Review: Amphi Festival 2005

Das erste Gelsenkirchner Amphi Festival ist vorüber, und man kann es wohl guten Gewissens als Erfolg bezeichnen. Sowohl die gemütlich naturnahe Location, als auch das gut abgestimmte Line-up konnten überzeugen. Wurde im Vorfeld immer von 80%iger Regenwahrscheinlichkeit gesprochen, so hielt sich das Wetter die ganze Zeit überraschend gut. Hier und da mal einige Tropfen, aber nix was man nicht überstehen würde.

Das halbrund aufgebaute und nach hinten ansteigende Amphitheater sorgte auch in den letzten Reihen für beste Sicht auf die Bühne und Übersichtlichkeit des gesamten Geländes. Das statt den allseits unbeliebten Dixis halbwegs große Toilettenwagen in ausreichender Anzahl vorhanden waren, ist genauso ein Pluspunkt wie die durchweg freundlichen Ordnungskräfte.

Das Festival eröffneten "This` Morn Omina" die jedoch kaum jemand im Festivalbereich erleben konnte, da der Einlass nicht rechtzeitig begonnen hatte. Schon bei der ersten Band wurde klar das dieses Festival ein Erfolg werden musste. Denn wirklich viele Leute haben wie die wilden getanzt. Mir persönlich liegt diese Art von Musik absolut nicht, aber ich kam dafür später auf meine Kosten.
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Da der Einlass sich noch weiter verzögerte wurde einfach das komplette Programm nach hinten verschoben, so dass dann "Unheilig" das inzwischen gut gefüllte Amphitheater begeistern konnten. Der Graf hatte immer wieder mit der tief stehenden Sommersonne zu kämpfen, sang jedoch immer weiter und brachte die Menge erneut zum Tanzen. Die Anzahl der Besucher hielt sich zu der Zeit zwar noch in Grenzen, dennoch wussten "Unheilig" mit Hits wie "Schutzengel" oder "Freiheit" die Anwesenden zu begeistern.
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Nach dem Grafen folgten "Zeraphine", deren Song "Be my rain" im Gegensatz zu ihrem Auftritt auf dem WGT diesmal zum Glück nicht für Wolkenbrüche sorgte. Zeraphine hatten schon ein wenig mehr Glück mit dem Licht, da die Sonne langsam verschwand und die Lichter der Bühne so langsam gesehen werden konnten. Die Berliner Jungs präsentierten wieder einen Querschnitt aus ihren vergangenen Alben und spielten natürlich auch Klassiker wie "Siamesiche Einsamkeit", "Sterne sehen" oder "Unter Eis".
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Oswald Henke von "Goethes Erben" sorgte durch das Verteilen von 700 Kerzen während des Auftrittes für eine wunderschöne Illumination des abendlichen Festivals. Wie ein kleiner Wirbelwind fegte er über die Bühne und machte es nicht nur uns Fotografen schwer das Geschehen zu verfolgen. Schließlich flog auch noch sein Hemd in die Masse der begeistert emporgestreckten Hände.
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Als Haupt Act des ersten Tages sorgten "Project Pitchfork", unterstützt durch eine sehr schöne Light Show, für super Stimmung. Zwischenzeitlich ließ mich das Gefühl nicht los das ein wenig Unlust deutlich wurde. Kann mich aber auch täuschen. Als letztes – sozusagen als Mitternachtsspezial – kamen "Client" auf die Bühne. Mit ihren Klängen ließen sie den ersten Festival-Tag ausklingen.
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Am Zweiten Tag des Festivals hatte man aus der Einlass Panne gelernt und öffnete schon 2 Stunden früher die Tore, so dass "Staubkind" nicht dasselbe erlebten wie "This` Morn Omina". Staubkind waren für mich neben den später spielenden "Welle: Erdball" die Überraschung des Festivals. Habe ich bisher immer die Finger von Staubkind gelassen, muss ich gestehen das ich mir mal eine Scheibe genauer anhören werde. Sie haben gut gerockt auf der Bühne.
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Statt "Namnnambulu" ,die sich kurz vor dem Festival aufgelöst hatten, zeigten "Psyche" dass sie ein gut gewählter Ersatz waren. Mit "Psyche" wurde wieder die Vielschichtigkeit der Bands auf dem Amphi Festival deutlich. Und auch hier hatten die Fans wieder deutlichen Grund zu tanzen.
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Nach den elektrolastigen "Psyche" kamen nun "Lacrimas Profundere" auf die Bühne um ordentlich zu rocken! Leider gab es einige Sound-Probleme, was die Besucher jedoch nicht weiter stören sollte. Mit Stücken wie "Amber Girl", "Ave End" oder "Sarah Lou" wussten die Jungs zu begeistern. Sänger Christopher Schmid spielte die gesamte Show über mit seinem Charme, und hat nicht zu zuletzt deswegen großen Erfolg und eine feste Fangemeinschaft. Sie erfinden mit ihrer Musik das Rad nicht neu, spielen aber straighten gothic-rock mit Wiedererkennungseffekt. Mir gefällts.
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"Welle :Erdball" zeigten sich spendabel und verschenkten einen signierten C64, den sie in die Menge schmissen. Leider viel dieser dann beim Versuch ihn zu fangen auf den Boden und zerbrach in etliche Kleinteile. Wahre Fans wird jedoch selbst das nicht stören. "Welle: Erdball" beeindruckten durch interessante Bühnenaufbauten wie zum Beispiel dreieckige Lampen die durch zwei Damen im lila Petticoat gedreht wurden. Alles in allem ein gelungener Auftritt der dank der versteckten Spitzen des Sängers immer wieder zum Schmunzeln verleiteten.
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Mit "Suicide Commando" wurden dann die elektrischen Klänge etwas härter und die Grimassen auf der Bühne interessanter. Einge Besucher waren sehr überrascht als der Frontman auf die Bühne kam – er sei wohl sonst ein wenig fülliger gewesen. Kein Wunder! Denn bei dem herumspringen auf der Bühne muss man einfach Pfunde verlieren.
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Nach "Suicide Commando" wurde es kritisch. Waren eh schon viele der angereisten Fotografen nicht so gut auf Herrn Pohl von "Blutengel" zu sprechen, so brach dies nun fast in Hass aus. Die Show begann, und als wir uns in den Pressegraben begaben wollten hieß es plötzlich seitens der Security das das Fotografieren verboten sei. Hallo? Wo sind wir? Wer bitte steht dort auf der Bühne – die Queen? Ich für meinen Teil fand es eine Frechheit. Ich war jedoch letztlich froh mir das ganze nicht aus der Nähe ansehen zu müssen. Denn wer mit einer billigen Lesben-pseudo-SM-show und super witzigen Pyro-Knallern seine Fans zum toben bringen muss hat eh kein positives Feedback von mir verdient. Da wir aber auch fair sein wollen, müssen hier den wirklich Großteil der angereisten Leute erwähnen. Es gab viel Beifall für die Band, die keine Band ist (denn das war laut Sprecher nur eine Band). Nun ja, genug gejammert. Weiter im Programm…

Edit (2005-07-20):
nachdem ich nun eine Weile mit Chris Pohl in Kontakt stand, hat sich das Problem gelöst. Es war wohl seitens Blutengel so gewünscht, das wir Fotografen erst ab dem 2. Song Fotografieren dürfen. Dies wurde durch die wirklich unfähige Security nicht so an uns weiter gegeben sondern ein Verbot ausgesprochen. Deshalb kam die Wut in uns hoch was sich letztlich in diesen harten Worten weiter oben wiederspiegelt.

Ich möchte mich dafür entschuldigen – denn war es so wie es sich jetzt darstellt haben Blutengel daran keine Schuld und ihren Fans eine gute Show geliefert. Ob ich die Musik nun mag oder nicht, das ändert nichts an dieser Tatsache!
Danke liebe Security! tv.
 keine "Blutengel" Fotos

 
"Die Krupps" boten anschliessend eine interessante und abwechslungsreiche "25 Jahre Jubiläums Show". Auf dem Wave-Gotik-Treffen in diesem Jahr präsentierten sie diese Show erstmalig mit großem Erfolg. Da ich die Show beim WGT nicht gesehen hatte, fragte ich mich was für ein komisches Teil dort mittig auf der Bühne steht! Bei "Volle Kraft voraus" und "Metal Machine Music" wurde mir dann klar wozu es auf der Bühne stand. Dort drosch der Herr Engler dann dort drauf herum als gäbe es kein Morgen mehr. Interessante Sound-Experimente in dieser Form des Elektro-Metals.
zu den Die Krupps Fotos

Als "Camouflage" die Bühne betraten, war die Menge durch den harten Sound der Krupps gut angeheizt. Eigentlich ein Fehler eine Band wie Camouflage direkt nach den Krupps spielen zu lassen – aber egal. Das Publikum ging trotzdem drauf ein und kam gut auf seine Kosten.
zu den Camouflage Fotos

Höhepunkt in jeglicher Hinsicht war dann der Headliner "In Extremo". Ich selber hatte bereits den weiten Heimweg angetreten. Mir wurde jedoch berichtet das es ein gutes Konzert für die Fans war. Als Fotograf hatte man deutlich schlechtere Karten. Denn die vom Veranstalter engagierte Security hatte absolut keinen Plan wie man mit Massen von Fotografen umzugehen hat. Entweder man lässt alle zugleich in den Graben, oder halt in Grüppchen (eine Gruppe rein, ein Lied – raus. Dann die Anderen). Doch diese Leute dort ließen immer mal wieder welche rein. Doch anstatt die anderen aus dem Graben zu holen kam der Rest nur noch hinzu. Sowas ist absolut unfair und unprofessionell. Bereits am Nachmittag zeichnete sich dies ab – worauf wir mit den Securities gesprochen hatten. Leider ohne wirklichen Erfolg wie dies zeigte. Schade. Doch abgesehen davon gaben "In Extremo" ihr bestes und begeisterten die angereisten Fans.
zu den In Extremo Fotos

Zwischendurch sah man immer mal wieder hier und da Bandmitglieder der einen oder anderen Band relativ unbehelligt umherschlendern und sich die übrigen Bands anschauen. Sowas funktioniert natürlich nur, wenn das Festival in so einem kleinen Rahmen stattfindet wie das Amphi, auf Grossveranstaltungen wären Blutengel oder Zeraphine sicher einfach überrannt worden.

Insgesamt war das Amphi ein schönes Festival mit gut ausgewählten Bands. Die Location ist absolut geeignet für derartige Veranstaltungen. Ich hoffe das das die Veranstalter nicht abheben und als dem Festival ein riesen Festival machen wollen. Denn in der Größe ist es völlig ausreichend. Man konnte sich gut bewegen, und wird nicht wie oft beim WGT oder Mera Luna durch die Massen umher geschoben.

Es sei den Tontechnikern jedoch noch gesagt, dass das Einspielen von 5 Songs zwischen den jeweiligen Auftritten bereits nach 2 Stunden äußerst nervig wurde. Notfalls spielt doch einfach das nächste mal eines der noch existierenden online-gothic-radios. Wenn es nicht in 2006 bereits alle noch existierenden dahingerafft hat.

Angesichts des großen Erfolges wird es unter Garantie auch in 2006 wieder ein Amphi Festival geben. Wenn dann noch die Bedingungen für die Presse ein wenig verbessert werden, fallen auch die "Spitzen" in diesem Bericht weg. Da ich durch meine Arbeit für das Magazin ziemlich "vorbelastet" bin, habe ich vor ort noch mit einigen Besuchern gesprochen. Das positive Feedback hat mich dann in meinem Gesamteindruck bestätigt. Gern wieder.
zu den Festival Impressionen

Bericht von Kristin Feldmann, Ergänzungen durch Torsten Volkmer

Links:
 Amphi Festival HP

Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

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