Review: AC/DC auf Rock Or Bust Tour mit The Whiskey Foundation und Vintage Trouble (21.06.2015, Hannover)

Vom leichten schweren Mädchen – AC/DC Rock Or Bust World Tour

Hannover ist heute nur ein anderer Name für Sin City. Heute ist alles möglich, heute regnet es rückwärts, Konfetti und Licht. Heut steht die Zeit still.

Ein kleiner Schritt für einen jeden der 75.000 in Leder gewandeten, im zum Höllenpfuhl erkorenen Messegelände gestrandeten VerehrerInnen von Rosie. Rock `n Roll heißt ihre Liebste. „When it comes to lovin‘. Oh, she steals the show.“ Und sie spreizt die Schenkel früh an diesem Tag. Gefügig macht sie die Massen mit einem Geschmack, der die Sinne von ganz anderer Seite her anspricht. Während Hopfen zu Kursen, die Rosie sonst ins Höschen gesteckt bekommt, die willigen Zungen löst, entern The Whiskey Foundation Hannovers Freudenhaus.

Es ist kalt an diesem – astronomisch gesehen – längsten Tag des Jahres, als die Münchner, die vor einer Woche kaum ahnten, wem sie heute einen Liebesdienst erweisen würden, die Bühne betreten.

Das LineUp ist mutig. Der Support grandios. Keinerlei Genre-Scheuklappen. The Whiskey Foundation heitzen den Massen mit Mundharmonika, Whiskey-Stimme und einem dreckigen Blues-Rock’n’Roll-Ding ein, tanzen mit ihrem – für Hannoveraner Verhältnisse geradezu südländischen – Charme gegen den nordischen Regen an, strahlen aus jeder psychedelischen Pore Leidenschaft für dieses Live-Event aus und machen Appetit auf mehr. The Whiskey Foundation – soviel Zeit muss zwischen beiden Strumpfhaltern sein – spielen übrigens das nächste Mal am 10. November im Lux-Club Hannover.

Foto: Torsten Volkmer ©bs!
Foto: Torsten Volkmer ©bs!

Setlist – The Whiskey Foundation

  1. Buried My Body
  2. Waterman
  3. Liars
  4. Do You Need My Love
  5. Secrets
  6. Drunken Monkeys
  7. Whole Lotta Lovin‘
  8. Ridin‘
  9. Do You Like Huggin‘
  10. Man Of The Mood
Foto: Torsten Volkmer ©bs!
Foto: Torsten Volkmer ©bs!

Und während Rosie im Backstage ihre sündige Wäsche anlegt, gibt es auf dem wellgeblechten Vorplatz zur Rock’n Roll Hell of Fame einen Vorgeschmack auf Sin City. Vintage Trouble nehmen die Zügellosigkeit in die Hand. Rock `n Roll Cowboys, einem Tarantino-(Nadel)Streifen entsprungen, maßgeschneidert vom Scheitel bis zur Sohle, vom Old-School-Mikrophon bis zum Kragenschmuck.  Vintage Trouble entführen das Freudenhaus in die späten soul-sweaty-swinging Fifties und Sixties, in eine andere Zeit, ein anderes grandioses musikalisches Spektrum des Rock n` Roll. Detailverliebt schmiegen sich edle Dreiteiler so knapp um die Rhythm-&-Blues-Halunken, dass selbst die Sonne sich kaum mehr zurückhalten kann und endlich ihr Wolken-Dekolleté aufreißt. Otis-Redding-Sound- und Django-Unchained-Lookalike, Mr. Ty Taylor (voc), ringt dem Publikum das Versprechen ab, dass diese Nacht DIE Nacht des Rock `n Roll werde.

„Can we make a vow,

that this night will bet he best night of rock `n roll!“

Er soll Recht behalten. Eine Welle von Beifall brandet an und macht Luder Rosie langsam hibbelig, während es Nancy Lee mit Vintage Trouble, dem Band gewordenen Western, wild auf der Bühne treibt. Und nicht zu knapp. Hunderte Hände tragen den teuflisch gut gekleideten Frontmann, der eindeutig die Hüften von Elvis aufträgt, bis ins Zentrum des Messegeländes. Tylor und Band tanzen ununterbrochen und lassen hoffen, dass dieser Los Angeles Import bald wieder Hannover verzückt.

Foto: Torsten Volkmer ©bs!
Foto: Torsten Volkmer ©bs!

Setlist Vintage Trouble

  1. Hard Times
  2. Blues Hand Me Down
  3. Total Strangers
  4. Nancy Lee
  5. Angel City, California
  6. Run Like the River
  7. Strike Your Light (Right on Me)

AC/DC. AC/DC. AC/DC. 20:45. Das Meer von Fan-Shirts teilt sich nicht, es spuckt einen Chor aus, der die Band aus Rosies Kammer auf die Bühne saugt. Vielstimmig überzieht Gänsehaut das Publikum, als die Leinwände mit Astronauten kegeln und sie mit viel Pyro und Kanonenfeuer phallisch in den Höllenschlund ziehen. „Rock Or Bust“ läutet ein unendliches Licht-, Bild- und Farbenspektakel ein. Die Show-Hure ist verzückt. Es scheint kaum zu stören, dass die Kommunikation mit dem Publikum eigentlich nicht stattfindet. Muss sie auch nicht, das Publikum ist hypnotisiert.

Foto: Torsten Volkmer ©bs!
Foto: Torsten Volkmer ©bs!

Angus Young in Schul Uniform? Check.

Brian Johnson heiser? Check.

Publikum textsicher? Check.

Thunderstuck-Blitze? Check.

Hells-Bells mit mega-schwingendem Glocken-Gehänge? Check.

Und endlich ist er da. Es ist ihr Moment. Sie kommt und kommt und kommt gekonnt. Das leichte schwere Mädchen bläst sich auf, dominiert die Bühne, preist sich an, streicht anzüglich über massige Rubensschenkel. Whole Lotta Rosie.

Oh, she steals the show. She ain’t exactly pretty. She ain’t exaclty small.. You could say she’s got it all!

Foto: Torsten Volkmer ©bs!
Foto: Torsten Volkmer ©bs!

Rosie, das phallische Weib. Käuflich. Rot. Erschreckend und doch ist man(n) gebanntbreitet von der aufgestrapsten Kokotte. Ein Höllenspektakel, das Konfetti in die Menge spritzt. Und als Rosie sich zurück in ihre Laken knäult, setzt das Skandälchen zum zweiten Höhepunkt an. Angus Young wirkt wie ein kleiner Troll, der in seinem grünen Samtwams auf seiner eigenen Phantasie – einem zig Meter langen Steg ins Publikum – rockt. Wer hat, der kann. Let There Be Rock wird durch ein Gitarrensolo von Young künstlich in die Länge gezogen wie der Bühnensteg, verliert dadurch vielleicht an Dynamik, aber die Fans schmeißen Pommesgabeln in die Luft, säumen den Highway to Hell und werden mit jeder Menge Lichtshow, Feuerwerk, und Kanonen-Salut belohnt.

Foto: Torsten Volkmer ©bs!
Foto: Torsten Volkmer ©bs!

Prädikat: AC/DC haben wie immer nichts ausgelassen, um sich jenseits jeder political correctness zu erblöden, sind ganz sicher nichts für Hippe-Turnbeutelträger, fashionistas und Soja-Latte-Twens. Genauer gesagt ist die Rock or Bust World Tour genau das, was der Name verspricht: It’s For Those About to Rock (We Salute You), für Lederkutten aus dem letzten Jahrtausend, für Bratwurstesser, Bikerbräute mit türkiser Lidschatten-Kriegsbemalung, für Filterkippenraucher mit Reizhusten, für 75.000 Fans, Angus und Co. und vor allem für Rosie.

Foto: Torsten Volkmer ©bs!
Foto: Torsten Volkmer ©bs!

Setlist AC/DC

  1. Intro
  2. Rock or Bust
  3. Shoot to Thrill
  4. Hell Ain’t a Bad Place to Be
  5. Back in Black
  6. Plax Ball
  7. Dirty Deeds Done Dirt Cheap
  8. Thunderstruck
  9. High Voltake
  10. Rock n Roll Train
  11. Hells Bells
  12. Baptism by Fire
  13. You Shook Me all Night Long
  14. Sin City
  15. Shot Down in Flames
  16. Have a Drink on Me
  17. T.N.T.
  18. Whole Lotta Rosie
  19. Let There Be Rock (with Angus Yung guitar solo… more)

Encore:

  1. Highway to Hell (with Angus Young guitar solo in intro)
  2. For Those About to Rock (We Salute You)

 

Links:
www.thewhiskeyfoundation.de
www.facebook.com/thewhiskeyfoundation

www.VintageTrouble.com
www.facebook.com/vintagetrouble

www.acdc.com/de
www.facebook.com/acdc

 

Isabelle Hannemann
Isabelle Hannemannhttp://www.isabellehannemann.net
Die missratene Hypotaktikerin wird als Redakteurin Schrägstrich Fotografin bei be subjective! geduldet, hat versucht sich als freie Autorin und Herausgeberin verschiedener Artikel und Bände im Bereich der kritischen Sozialwissenschaft für Suchmaschinen selbst zu optimieren und will – wenn sie groß ist – mal sehen. Künstlerisch als Autorin und Fotografin mit diversen Bands und AutorInnen zusammenarbeitend, Texte zu Papier, Gehör und auf die Bühne bringend. Na dann Prost Mahlzeit!

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