Ryan Adams: Prisoner (2017) Book Cover Ryan Adams: Prisoner (2017)
Alternative, Country-Rock
Capitol/Universal
17.02.2017
www.facebook.com/ryanadams/

Tracklist:

  1. Do You Still Love Me?
  2. Prisoner
  3. Doomsday
  4. Haunted House
  5. Shiver and Shake
  6. To Be Without You
  7. Anything I Say to You Now
  8. Breakdown
  9. Outbound Train
  10. Broken Anyway
  11. Tightrope
  12. We Disappear

 

Das Album „Prisoner“ des inzwischen 42-jährigen Ryan Adams ist ein Album der Auflösung und der Selbstbefreiung. Es ist bereits sein 19. Album und beinhaltet die ersten Songs seit seiner Trennung von Schauspielerin und Sängerin Mandy Moore im Jahr 2015.

Erfahrungen aus gescheiterten Beziehungen sind die Quelle, aus denen Adams Inspiration sprudelt, sich kĂĽnstlerisch auszudrĂĽcken. Das ist keineswegs als ein Ausschlachten seiner GefĂĽhlswelt zu verstehen, vielmehr erfordert es Mut und Offenheit, seine Emotionen anderen mitzuteilen.

Rund ein Album pro Jahr hat der aus North Carolina stammende Singer/Songwriter bisher veröffentlicht, die konsequent von den Themen Einsamkeit, romantische Enttäuschung oder der Vergänglichkeit von Liebe handeln.

Sein Solodebut „Heartbreaker“ (2000) etwa, verdanken wir der Trennung von Amy Lombardi und „Cardinology“ (2008) hätte er nicht aufgenommen, wenn er nicht Jessica Joffe begegnet wäre. Wie es sich anfühlte, sich von Heroin, Kokain und anderen zerstörerischen Substanzen loszusagen, daran ließ er uns auf „Easy Tiger“ (2007) teilhaben.

In den vergangenen Jahren musste er den Tod seiner Großmutter, die ihn mit aufgezogen hat verarbeiten und es wurde bei ihm Morbus Menière diagnostiziert. Eine Erkrankung des Innenohrs, gekennzeichnet durch Schwindelanfälle, zeitweiligem Hörverlust und Tinnitus.

„Ich sehe diese schöne
und tragische Welt und tue mein Bestes um sie zu beschreiben,
da sie mich seit meiner Kindheit bedrückt.“

Wahrlich kein leichter Weg, aber das ist nunmal der Stoff, aus dem für die Sessions zu „Prisoner“ um die 80 Songs entstanden sind, von denen es zwölf auf das aktuelle Album geschafft haben.

Weil er es in L.A. nach der Trennung nicht mehr aushielt, mietete sich Adams in der West 9th Street in New York ein. Nur zwei Blocks entfernt liegen die legendären Electric Ladyland Studios in denen die Aufnahmen stattfanden. Er wollte nichts konstruieren, sondern erstmal seinen Kopf freibekommen. Bei den Sessions spielte er die meisten Parts alleine ein, wobei sein bester Freund und langjähriger Schlagzeuger Johnny T. ein steter Begleiter war.

Er stellte fest, dass die traurige Musik mit der er aufgewachsen war, nicht immer langsam und nicht immer hoffnungslos war und für „Prisoner“ wollte er sich auch auf Songs konzentrieren die eine nach vorne gerichtete Dynamik haben.

Deswegen war die Zeit in der die Sessions entstanden auch nicht von Traurigkeit beherrscht. Er stand auf wann er wollte und wenn ihm mitten in der Nacht ein Riff einfiel, ging er ins Wohnzimmer, wo seine Fender Jazzmaster bereit zur Aufnahme wartete und jammte ein wenig herum. Völlig ungestört genoss er wieder das Leben eines Junggesellen.

„Ich habe über die verschiedenen Zustände des Verlangens reflektiert und was es bedeutet, ein Gefangener des eigenen Verlangens zu sein.“

Die Loslösung vom Verlangen und die Schwierigkeit bestehendes aufzugeben prägt die Stimmung der Tracks. Insofern ist „Prisoner“ auch durchaus als ein Konzeptalbum zu verstehen und nicht nur als eine Sammlung loser Kompositionen. Ryan Adams ist bekannterweise Fan von Rockmusik aus den 80er Jahren und bewundert die einfachen Liedstrukturen von Bruce Hornsby, Tom Petty oder auch Springsteen. Deswegen sind musikalische und textliche Referenzen an die Großen dieses Genres durchaus beabsichtigt und auch herauszuhören.

Es sind Songs die man gut laut im Autoradio hören kann, wenn man mit einem Ford Mustang Cabriolet über die staubigen Landstraßen Amerikas fegt. Raue Gitarrenriffs und getragene Orgel-Teppiche tauchen genauso auf, wie herrliche mit Effekten versehene Melodien und ein oft wehmütiger Gesang. Eine nostalgische Hommage an Vergangenes, aufbereitet für die Gegenwart. Trotz des Tiefgangs der Themen klingt nach dem Anhören eine angenehme und unbeschwerte Stimmung in einem nach.

Adams klingt geerdet, erwachsen und scheint irgendwo auch angekommen zu sein.
Er offeriert uns hier sein beachtliches Talent als Songwriter und seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als Gitarrist und Sänger. „Prisoner“ ist ein rundum gelungenes Werk und gehört mit zu den besten Alben die Adams bisher veröffentlicht hat.

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Axel Ganguin
Axel Ganguin hat ungeduldig die Alchemie der Worte studiert. In alten Büchern, in farblosen Flamingos, in einem Traumzauberbaum. Er hat sie in den Wolken gesucht. In Italien. Im Rotwein. Im Regen. Und manchmal geht er barfuß ins Bett. Er hat die Farbe der Vokale ausgespuckt wie eine tote Auster. Er schrieb ein Schweigen in die Glut und hat sich als Grafik-Designer erfunden. Axel trägt die Klamotten von Nick Drake auf und küsst die Nacht, bis der Spannungsbogen albern knistert. Axel lässt sein Vokabular für uns „mit unversehrtem, bösartigem Herzen, mit einer tyrannischen Unschuld“ zur Ader.