Atlantean Kodex: The Course Of Empire (2019) Book Cover Atlantean Kodex: The Course Of Empire (2019)
Epic Metal
Ván Records
13.09.2019
www.atlanteankodex.de

Tracklist:

  1. The Alpha And The Occident
  2. People Of The Moon
  3. Lion Of Chaldea
  4. Chariots
  5. The Innermost Light
  6. A Secret Byzantium
  7. He Who Walks Behind The Years
  8. Spell Of The Western Sea
  9. The Course Of Empire
  10. Die Welt Von Gestern

1986 veröffentlichten Slayer mit „Reign In Blood“ das Beste und schnellste Thrash Metal-Album aller Zeiten. Doch dann standen sie vor einem Problem: Noch schneller und härter war nicht mehr möglich, also was tun? Das einzig Richtige: Man drosselte das Tempo, wurde böser, diabolischer und erschuf so einen weiteren Klassiker namens „South Of Heaven“. Was das mit den bayerischen Epic Metal-Mythologen Atlantean Kodex zu tun hat? Sie standen vor genau dem gleichen Problem. Mit „The White Goddess“ erschufen sie 2013 das bisher beste deutsche Metal-Album dieses Jahrtausends (das sind wohlbedachte Worte und keine Hirngespinste, die durch Euphorie entstanden sind. Hand aufs Herz: welches andere Werk in dieser Kategorie kommt auch nur auf Augenhöhe mit „The White Goddess“? Eben, keines. Vorschläge für Diskussionen dürfen aber gerne eingereicht werden). Es war bereits zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und ist es auch noch heute ein unglaublich hellstrahlendes Licht, dass ALLES in sich vereinte, dass ein perfektes Metal-Album benötigt: unsterbliche Melodien, Göttliche Harmonien, Killer-Riffs, spannungsgeladene Arrangements, bombastische Chöre und Gänsehaut-Feelings, die dich mit dem Album eins werden lassen, sodass man es miterlebt, mitfühlt und mitleidet. Sowas schreibt man in der Regel nur einmal in seinem Leben und kann man daher auch nicht übertreffen.

Als bekannt wurde, dass es dieses Jahr endlich eine neue Atlantean Kodex-Platte geben würde, war die einzige Frage, die ich mir stellte, wie gut und nahe würde sie an „The White Goddess“ heranreichen? Doch es kamen Szenestimmen aus den verschiedensten Ecken, die behaupteten, „The Course Of Empire“ sei NOCH besser als der Vorgänger. – „Nein, unmöglich! Wie soll das gehen?!“, waren meine Gedanken. Nun, nach mehrfachem Hören, muss es eine Antwort darauf geben. Ist sie WIRKLICH besser? Ja und nein!

Ich bin sprach- und fassungslos, denn was uns in den knapp 63 Minuten geboten wird, ist wahrlich meisterlich. „The Course Of Empire“ klingt deutlich anders als sein Vorgänger, aber es sind unverkennbar Atlantean Kodex. Man hat den Spagat tatsächlich geschafft, den Sound weiter auszubauen, bewegt sich aber immer im Rahmen der eigenen Trademarks. Es fällt auf, dass die Gitarren deutlich härter und dominanter sind, die Drums klingen herrischer und wuchtiger und Markus Beckers Gesang ist wirklich nochmal besser geworden. Im Ganzen wirkt das Album kantiger, roher, eckiger, düsterer, bedrohlicher, vielschichtiger und monumentaler. Es braucht ein paar Durchläufe mehr, bis man die teils komplexeren Songs verinnerlicht und verstanden hat. Hat man hinter dieser „Fassade“ geblickt, eröffnen sich neue Welten aus Detailreichtum und versteckten Melodien, die erneut Herz und Seele berühren. Ich könnte vor Freude und Ergriffenheit losheulen beim epischen Mittelteil von „People Of The Moon“, ehe ich vollkommen aufgelöst erneut den Refrain mitsinge („Holy – Holy!“). „Charitos“ drückt den Hörer massiv in Sand der Gladiatorenarena, wie einst in den Hochzeiten von Manowar (Wer war das eigentlich nochmal?), das „Interlude“ „The Innermost Light“ ist ein herrlicher Brückenschlag zu „A Secret Byzantium“, bei dem sich Bathory und Solstice-Gedankengänge breit machen, ehe der wahre Grower „He Who Walks Behind The Years“ mit seinen versteckten Melodien nur so spielt („…in the distance drums are calling…“). „Zugänglicher“ ist bei „Lion Of Chaldea“ zutreffend, der seine Dio/Rainbow-Verneigung nicht versteckt und ihn man als „Hit“ bezeichnen könnte. Zum Schluss gibt es noch mit dem Titeltrack die „Epic As Epic Can Be“ -Vollbedienung, ehe mit dem beklemmenden Outro „Die Welt Von Gestern“ alles in Flammen aufgeht und einen einsam und verloren zurücklässt (hört euch das mal bei Nacht an, wirkt NOCH intensiver!).

„Empires rise, empires fall“ heißt es zu Beginn in „The Alpha And The Occident“ (dessen Faden im Titeltrack wiederaufgenommen und als Refrain verwendet wird - Der Kreis schließt sich), trifft das auch auf Atlantean Kodex zu? Denn es hat keine andere (deutsche) Band geschafft in den letzten rund zehn Jahren, quasi aus dem Stand heraus, einen musikalischen Nerv zu treffen, der viele der in der Metal-Gemeinde vereint. Ehe man sich versah, hatte diese Underground-Band einen „Kult“- bis hin zu einem „Gottheit“-Status inne, die sie spätestens mit ihrem Zweitwerk „The White Goddess“ festigten. Die wegweißende Formel „Drittes Album – Make It Or Break It“ findet hier nicht statt, denn Atlantean Kodex sind keine professionelle Band, die vom Management von einem Pressetermin zum nächsten gehetzt wird und regelmäßig neue Platten und Touren hinterher schiebt. Sie sind eine professionelle „Hobbyband“, die selbst entscheiden wann und wo sie auftreten und sich Zeit lassen für ein neues Album. Das macht sie authentisch und sympathisch - So, fuck that rule! Das „Empire“ Atlantean Kodex fällt nicht, im Gegenteil: Es steigt und erhebt sich immer weiter. Sie hatten einen immensen Druck und eine verdammt hohe Bürde an Erwartungshaltungen, die sie aber standhalten und in manchen Bereichen (unglaublich, aber wahr) sogar noch toppen konnten. Dennoch finde ich, dass „The Course Of Empire“ in seiner Gesamtheit nicht besser als „The White Goddess“ ist. Ja, ich gebe zu, das Zweitwerk ist für mich ein persönlich unverzichtbares Album, das für immer und ewig unerreichbar und somit unantastbar bleibt. Aber ich werde und kann es nur gleichberechtigt lieben und ehren. Ich sehe es vergleichbar mit seinen beiden Elternteilen: „The White Gddess“ ist die jüngere, zierlichere, liebevolle und sorgenvollere Mutter, während „The Course Of Emire“ der ältere, strengere und von markanteren Erlebnissen gezeichneter Vater ist. Ich habe Mutter eben lieber…

Fakt ist:
Dieses Album wird polarisieren, kometenhaft in der Szene einschlagen und seinen Platz in der Metal-Historie finden. Falls es noch irgendwelche Zweifel geben sollte: „The Course Of Empire“ ist das Album des Jahres 2019!

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Michael Gerlinger
Bei Mike handelt es sich im Einzelnen um allerhand mittelfränkische Verhandlungsmasse, ein wahrer Gentleman, ein wahrer Poet Den Löwenanteil seiner irdischen Sternzeit fristet Metalmike, wie wir ihn nennen, auf 49°17`60" N, 10°33`34" O in der Multi Media Abteilung eines Glücksgefühl-Sortimentas. In den 90ern war Gentlemicha der erste, der sich “Musik ist (mein) Leben!” auf die Pommesgabel hat tätowieren lassen, deswegen reichte das Taschengeld auch nicht für ‘ne Baumpatenschaft. Weil Metalmike jeden Tag einen Clown frühstückt, sperren wir ihn in der Regel statt Jack in die Box und füttern ihn für den Rest des Tages hauptsächlich mit Rock- und Metalscheiben, von Weichspülern bis hin zum richtig steilen Zeug à la Mgla, Lifelover und Co.