Es ist ein wunderschöner Abend im Herbst als sich unter einem unverschämt pinkem Abendhimmel eine überwiegend weibliche Schlange vor dem Alten Schlachthof in Dresden bildet. Geduldig stehen die einen noch im Sommeroutfit da, die anderen frieren trotz Lederjacke und Winterstiefel. So unterschiedlich ist auch die demografische Verteilung: Von Kind bis älteres Ehepaar ist heute alles dabei.
Und alle sind sie für eine Band gekommen: The Rasmus aus Finnland. Bereits seit 1999 machen Lauri (Gesang), Eero (Bass), Pauli (Gitarre) und Aki (Schlagzeug) nicht nur den hohen Norden mit ihrer Musik unsicher. Ihren Durchbruch hat die Rockband 2001 mit ihrem Album “Into” in Finnland, der Nachfolger “Dead Letters” lässt die Band in Europa durch die Charts auf Platz 1 fliegen. 15 Jahre ist also schon ihr Hit “In The Shadows” alt, doch die Fangemeinschaft ist der sympathischen Band treu geblieben. Mit ihrem aktuellen Album “Dark Matters” und der neuen Single “Holy Grail” sind sie nun auf Deutschlandtour.
Pünktlich um 19 Uhr werden die Türen vom freundlichen Schlachthof-Personal geöffnet und die aufgeregte Meute schlendert hinein. Die einen direkt in die ersten Reihen, die binnen Minuten gefüllt sind. Die anderen nehmen vom breiten Merchandise-Angebot Gebrauch und kaufen sich doch noch eine warme Kapuzenjacke.
20 Uhr werden die Italiener von Overlaps herzlich vom Dresdner Publikum begrüßt. Die noch recht frische Nu-Rock Band aus dem schönen Pordenone wirbelt ohne viele Umwege direkt los. Die gut gelaunte Band überzeugt mit ihrer Power und “Bock auf Musik”. Das Publikum ist dankbar und macht bereitwillig mit. Sogar ein Meer aus Smartphone-Taschenlampen bescheren sie dem sympathischen Quartett. Nach 25 Minuten Spielzeit ist Schluss und die Bühne wird für The Shiver umgebaut.
Nach einer kurzen Pause geht es bereits weiter. Die ebenfalls italienische Band The Shiver machen mächtig Rabatz auf der Bühne. Sängerin Federica kommt mit “I am a cat” Jacke auf die Bühne, die sie sich binnen Sekunden vom Leib reißt. Sie kann zart singen, kräftig oder auch guttural. So bewegen sich The Shiver zwischen Extremen in einem dunklem Nu-Rock Fundament hin und her. Die Vier bearbeiten ihre Instrumente mit voller Inbrunst und Theatralik bis zum Get-no.
Nun stürmt alles in Richtung Bühne, die letzten Getränke werden geholt und so ist der kleine Saal des Alten Schlachthofs fast voll als endlich The Rasmus gegen 21.45 Uhr die Bühne stürmen. Oder besser: sie f-f-f-fallen mit ihrem Klassiker “F-F-F-Falling” vom Album “Into” auf die Bühne und das Publikum kennt sofort kein Halten mehr. Die Band ist sehr gut gelaunt und sprudelt nur so vor Energie. Das Publikum ist auch nach Jahren der Live-Abstinenz äußerst textsicher. Sogar so sicher, dass sie die Texte besser kennen als Sänger Lauri Ylönen.
Aber das spielt an diesem Abend keine Rolle. The Rasmus freuen sich endlich wieder unterwegs zu sein und alte Freunde zu treffen. So fühlt es sich tatsächlich an. Obwohl man sich lange nicht mehr gesehen hat, beschert das Wiedersehen keine Mühe. Es ist als wäre es erst gestern gewesen als The Rasmus das letzte Jahr in Dresden gespielt haben.
Tatsächlich liegt der letzte Auftritt schon einige Jahre zurück, doch das spielt nur insofern eine Rolle, dass die Fans extrem durstig sind. Sehnsüchtig haben sie gewartet und sie werden belohnt. Euphorisch und lautstark begleiten sie ihre Band vorbildlich durch den Abend.
The Rasmus fegen selbst über die Bühne. Sänger Lauri lässt sich kaum an den Mikrofonständer binden und steht nur selten still. So fegt er von Seite zu Seite, animiert sein Publikum, lädt zum Mitsingen ein. Die Band ist meist in tiefblaues, grünes und rotes Licht getaucht, das von hinten kräftig die Bühne beleuchtet. Schlagzeuger Aki trommelt mächtig und sicher auf einem Podest, das links und rechts von mehreren LED-Säulen umgeben ist, die passend zum Takt Lichtspiele von sich geben.
Ganz gleich welches Lied, welchen Hit The Rasmus anspielen, er wird frenetisch gefeiert. Alle Arme gehen in die Luft, Herzen werden mit den Fingern gebildet, es wird getanzt und mitgesungen. The Rasmus sind sich ihrer eher weiblichen Fans bewusst und schicken die Handvoll Männer auch mal zum Bier holen raus.
Das der totale Ausraster bei “In The Shadows” kommt, ist irgendwie klar. Aber auch nicht schlimm, sondern sehr schön. Dass die besten Parties nicht immer am Wochenende stattfinden müssen, sondern auch in der Woche, haben die Fans und The Rasmus in jedem Fall bewiesen. Bassist Pauli gibt vor dem Zugabeblock außerdem einen deutschen Klassiker zu Besten: Stille Nacht, heilige Nacht. Der deutsche Text ist für einen Finnen verdammt schwer, doch unbeeindruckt spielt und singt er bis zum Ende. Mit heilig gibt es in jedem Fall einen guten Übergang zur neuen Single Holy Grail, die einen guten Vorgeschmack auf das neue Album von The Rasmus gibt. Mit „Sail Away„segeln The Rasmus leider weg und kurz nach 23 Uhr ist dann Schluss. Ein wunderschöner Abend mit alten Freunden ist zu Ende. Hoffentlich sehen wir uns alle bald wieder.
Setlist The Rasmus
- F-F-F-Falling
- Guilty
- No Fear
- Empire
- Keep your Heart Broken
- Time To Burn
- Immortal
- Justify
- Nothing
- Funeral Song
- Paradise
- In My Life
- First Day Of My Life
- Livin In A World Without You
- In The Shadows
- (Stille Nacht, Heilige Nacht)
- Holy Grail
- Wonderman
- Sail Away
Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2018):
- The Rasmus (26.09.2018, Dresden) [25]
- Overlaps (26.09.2018, Dresden) [22]
- The Shiver (26.09.2018, Dresden) [12]
Links:
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Alter Schlachthof Dresden
Veranstalter:
Aust Konzerte