Review: IAMX auf Metanoia Tour (09.04.2016, Dresden)

Mutter Natur leitete mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, welcher auf dem Weg zur Dresdner Reithalle zu bewundern war, den eigentlichen Höhepunkt des Tages ein auf den Fans und Freunde der Band hier in der Gegend sehr lange warten mussten. Nach der krankheitsbedingten Konzertabsage 2013, fand die letzte Show in Dresden im November 2011 statt und als für den Tourstart Ende des vergangenen Jahres Leipzig bzw. Berlin ausgesucht wurden, hatte ich ehrlich gesagt so schnell nicht mehr damit gerechnet. Aber Chris Corner hat sein Versprechen nun doch eingelöst, den Ausfall bei Gelegenheit nachzuholen und Dresden als Abschluss für den zweiten Teil der Europa-Tour zum neuen Album „Metanoia“ gewählt.

IamX (Foto: Kristin Hofmann)
IamX (Foto: Kristin Hofmann)

Eine Vorband war offensichtlich nicht gebucht, denn mit Schlagwerk, drei Keyboards bzw. Synthesizer, E-Bass und einer Trommel extra war das Set schon komplett aufgebaut. Zusammen mit vier kleinen Leinwänden für die Videos in dunkelrotes Licht gehüllt, dazu qualmte die Nebelmaschine ordentlich vor sich hin. Das tat sie auch eine gute Stunde lang und nach dem die ersten IAMX-Rufe des – bei dieser Band üblicher Weise mehrheitlich weiblich besetzten – Publikums laut wurden, kamen dann kurz nach neun Chris Corner & Co. auf die Bühne, wo sie mit den Beats des ersten Songs frenetisch bejubelt wurden.

IamX (Foto: Kristin Hofmann)
IamX (Foto: Kristin Hofmann)

Das Bühnenbild blieb die gesamte Zeit über in der eher dunklen Lichtstimmung gehüllt – kein Vergleich zum Set von vor fünf Jahren – und passte daher sehr gut zum Artwork des aktuellen Longplayers. Von dem u.a. „Insomnia“, „North Star“ oder auch „Happiness“ (Letzterer auch im Remix von Gary Numan zu erwerben) live intoniert wurden und sich nahtlos mit Klassikern wie „Nightlife“ oder „I Come With Knives“ in den typischen IAMX-Sound einfügten. Diesen hatte Chris Corner in einem Interview mal selbst als „Glam Noir“ bezeichnet, ein Schmelztiegel aus alternativen Synthpop, Electro-Industrial und sogenannten Dark Cabaret. Dazu wurde jeder Track visuell unterstützt, wodurch nicht nur die Ohren, sondern auch die Augen reichlich zu tun hatten.

Nach einer guten Stunde verabschiedeten sich die Musiker für den Zugabenteil. Bevor es dazu kam, wurde allerdings noch ein kleines Ständchen zum Geburtstag des Tourmanagers zusammen mit dem Publikum angestimmt. Während des Bonus-Programms gab es dann auch endlich mit „Kiss + Swallow“ die und über Genregrenzen hinaus bekannte IMAX-Hymne. Nach langem bitten der Anwesenden folgte „Mercy“ noch als letzte Zugabe mit welcher Chris Corner seine Anhänger in die Nacht bzw. zur anschließend stattfindenden After-Show-Party entließ.

IamX (Foto: Kristin Hofmann)
IamX (Foto: Kristin Hofmann)

Mein Fazit: Die fantastische Performance, der perfekten Sound und die Visuals machten diesen Abend zusammen mit dem euphorischen Publikum zu einem Konzert, der Marke Prädikat – künstlerisch wertvoll. Aber an den Auftritt vor fünf Jahren von IAMX damals im Beatpol reichte dieser leider nicht ganz rann, was nebenbei bemerkt einer der besten Konzertauftritte war, die ich jemals gesehen habe. Damals hatte Chris Corner im Band-LineUp nicht nur ein Schlagwerk am Start, sondern gleich zwei Schlagzeugerinnen, die sich teilweise einen richtigen Schlagabtausch lieferten und dadurch einen so druckvollen Klangteppisch erzeugten, was ich so weder zuvor noch danach je wieder live erleben durfte. Auch war die Reithalle nur zur Hälfte gefüllt, was natürlich weniger an der Band lag, sondern eher daran, dass es an dem Abend noch ein, zwei Konkurrenz-Veranstaltungen gab. Manchmal ein typisches Problem in dieser Stadt, erst passiert wochenlang nichts und dann finden gleich mehrere genreähnliche Sachen auf einen Schlag statt. Außerdem finde ich, ist mit sechs Alben mittlerweile genügend Material da, um locker gut zwei Stunden zu füllen, ohne sich großartig dafür bitten zu lassen. Wahrscheinlich war dies aber nur Kahlkühl von Chris Corner, damit für den nächsten Auftritt in Dresden noch Luft nach oben ist, in einer dann hoffentlich ausverkauften Hütte – verdient hätten es IAMX alle Mal.

Weiterhören: „The Unified Field“, „Volatile Times“, „Kingdom Of Welcome Addiction“, „The Alternative“ & „Kiss + Swallow“

Setlist

  1. I Come With Knives
  2. The Alternative
  3. Happiness
  4. No Maker Made Me
  5. Tear Garden
  6. Oh Cruel Darkness Embrace Me
  7. Spit It Out
  8. Nightlife
  9. Insomnia
  10. North Star
  11. Aphrodisiac
  12. Your Joy Is My Low
    Encore
  13. Bring Me Back a Dog
  14. Kiss + Swallow
  15. I Am Terrified
    Encore 2
  16. Mercy

Mehr Fotos vom Abend findet ihr in unserer Galerie:

Links:

www.iamxmusic.com

Tobias Richter
Tobias Richterhttps://www.facebook.com/mischband/
Jeder sollte einen Tobi haben. Keiner von uns hat ihn je gesehen, der Typ ist einfach zu groß und artig, der schmeißt aufgeblasene orange Dinger in Einkaufsnetze und - wie man so hört - muss sich der Ü190 Hüne dafür bücken. Eat Sleep Ball Repeat. Ansonsten ist ein Tobi einer, der Kassetten professionell aufwickeln kann, "der immer Ärger macht, der Streiche spielende Anstifter, der, der süchtig nach Furcht ist, ein Sinnbild für Gefahr." Jeder sollte einen Tobi haben. Und eine B-Seite.

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