seinen Höhepunkt gefunden hat. Ob der Titel ein Abschied von dem Grenzgang oder gar der Krankheit „Borderline“ sein soll, bleibt freilich erst mal Spekulation. Er trifft aber in diversen Stellen textlich bestimmt zu.

Anspieltipps:

  • Auf Wiedersehen Boy
  • You Meet People Twice
  • Montreal

 

 

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Oliver Garrandt
Oliver Garrandt ist ein ECHTER Fotograf! Echt jetzt!! Mit Betonung auf Graf, aber in der Regel inkognito, mit Verzicht auf Titel und jegliches Zeremoniell. Alles andere wäre albern und unpraktisch. Man erzählt sich, von Garrandts Sommerresidenz in Dings bei Bums sei soetwas wie das rebellische Knusperhäuschen der internationalen Anti-Low-Carb-more-Fat-Bewegung. Ein käseüberbackenes, solarbetriebenes Nudelparadies mit extradünnen Extras. Der blaublütige Pixelprommi is so fucking real und exclusiv, der lebt sogar seinen Hang zu Electro und alternativer Musik, „die gern auch Crossover Industrial und Metal beinhalten darf“, offen aus.