Review: Bad Religion – Ein Ritt durch die Bandgeschichte (23.05.2019, Bielefeld)

Seit fast 40 Jahren sind Bad Religion nun schon Teil der Musiklandschaft, Vorbild für viele großartige Bands und selbst immer noch nicht müde. Erst vor einigen Tagen veröffentlichten sie ihr neustes Album „No Control“ und bevor es in den nächsten Wochen auf die Festivalbühnen Deutschlands geht, spielen die Väter des Melodic-Punkrock heute vor 2.100 Zuschauern im Lokschuppen Bielefeld. Supportet werden Bad Religion dabei von Marathonmann.

Marathonmann (Foto: Daphne Dlugai bs! 2019)

Bei den Münchnern von Marathonmann sieht es aber zu Beginn höchstens nach der Hälfte an Zuschauern aus. Im Publikum lassen sich große Lücken erkennen und auch die Stimmung ist zu Beginn selbst für ostwestfälische Verhältnisse ziemlich mau. Bewegung im Publikum ist so gut wie gar nicht vorhanden, die perfekt im Takt wummernde Kick, die zum mit klatschen einlädt, wird ignoriert und der ausgelassenste Ausbruch von Emotionen ist ein einzelner Bierbecher, der irgendwo in den vorderen Reihen in die Luft gereckt wird. Ganz schwierige Nummer für Marathonmann bis hierhin, davon lassen Marathonmann sich aber in keinster Weise beirren und ziehen ihr Set knallhart und mit viel Spielfreude durch.

Zu alt für Marathonmann?

Marathonmann (Foto: Daphne Dlugai bs! 2019)

Es scheint als wäre Marathonmann einfach zu jung und neu für das anwesende „ältere“ Publikum. Als dann auch zum zweiten Mal die Aufforderung zum Klatschen wieder eiskalt ignoriert wird, bekomme ich schon etwas Mitleid mit den Jungs. Erst mit dem vorletzten Song „Schachmatt“ vom demnächst erscheinenden Album kommt dann endlich mal ein bisschen Bewegung in die Sache. Im dritten und letzten Anlauf und mit deutlich fordernder Ansprache schaffen es Marathonmann auch das Bielefelder Publikum endlich zum Mitklatschen zu bewegen. Das sei ihnen gegönnt, denn in den 30 Minuten, in denen sie auf der Bühne standen, machten die Jungs einen super Job.

Marathonmann haben die Bühne verlassen, das Licht in der Halle geht an und für Bad Religion wird umgebaut, soweit alles ganz normal, doch wird es schlagartig voller. Innerhalb weniger Minuten schließen sich die großen Lücken und so langsam fühlt es sich dann auch nach 2.100 Leuten an. Wo waren die nur alle in der letzten halben Stunde?

Bad Religion (Foto: Daphne Dlugai bs! 2019)

Um kurz nach 21 Uhr geht’s dann weiter und es ist als hätte jemand den Schalter umgelegt – und das nicht nur beim Licht! Bad Religion betreten die Bühne und reißen das Publikum direkt aus der Lethargie, die zuvor noch herrschte. Nicht nur ist die Stimmung auf einen Schlag richtig gut, nein, es wird auch noch ausgelassen getanzt und die alten Herren auf der Bühne tragen ihren Teil dazu bei. Von Anfang an geht’s auf beiden Seiten richtig rund. Gefällt uns, nach Marathonmann hatten wir schon ein ziemlich langweiliges Konzert befürchtet.

Bad Religion (Foto: Daphne Dlugai bs! 2019)

Fliegende Bierbecher, St. Pauli Sprechchöre, Pogo und Crowdsurfer – die ersten Minuten haben es ganz schön in sich. Nach den ersten paar Songs ebbt die große Euphorie dann zwar ein bisschen ab, aber die Stimmung ist weiterhin richtig gut und dass bis in die letzten Ecken des Lokschuppen, vor allem bei den Klassikern wie zum Beispiel bei 21st Century (Digital Boy). Aus dem neuen Anfang Mai erschienenen Album „Age of Unreason“ sind gerade einmal vier Songs mit dabei, ansonsten ist es ein wilder Ritt durch die Bandgeschichte von Bad Religion.

Dies ist nur ein Punk Rock Song

Es ist der letzte Song des regulären Sets und die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt. Extra Sympathien gewinnen Bad Religion zudem damit, dass sie den Refrain auf Deutsch singen. Nach gut einer Stunde Vollgas verschwinden Bad Religion von der Bühne. Wie zu erwarten will das Publikum mehr und fordert eine Zugabe, diese kommt auch aber erst nach einiger Zeit. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind Bad Religion zurück auf der Bühne. Wer jetzt denkt es kommt eine typische drei bis fünf Song starke Zugabe, der irrt. Bad Religion spielen das 15 Lieder starke Album „No Control“. Nach weiteren 30 Minuten, in denen Bad Religion das Album fast ohne Pause runter spielen, ist dann endgültig Schluss. Während einige wenige noch versuchen die Setlist abzustauben, verlässt das restliche Publikum wie auch wir schnell aber glücklich den Lokschuppen.

Bad Religion (Foto: Daphne Dlugai bs! 2019)

Setlist Bad Religion:

  1. Intro (If The Kids Are United)
  2. Them and Us
  3. Chaos from Within
  4. Generator
  5. Fuck You
  6. Social Suicide
  7. Anesthesia
  8. Flat Earth Society
  9. The Dichotomy
  10. Recipe for Hate
  11. My Sanity
  12. Skyscraper
  13. 21st Century (Digital Boy)
  14. New Dark Ages
  15. Lose Your Head
  16. Los Angeles Is Burning
  17. Infected
  18. American Jesus
  19. Do the Paranoid Style
  20. Fuck Armageddon… This Is Hell
  21. Sorrow
  22. Punk Rock Song
    Encore: (No Control)
  23. Change of Ideas
  24. Big Bang
  25. No Control
  26. Sometimes It Feels Like…
  27. Automatic Man
  28. I Want to Conquer the World
  29. Sanity
  30. Henchman
  31. It Must Look Pretty Appealing
  32. You
  33. Progress
  34. I Want Something More
  35. Anxiety
  36. Billy
  37. The World Won’t Stop

Setlist Marthonmann:

  1. Holzschwert
  2. Blick in die Zukunft
  3. Die Vergessenen
  4. Wir sind immer noch hier
  5. Versprechen
  6. Schachmatt
  7. Die Stadt gehört den Besten

Links:
https://badreligion.com
https://marathonmannband.de

Rune Fleiter
Rune Fleiterhttp://www.rune-fleiter.de/
be subjective! music webzine est. 2001 Live-Berichte und Konzertfotos stehen bei uns im Fokus. Die richtigen Wort für neue Töne, musikalische Experimente, Stimmungen in Bildern gebannt, Mega Shows in neuen Farben. Der Atem in deinem Nacken, die Gänsehaut auf Deiner Haut, der Schweiß durchtanzter Nächte zum Miterleben und Nachbeben. Interviews mit Bands und MusikerInnen.  be subjective! aus der Musikszene für mehr Musikkultur. 

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