Review: Freiheit heißt Liebe. Neue Wege – Konzert aus gutem Grund (30.08.2019, Moritzburg)

Viele Wege führen ins sächsische Moritzburg. Ebenso gibt viele Gründe für einen Ausflug dahin: Die grünen Wälder, das schöne alte Standesamt, das Schloss, 3 Haselnüsse für Aschenbrödel, … Doch am Freitag den 30.08.2019 führt vor allem Eines viele Gäste nach Moritzburg, genauer gesagt auf die Festwiese bei Adams Gasthof, nämlich: Neue Wege – Konzert aus gutem Grund. Der gute Grund ist das Benefizkonzert für die Vereine Water Is Right und Aufwind Mannheim. Neue Wege möchte Veranstalter Bärnsdorfer Konzerte zusammen mit der heimischen Band Letzte Instanz, dem Straßenunterhaltungsdienst der Söhne Mannheims, Die Zöllner, Gastone, DJ Pearl und den zahlreichen Gästen an diesem Wochenende beschreiten. 

Aus gutem Grund nach Moritzburg

Bereits im Vorfeld hatte man die Möglichkeit ein goldenes VIP Ticket zu erwerben, das die Zuschauer den ganzen Abend mit Leckereien und Getränken versorgt, bequemes Parken direkt auf dem Gelände ermöglicht und Sitzplätze zur Verfügung stellt. Wer darauf verzichtet, muss aber keineswegs (ver-)hungern. Wildboulette, Bratwurst, Kartoffelecken, kalte Gurkensuppe, Wein, hauseigenes Bier, Ramazzotti Rosato und andere Annehmlichkeiten gibt es für jedermann für einen moderaten Preis zu erwerben. Doch…

… wer ist eigentlich dieser Straßenunterhaltungsdienst? Sind das die Söhne Mannheims? Ja und nein. Und vieles mehr. Die Auflistung aller Musiker des heutigen Abends erfordert bereits eine beachtliche Menge an Platz…

Die Rhythmusgruppe:

  • Ralf Gustke – Drums (Söhne Mannheims)
  • Edward Maclean – Bass (Söhne Mannheims)
  • Andreas Bayless – Gitarre (Söhne Mannheims/Die Zöllner)
  • Billy Davis – Cuts (Söhne Mannheims)
  • Toni Farris- Keys (Gentlemen)
  • André Gensicke – Keys (Die Zöllner)

Unterstützt von:

  • Martin Stumpf – Bass/Gitarret (Flo Mega, Max Mutzke) 
  • Shir-Ran Yinon – Geige/Vox (New Model Army)
  • Benni Cellini – Cello (Letzte Instanz)
  • Rico Schwibs – Geige (Letzte Instanz)

Spielen in drei Sets Songs von und mit:

  • Laith al Deen – Vox/Gitarre
  • Gastone (Giuseppe Porrello – Vox/Gitarre)
  • Die Zöllner (Dirk Zöllner, Vox/Gitarre)
  • Rolf Stahlhofen (Rolf – Vox/Mundi)
  • Holly Loose (Letzte Instanz – Vox)
  • Maria Simon und Tochter Anni (Gitarre/Vox)

Und natürlich:

  • Michael Klimas – Vox (Söhne Mannheims)
  • Claus Eisenmann – Vox (Söhne Mannheims)
  • Karim Amun – Vox (The Wright Thing)
  • Rolf Stahlhofen – Vox (Söhne Mannheims)
  • Meta Physics – Rap (Söhne Mannheims)
  • Marlon B – Rap (Söhne Mannheims)
Letzte Instanz (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Dieser riesige Schwarm an Künstlern und natürlich Bernie Geef (Gitarre), Andy Horst (Drums) und Michael Ende (Bass) von Letzte Instanz passen alle an diesem Abend auf eine wunderschöne, mit halbtransparentem Runddach ausgestattete Bühne, die für magische musikalische Momente sorgen wird.

Und wir stehn’ da und trinken… Wein (!)

Um den Abend in Zahlen auszudrücken: Wir bewegen uns in etwa gleichberechtigter Verteilung von Weiblein wie Männlein im Schnitt von 6 bis 76 Jahren. Wer nicht auf der schönen Terrasse gemütlich sein Gänge Menü hineinschlemmt, der kann es sich mit Decke auf der weiten Wiese gemütlich machen. Trotz Temperaturen über 30 Grad Celsius am Tage hat sich die Luft am Abend erfreulicherweise etwas abgekühlt. Wein und Cocktails erfreuen sich bei dem schwülen Wetter großer Beliebtheit. Nur das Bier wird es im folgenden Verlauf etwas schwierig haben.

Letzte Instanz (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Trotz der Verspätungen beim Soundcheck und damit auch beim Einlass, beginnt die Letzte Instanz pünktlich um 20 Uhr mit ihrem 45-minütigen Programm.  Nach dem Startflug ins Morgenland ohne Turbulenzen und die anschließende Flucht ins Glück, bei der schon erste Hey Hey via Animation von Sänger Holly zum Aufwärmen wohlwollend geübt werden, hat es das arme Bier bei Disco D’Amour etwas schwerer. Im Lied heißt es…

Und wir stehn’ da und trinken… Bier (!)

…, wobei das “Bier” per Schlachtruf und Faustschlag vom Publikum in voller Lautstärke zu erklingen hat. Trotz der Vermutung und der Tatsache, dass es sich bei den Anwesenden eher zum Weinliebhaber handelt und sie vielleicht mit inneren Trauben-Gerste-Konflikten zu tun haben und nicht wissen, wie sie aus diesem Dilemma je wieder herauskommen sollen,… machen am Ende doch alle eins: Tanzen. Tanzen und gute Laune haben, mitsingen, klatschen, die Arme in die Luft werfen. Ob nun mit Bier, Wein, Hugo, Wasser oder ohne – alle haben Spaß. 

Letzte Instanz (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Mach die Augen auf verdammt, wir haben sonst verloren

Letzte Instanz (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Mit der schönen Ballade Blind geht die ausgelassene Tanzstimmung dann in Schunkeln über. Zahlreiche Arme befinden sich in der Luft und beflügeln den ein oder anderen Traum in den Abendhimmel. Als ersten Gast auf ihrer Bühne holt sich das Sextett die Musikerin Shi-Ran Yinon auf die Bühne. Sogleich gibt es eine Premiere: Zusammen mit Holly singt sie zum ersten Mal ein Teil des Refrains von Der Garten auf Hebräisch:

היכן נשארנו זמן כה רב
לאן חיינו מובילים
אני רואה זאת עוד בעינייך
ומוצא עצמי בפנים

Wo sind wir so lang geblieben
Wo ist unser Leben hin
Ich seh es noch in deinen Augen
Und finde mich darin

Die wunderschöne und gefühlvolle Darbietung des Stücks sorgt nicht nur für einen Moment des Schunkelns, sondern eben auch für einen verlorenen und wehmütigen Gedanken an die Welt heute. Ihr wisst ja… 

Hass ist krass, Liebe ist krasser.

Zum großen ersten Finale gesellen sich Dirk Zöllner und Laith Al-Deen für Wir sind allein mit auf die Bühne. Alles fasst sich an den Händen, hält das zusammen, was zusammen gehört und ewig so bleiben sollte. Denn wenn wir zusammen scheinen, können wir die Welt erhellen. Zusammen sammeln sich alle Musiker auf der Bühne und beenden somit den ersten und gelungenen Teil des “Neue Wege – Konzert aus gutem Grund”.

Setlist

  1. Morgenland
  2. Flucht ins Glück
  3. Disco D’Amour
  4. Blind
  5. Der Garten feat. Shir-Ran Yinon
  6. Wir sind eins
  7. Leben und leben lassen
  8. Noch einmal
  9. Wir sind allein feat. Dirk Zöllner und Laith Al-Deen#
Letzte Instanz (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Mein Herz bricht, wenn wir nicht einsehen, dass wir zusammen gehören

Strassenunterhaltungsdienst (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Der zweite Teil beginnt etwa 21.15 Uhr nach einer kurzen Umbaupause. Riesige LED Wände türmen im Hintergrund der Bühne, der Himmel hat sich in die Nachtschwärze gehüllt, die halbrunde Bühnenüberdachung leuchtet wunderschön,  und die ZuschauerInnen kennen plötzlich kein Halten mehr. Mit Geh davon aus… startet das fast zweieinhalbstündige Set des Straßenunterhaltungsdienstes. Die Bühne ist von vorn bis hinten, von rechts nach links, gespickt mit: Musik. Der SUD ist ein Sammelsurium von wunderbar talentierten Menschen, die enorm viel Freude an vor allem einen haben: Musik. In vorderster Gesangsfront stehen Rolf Stahlhofen, Claus Eisenmann und Michael Klimas und bezaubern jeden Anwesenden mit ihren Stimmen.  Ganz egal, ob man seit Jahren Fan von Söhne Mannheims ist oder nicht, DIE Lieder kennt einfach jeder und sie bekommen ein ganz neues Gefühl, wenn man sie live hört. So singt der Straßenunterhaltungsdienst besonders von einem: Liebe. Liebe betrifft jeden, die ganze Welt. Liebe ist das, was die Welt gerade am meisten braucht. Doch an jeder Ecke lauert heute die ein oder andere kleine bis große Enttäuschung. Der Weg ins Negative, in den Hass scheint einfach. Schwer ist es manchmal auf der positiven, der guten, der liebevollen Seite des Lebens zu bleiben. Vor allem, weil es die Seite sein wird, die sich für die Welt einsetzt. Also: Hasst nicht, liebt mehr! Mit ihrem “Manifest for Love” möchte auch der Straßenunterhaltungsdienst die Liebe in die Welt tragen. Denn:

Leben ist das, was du draus machst.

Strassenunterhaltungsdienst (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Kleine und große Helfer hat sich der Straßenunterhaltungsdienst für das Verbreiten dieses schönen Manifests geholt: Ob nun Gastone für Dieser Song geht an alle, die ich liebe…, Benni und Rico mit Shir-Ran als Streichertrio, oder Dirk Zöllner mit Gitarre und ebenso wunderbarster Stimme. Damit singt er “das erste böse Lied” des Abends. Es geht um das, was jeder kennt. Liebe, Trennung, wir können doch Freunde (Fremde?) bleiben. Klingt immer in der Theorie schön, doch meistens ist es praxisfern. Jeder kennt das, jeder fühlt mit. Moritzburg ist verzaubert. So bringt es Herrn Zöllner nicht mal sehr aus der Fassung als ihm die Gitarrensaite reißt. Es geht einfach weiter, immer weiter. 

Strassenunterhaltungsdienst (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Weiter geht der Abend leider viel zu schnell. So reiht sich Lied an Lied, Gäste kommen und gehen von der Bühne. Alles fühlt sich leicht und angenehm an. Keine Sekunde denkt man an den Blick auf die Uhr oder ans Nachhausegehen. Nach einer reichlichen Stunde gibt es eine kurze Pause. So schnell wie sie kam, geht es auch schon weiter. Der Straßenunterhaltungsdienst wurde gegründet, um etwas mit Musik zu bewegen. Wenn es in Deutschland fließend Wasser gibt, warum nicht auch woanders? So nutzen sie Konzerte, um die sinnvolle Botschaft in der Welt zu verbreiten. Der Verein “Water Is Right” konnte so auf diesem Wege schon mehr als 4 Millionen Trinkwasser für Bedürftige bereitstellen. 

Bühne frei für Anni.

Ein kleines und zuckersüßes Highlight ist sicherlich Anni. Anni ist die Tochter der Leipziger Schauspielerin Maria Simon, die zusammen mit ihrer Mutter an diesem Abend What about us? von Pink singt. Ein Lied, eine Gitarre, zwei Stimmen. Die kleine Anni singt als würde sie nie etwas anderes tun und hat so binnen Sekunden das Publikum auf ihrer Seite. Ein Power Duo!

Strassenunterhaltungsdienst (Foto: Kristin Hofmann bs! 2019)

Mit Laith Al-Deen wartet der nächste Gast auf seinen Einsatz. Wenn es dich irgendwo gibt ist das dein Lied. Beim Refrain gehen alle Arme in die Luft. Bilder von Dir ist im Anschluss sicherlich eins der Highlights am Abend bevor zum großen Finale noch einmal alle Musiker auf die Bühne kommen und sie füllen. Wenn ein Lied ist kurz vor Mitternacht leider das letzte Stück des Abends, doch entlässt es die zufriedene Hörerschaft äußerst positiv gestimmt, erwärmt und bestimmt in die Nacht hinaus. Langsam leert ich das Gelände, das ein oder andere Getränk wird noch ausgeschenkt, man stoßt zusammen an und hat noch ein paar schöne Minuten bevor man wieder in den Alltag entlassen wird. In diesem Sinne vergesst nicht:

Freiheit heißt Liebe.

Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2019):

Vielen Dank an:
Bärnsdorf Konzerte (Claudia und Sebastian Kruhl)
Letzte Instanz

Links:
Straßenunterhaltunsdienst
Adams Gasthof
Water Is Right
Aufwind Mannheim

Kristin Hofmann
Kristin Hofmannhttp://www.fotokatz.de/
Kristin Hofmann, das schnurrende Fotokatzl, ist uns von den Elbwiesen zwischen Nightwish und Lacrimas Profundere im Fotograben irgendwie zugelaufen. Das „Spätzchen“ fährt in der Regel nicht die Krallen aus, voll auf weißblaue Vierräder ab und hat die anderen sechs Nerdzwerge zwischen Datenkraken, Mediendschungel und Hexadezimal im Blinzelwettbewerb längst platt gemacht. Schnurrbart steht ihr übrigens nicht so gut wie DocMartens, aber irgendwas is’ ja immer. Bitte nicht füttern!

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