Review: The Dark Tenor – Laut und Akustisch (09.11.2017, Erfurt)

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Künstler innerhalb eines Jahres zweimal in der gleichen Stadt auftritt? Die Erfurter Fans vom Dark Tenor können auf diese Frage mit „sehr hoch“ antworten. Bereits im Februar trat der Sänger im Rahmen seiner „Nightfall Symphony“ – Tour in der Alten Oper auf (wir berichteten – Link). Heute kehrt er unter dem Motto „Laut & Akustisch – Die Weihnachtsshows“ zurück.

Die Alte Oper ist an diesem Donnerstag nicht ganz so voll wie Anfang des Jahres – zumindest auf dem Rang können noch viele freie Plätze ausgemacht werden. Der Stimmung wird dies jedoch keinen Abbruch tun.

Gegen 19:30 Uhr startet auf der Bühnen-Leinwand eine ca. 15-minütige Webisode. Ein verletzter Mann (dargestellt vom Tenor) – ein brennendes Haus – zwei Frauen – Eifersucht  –  nichts ist wie es scheint – Verlust –  eine Maske. Die Leinwand wird schwarz – gleichzeitig erscheinen zwei Musiker auf der Bühne. Die meisten Zuschauer starren gebannt nach vorn. So bekommt kaum einer mit, dass der Tenor bereits im dunklen Saal steht – bis schließlich seine Stimme ertönt und er sich am Publikum vorbei langsam in Richtung Bühne bewegt.

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Gemäß dem Motto der Tour ist das Konzert in zwei Abschnitte geteilt – zuerst der akustische Teil, nach der Pause folgt dann der laute. Organisatorisch ist dies sicherlich die optimale Reihenfolge – aus rein fotografischer Sicht wäre der zweite Teil, mit der kompletten Band, natürlich spannender gewesen. Dem Publikum ist das egal, es freut sich auf das, was heute Abend musikalisch kommen möge. Die Cover-Songs „Halleluja“ und „Wicked Game“ werden mit großer Begeisterung aufgenommen. Nun gibt es bekanntermaßen auch eine musikalische Kollaboration zwischen The Dark Tenor und dem Grafen von Unheilig. Darunter das Duett „Sterne hoch“, welches in Erfurt – natürlich – ohne den Grafen dargeboten wird. Ein typischer unheiliger Weihnachts-Winter-Song. Wer`s mag…

Vor dem „Heidenröslein“ entsteht auf der Bühne eine Diskussion zwischen dem Tenor und seinem Keyboarder Eric, ob und in welchem Lehrplan das populäre Volkslied heutzutage eigentlich noch vorgesehen ist. Dass sich die beiden Musiker ganz besonders lieb haben, wissen wir schon seit der letzten Tour. Nach einigem Schlagabtausch wendet sich der Sänger ans Publikum: „Ich red einfach, wenn ich aufhören soll, sagt ihr Bescheid“. Das Publikum schweigt. Sollte es mit der Musik irgendwann nicht mehr klappen, könnten die beiden Herren mit einer gemeinsamen Comedy-Show auf Tour gehen – z. B. zum Thema „Haben Pianisten wirklich mehr Erfolg bei Frauen?“.

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Doch schließlich möchten sie sich zurück auf die Musik besinnen. Theoretisch. Der Dark Tenor wendet sich wieder ans Publikum:

Ich will sehen wie textsicher ihr seid!

Vom Stuhl hinter dem Keyboard ertönt ein leises „…und wie textsicher du bist“. Passend zum angekündigten „Heidenröslein“ werden aus dem Publikum Rosen hoch gereicht. Eine davon wird Eric hinters Ohr gesteckt. Er quittiert dies mit der Titelmelodie zu „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“. Nachdem das Gelächter im Saal verebbt ist, müssen doch noch alle im Saal ihre Textsicherheit unter Beweis stellen. Die Erfurter sind so gut, dass der Tenor bereits die Bühne verlassen will. Nix da. Sonst kämen wir ja vor der Pause nicht noch in den Genuss von „Parla Piu Piano“, bekannt aus dem Film „Der Pate“. Natürlich DER perfekte Song für einen klassisch ausgebildeten Sänger. Es folgt „Ave Maria“ – bei dessen Ankündigung bereits ein Raunen durch den Saal geht – sowie ein bisschen Werbung für das rein akustische Weihnachtskonzert, am 22.12.2017, in Berlin.

Die Maske fällt

Nach der Pause beginnt der zweite Teil des musikalischen Abends mit der Fortsetzung des Kurzfilms. Der Mann mit der Maske befindet sich nun zwischen lauter Tornados in den endlosen Weiten Islands. Es handelt vom Suchen und Finden – nach sich selbst. Die Maske fällt.

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Nun erscheint die Band vollständig auf der Bühne und die Erfurter erheben sich von ihren Plätzen. Schluss mit besinnlich und akustisch. Hallo laut. Doch auch in diesem Teil ist Unheilig präsent. Als Vorgeschmack auf seine Tour im nächsten Jahr mit der Band des Grafen präsentiert The Dark Tenor gleich zwei Unheilig-Stücke. Allerdings in seiner Muttersprache Englisch.

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Weiter geht’s mit dem eingängigen „Toxic Rain“ sowie „River flows on the edge“ und „Wild Horses“. Das Publikum steht immer noch, aber so fällt das Arme hin und her schwenken und mitklatschen eh leichter. Wenn`s läuft, dann läuft`s. Und nun wird’s noch lauter. Der Dark Tenor schnappt sich seine E-Gitarre und kündigt den nächsten Filmsong an. Auf der Leinwand werden Szenen aus der Unendlichen Geschichte gezeigt, gedanklich fliegt der eine oder andere Anwesende auf Drache Fuchur mit. Wie wir erfahren, haben die meisten Erfurter dem Tenor etwas voraus. Sie kennen nämlich den zweiten Teil der Unendlichen Geschichte. Hier gibt’s also Nachholbedarf für den Künstler. Und wer weiß, vielleicht findet sich da auch musikalische Inspiration…?

Die nächsten Songs gibt’s Schlag auf Schlag. Die Fans freut`s, ebenso die Ankündigung, dass das dritte Album ihres Lieblingskünstlers bereits fast fertig ist. Ein Veröffentlichungstermin steht aber noch nicht fest.

Nach über zweieinhalb Stunden visueller und akustischer Leckerbissen nähert sich der Abend langsam seinem Ende. Das obligatorische gemeinsame Foto darf nicht fehlen, bevor zum Abschluss alle zusammen „Ode an die Freude“ singen. Die Textsicherheit des Publikum zeigt sich genauso vorbildlich wie zuvor beim „Heidenröslein“. Es ist also kein Wunder, dass The Dark Tenor für die Zukunft eine erneute Rückkehr nach Erfurt ankündigt.

The Dark Tenor (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Setlist:

  1. Afterglow
  2. Halleluja
  3. Wicked Game
  4. Sterne hoch
  5. River of Life
  6. A Stranger like you
  7. Heidenröslein
  8. Parla Piu Piano
  9. Ave Maria
    Pause
  10. Volcanoes
  11. The Power of Love
  12. Great Horizon (Unheilig „Große Freiheit“)
  13. Guided under flag (Unheilig „Unter deiner Flagge“)
  14. Toxic Rain
  15. River flows on the edge
  16. Wild Horses
  17. The Hunger
  18. Bastian’s Happy Flight (aus “Die Unendliche Geschichte“)
  19. Haunted Hearts
  20. Dies Irae
  21. Renegades
  22. Shatter me
  23. Mountain High
  24. After the Nightmare
    Encore
  25. Ode an die Freude

Links:
www.thedarktenor.com/
www.facebook.com/thedarktenor/

Janina Lindner
Janina Lindnerhttp://www.kleine-fotowelt.de/
Janina haben wir in der Mitte Deutschlands ausgesetzt, dort wohnt sie nun, wenn sie nicht gerade auf Festivals rumstreunt, bei einem Kater, der ihr gelegentlich Obdach gewährt. Sie hat als erste unser Bootcamp für Musiksüchtige mit “unbelehrbar” abgeschlossen und gilt als gemeingefährliches 80s Radar. Wir konnten die Frau nicht mal vom Singen im Auto abbringen, damit steht sie sich und ihrer Karriere als Taxifahrerin mit mindestens drei Halbtonschritten im Weg. Immerhin spricht sie fließend Ironisch und amüsiert sich auf Konzerten köstlich über die neidvollen Blicke Umstehender, wenn sie ihr "großes Rohr" auspackt. Janina liiiiebt ihr 70-200 mm und kann auch damit umgehen... Es kommt eben doch auf die Größe an.

Weitere Artikel

Ähnliche Beiträge

Preview: Drinnen ist regensicher – sogar bei Element of Crime (2023)

Live 2023 Eins ist sicher: Element Of Crime werden...

Preview: „Symphonic Metal Nights“ – Visions of Atlantis & Xandria entern gemeinsam die Clubs (2022)

Hilfe, die Piraten kommen! Versteckt den Rum! Endlich - pandemiebedingt...

Preview: Die Wiederkehr des blaugrünen Smaragdkäfers – Helge Schneider (2020)

2020 wird Helge Schneider wieder richtig aufdrehen, MOPPELCHEN MUSS...

Review: Emotional, Emotionaler, Silbermond (04.02.2020, Erfurt)

Was tut man als Arbeitnehmer normalerweise an einem Dienstagabend?...