Review: Ein finnischer Konzertabend mit Tarja & Stratovarius (26.10.2018, Dresden)

Tarja Turunen hat im Sommer dieses Jahres mit „Act II“ ein neues Livealbum veröffentlicht. Ihre Musikerkollegen von Stratovarius haben aktuell eine Best-Of-Compilation am Start – „Enigma: Intermission II“. Ihre bisherigen Studio-LPs sind ebenso neu verpackt und remastered. Also mindestens einige Gründe warum Tarja gemeinsam mit Stratovarius auf sogenannter Double-Headliner-Tour sind und weil Beide aus Finnland kommen, was im Übrigen ein weiterer Grund ist, macht der Titel „A Nordic Symphony ‘18“ durchaus Sinn.

SERPENTYNE

Serpentyne (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Serpentyne (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Doch bevor die nordskandinavische Symphonie beginnt haben Serpentyne noch vor offiziellem Beginn von 19.45 Uhr den Konzertabend schon eröffnet. Die Band aus London spielt Symphonic Rock mit hörbaren Folk-Einflüssen. In der schon gut gefüllten Reithalle stellen Serpentyne mit einigen Songs ihre Debüt-LP „The Serpent‘s Kiss“ vor. Von denen kann mich an ehesten der Letzte „Morrighan‘s Jig“ überzeugen. Aber nicht weil er an letzter Stelle kommt und dies bedeutet, daß das Set der Vorband vorbei ist, sondern durchaus musikalisch. Zuvor bedankt sich Sängerin Maggiebeth Sand noch ganz besonders bei einigen Menschen im vorderen Bereich des Publikums, da sie die Band in den letzten Wochen anscheinend sehr unterstützt haben. Die Tour „A Nordic Symphony ‘18“ ist bereits schon eine Weile im Gange und Dresden ist auch der letzte Termin in Deutschland.

STRATOVARIUS

Stratovarius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Stratovarius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Stratovarius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Stratovarius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Nach einer kurzen Umbaupause wird es nun also Zeit für die erste Hauptband. Stratovarius aus Finnland gibt es schon seit über dreißig Jahren, aber bis auf den Namen ist diese Band bis jetzt an mir vorbeigegangen. Was daran liegt, daß ich ganz allgemein weder viel mit Symphonic – mit wenigen Ausnahmen – bzw. Power Metal anfangen kann. Aber ich lass mich gerne vom Gegenteil überzeugen und habe mir vor ihrem heutigen Auftritt extra auch nichts von Stratovarius angehört und bin somit ganz unvoreingenommen. Die Finnen um Sänger Timo Kotipelto werden jedenfalls vom Publikum in Dresden begeistert empfangen und eröffnen ihr Set mit Eagleheart“ von ihrem mit erfolgreichsten Album „Elements Pt.1“. Aber schon danach wusste ich, Stratovarius und mein Gehör sind bzw. werden nicht kompatibel. Viele Menschen in der Reithalle sehen das anderes und besonders im vorderen Bereich wird laut mitgejubelt. Wie gesagt, dass ist meine ganz persönliche Meinung. Wenn die Stimme des Sängers nicht passt ist das die eine Sache, aber auch die Performance kann mich nicht wirklich überzeugen. Die Finnen sind Power Metaller der ersten Stunde, von Power ist auf der Bühne leider nicht viel zu sehen und das Ganze wirkt auf mich, als hätten die Herren ihre besten Jahre schon hinter sich. Deshalb suche ich mir ein stilles Plätzchen im hinteren Teil der Reithalle und bin ganz froh als die Finnen ihre letzten beiden Songs ankündigen. Während die Meisten im Publikum Stratovarius bei „Unbreakable“ und „Hunting High And Low“ nochmal ordentlich feiern.

TARJA TURUNEN & BAND

Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

So, nach einer weiteren Umbaupause später ist dann gegen viertel Elf endlich alles bereit für Tarja Turunen und ihre Band. Ich habe mir wieder einen guten Sichtplatz gesucht, dann geht das Licht aus, die Musiker kommen auf die Bühne (darunter sind sogar ein paar bekannte Gesichter, doch dazu später) und zuletzt natürlich Tarja höchstpersönlich. Sie wird mit frenetischen Applaus begrüßt, beginnt ihr Set mit „Demons In You“ und lässt davon gleich Einige raus. Anschließend begrüßt sie ganz herzlich die Menschen in Dresden und es folgt „500 Letters“. Tarja besitzt ja eh eine absolut großartige, unverwechselbare Stimme, daß selbst der Soundtechniker am Anfang hörbare Probleme hat ihre Stimme einzufangen bzw. auszubalancieren – welch Wunder bei diesem Stimmvolumen. Aber auch musikalische spielt ihre Band in einer ganz anderen Liga, als das zuvor Gesehene. Das Publikum ist begeistert und Tarja zusammen mit ihrer Band ebenso.

Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Nach „Calling From The Wild“ verschwindet die Finnin erst einmal wieder hinter Bühne, wodurch ihre Musiker jetzt die Gelegenheit haben, durch entsprechende Solo-Parts sich dem Auditorium näher vorzustellen. Als da wären Timm Schreiner von den Farmer Boys am Schlagzeug, Bassist Kevin Chown, an der Gitarre Alex Scholpp. Ebenso bekannt von der Band Farmer Boys, die in diesem Jahr nach Ewigkeiten auch ein neues Album veröffentlicht haben. Am Cello ist ein weiteres bekanntes Gesicht zu sehen, Max Lilja Mitbegründer einer anderen sehr bekannten Band aus Finnland – Apocalyptica. Zum Schluß, aber nicht vergessen, an den Tasteninstrumenten steht Christian Kretschmar.

DIE FINNISCHE DIVA

Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Nach der Jam-Session ihrer Band und einer Umkleidepause kommt Tarja Turunen, zum Song „Diva“ mit einer schwarzen Krone, wieder auf die Bühne zurück. Sehr passend, schließlich stammt der Begriff aus 18. Jahrhundert, wo er für Opernsängerinnen mit Sopran verwendet wurde. Steht ihr auf jeden Fall und ich finde, musikalisch gesehen hat es im Nachhinein betrachtet durchaus Sinne gemacht, als sie sich Ende 2005 das enge Nightwish-Korsett abgelegt und ihr Eigenes angezogenes hat – es steht ihr wirklich sehr gut. Auch wenn der Beginn der Solo-Karriere nicht ganz einfach, wie sie vor dem Titel „I Walk Alone“ berichtet. Sie bedankt sich abermals bei ihren Fans, daß diese sie seit dem ersten Album bis zum heutigen Tag unterstützt haben. Aus dem Publikum schallt es sogleich „we will stay, we will stay, we will stay,…“, nun dem ist eigentlich nichts mehr hinzu zufügen. Die letzten beiden Stücke leiten den fin(nischen)alen Act dieser symphonischen Musikvorführung ein.

LEIDER GIBT ES KEINE ZUGABE

Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Was sich dadurch manifestiert, daß die große Saalbeleuchtung angeht und sich Tarja mit ihren Musikern, zum obligatorischen Abschluss-“Selfie“-Photo zusammen mit dem Publikum, positioniert. Wirklich sehr schade, denn ich bin bestimmt nicht der Einzige, dessen Ohrmuscheln nach den gut 75 Minuten noch ein paar Bonustracks vertragen hätten. Und schaut man sich die Titelliste der vergangenen Auftritte im Netz an, so scheint dies mit der fehlenden Zugabe nicht nur hier Dresden der Fall zu sein. Dies ist auch mein erster Kritikpunkt, auch wenn es bei einer sogenannten Double-Headliner-Tour durchaus Sinn macht, daß beide Bands je elf Songs per formen. Aber wo wir gerade beim Thema Bühnenpräsenz sind, Tarja zieht zur Zeit sicherlich mehr Menschen in Konzerthallen und ihre Band hat wesentlich mehr Spielfreude verbreitet, als Stratovarius. Keine Ahnung ob es vom Veranstalter so vorgesehen ist oder intern festgelegt wurde, ich kann es jedenfalls nicht nachvollziehen. Bei einem Beginn von 19.45 Uhr kann Mensch auch böse formuliert für kommende Gigs dieser Tour den Tipp geben, wer nur Tarja Turunen sehen möchte, kommt einfach gute zwei Stunden später und verpasst nichts. Denn einem ganz neutralen Beobachter, der vorher noch nichts von Stratovarius bzw. Tarja gehört, sollte nach dem heutigen Abend ebenso nicht entgangen sein, daß es bei den Auftritten der jeweiligen Musiker in ihrem Können einen gewissen Unterschied gegeben hat. Beim nächsten Mal bitte einfach mehr von Tarja und weniger drumherum.

„[…] I walk alone
Every step I take, I walk alone
My winter storm holding me awake
It’s never gone, when I walk alone“
(Auszug aus „I Walk Alone“)

Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2018):

Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Tarja Turunen (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Setlist – Tarja:

  1. Demons In You
  2. 500 Letters
  3. Falling Awake
  4. Undertaker
  5. Deliverance
  6. Calling From The Wild
  7. Diva
  8. Love To Hate
  9. I Walk Alone
  10. Victim Of Ritual
  11. Until My Last Breath
  12. It’s A Hit Song (Outro)
Stratovarius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Stratovarius (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Setlist – Stratovarius:

  1. Eagleheart
  2. Forever Free
  3. Oblivion
  4. Shine In The Dark
  5. Paradise
  6. 4000 Rainy Nights
  7. Black Diamond
  8. Destiny
  9. Forever
  10. Unbreakable
  11. Hunting High And Low
Serpentyne (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)
Serpentyne (Foto: Kristin Hofmann bs! 2018)

Setlist – Serpentyne:

  1. The Dark Queen
  2. Spirits Of The Desert
  3. Helen Of Troy
  4. Lammas Night
  5. Morrighan’s Jig

Weiterhören:

Tarja „My Winter Storm“; „What Lies Beneath“; „Colours In The Dark“; „Beauty & The Beat“; „The Shadow Self“ & „From Spirits And Ghosts (Score For A Dark Christmas)“

Nightwish „Angels Fall First“; „Oceanborn“; „Wishmaster“; „Century Child“ & „Once“

Links:
http://tarjaturunen.com/home-tarja/
http://www.stratovarius.com/pages/home.php
https://www.serpentyne.com/

Veranstalter:
SEASIDE TOURING, In Move GmbH, Aust Konzerte

Tobias Richter
Tobias Richterhttps://www.facebook.com/mischband/
Jeder sollte einen Tobi haben. Keiner von uns hat ihn je gesehen, der Typ ist einfach zu groß und artig, der schmeißt aufgeblasene orange Dinger in Einkaufsnetze und - wie man so hört - muss sich der Ü190 Hüne dafür bücken. Eat Sleep Ball Repeat. Ansonsten ist ein Tobi einer, der Kassetten professionell aufwickeln kann, "der immer Ärger macht, der Streiche spielende Anstifter, der, der süchtig nach Furcht ist, ein Sinnbild für Gefahr." Jeder sollte einen Tobi haben. Und eine B-Seite.

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