Preview: Beats, Tempo, Soundexperimente. Glass Animals live (2017)

Wer die Glass Animals von Beginn an begleitet, für den dürfte nach dem Hören von Album Nummer zwei kein Zweifel mehr bestehen: Diese Band hat eine glanzvolle Zukunft vor sich.
„ZABA“ – ein Album, dass vielen den Glauben daran zurückgab, dass Platten kleinerer unbekannterer Independent-Bands doch noch der Musik wegen und nicht aufgrund einer fetten Promtionmaschinerie Erfolg haben können. Das Debüt der Glass Animals wurde ein riesen Erfolg. Alles klang ein bisschen nach Dschungel, nach Dickicht, nach schwülen, schweißdurchtränkten Nächten. Der Erfolg führte die Glass Animals um den gesamten Globus. Jeder wollte wenigstens ein Stück von ihnen ab haben – sehen wie dieser neuartige Sound live funktioniert. Er tat es fantastisch. Jetzt legen die Durchstarter Album Nummer zwei vor.

Nach der Vorabsingle „Life Itself“ wurden erste kritische Stimmen laut: Zu poppig, zu sehr Richtung Mainstream. Alles Bullshit. Der Song ist ein Ohrwurm, ja. Aber einer von der Sorte, den man sich selbst herbeiführt, weil die Replay-Taste auf das Äußerste belastet wird. Mit „Youth“ folgte die zweite Single. Sie erinnerte mehr an „ZABA“. Verspielt, ein wenig mystisch, schwummrig und leiernd. Dennoch war spätestens danach klar: Es hat sich einiges getan. War die Schiene, die die Glass Animals auf dem Debüt noch fuhren recht eingleisig, wagt man sich jetzt mehr. „Season 2 Episoe 3“ erinnert mit seinen Super Mario-Geräuschfetzen zum Beispiel an nostalgische Zeiten vor der Konsole.

Außerdem ziehen sich Field Recordings von aufgenommen Gesprächen während der Tour zur ersten Platte durch das gesamte Album. Es wird einfach alles verarbeitet, was musikalisch nicht niet und nagelfest ist. Im Ergebnis ist das extrem tanzbar, holt die „ZABA“-Enthusiasten von damals ab, öffnet aber auch den Weg sich als Band musikalisch weiter zu entwickeln.

Wenn an „How To Be A Human Being“ etwas besonders heraussticht, dann sind das nicht die fetteren Beats, das angezogene Tempo, der dominantere Gesang oder die noch experimentelleren Soundkollagen. Es ist es vor allem das in jeder Sekunde hörbare Selbstverständnis darüber, einen ganz eigenen Sound erschaffen zu haben. Etwas, das nur den wenigsten gelingt.

„ZABA“ mag der Überraschungserfolg gewesen sein, mit dem niemand – wahrscheinlich am wenigsten die Glass Animals selbst – gerechnet haben. Es ist aber das Fundament auf dem „How To Be A Human Being“ aufbaut und dass die Glass Animals zu eine der derzeit wichtigsten Bands des Indiekosmos macht. Die Zeit sich hinter verworren-nebligen Soundschwaden verstecken zu wollen ist vorbei. Das Mysterium weicht der Klarheit. Der Klarheit darüber, die Rolle im Underground gegen das Spotlight, die kleinen stickigen Clubs gegen die großen Stages und Zurückhaltung gegen ein breites Selbstbewusstsein zu tauschen. Müsste man den heutigen Zeitgeist mit einer Band gleichsetzen, es wären die Glass Animals.

 

Die Dates:

  • 27.04.2017 Berlin, Astra Kulturhaus
  • 28.04.2017 München, Muffathalle
  • 29.04.2017 Köln, Gloria-Theater

Links:
www.glassanimals.eu

Veranstalter:
prime entertainment GmbH

 

Axel Ganguin
Axel Ganguinhttp://www.ganguin.com
Axel Ganguin hat ungeduldig die Alchemie der Worte studiert. In alten Büchern, in farblosen Flamingos, in einem Traumzauberbaum. Er hat sie in den Wolken gesucht. In Italien. Im Rotwein. Im Regen. Und manchmal geht er barfuß ins Bett. Er hat die Farbe der Vokale ausgespuckt wie eine tote Auster. Er schrieb ein Schweigen in die Glut und hat sich als Grafik-Designer erfunden. Axel trägt die Klamotten von Nick Drake auf und küsst die Nacht, bis der Spannungsbogen albern knistert. Axel lässt sein Vokabular für uns „mit unversehrtem, bösartigem Herzen, mit einer tyrannischen Unschuld“ zur Ader.

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