Review: Das große Grand Hotel van Cleef lädt zur Weihnachtsfeier (07.12.2018, Hamburg)

Weihnachtsfeiern. Mittelgutes Essen. Mittelschlechter Wein … und dann noch dieser maximalschlimme Kram mit dem Zwischenmenschlichen. Irgendwer beleidigt zu laut den Chef, andere knutschen aus Versehen im Kopierzimmer.

Fortuna Ehrenfeld (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)
Grillmaster Flash (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

All das wird den zahlenden Gästen in Hamburg glücklicherweise erspart. Stattdessen gibt’s supergute Musik. Als Hauptact sind Fortuna Ehrenfeld angekündigt, welche zum Glück auch gleich ‘nen guten Wein mitgebracht haben. Der/die supermegageheimen Specialgäste bleiben geheim.
Zumindest, bis GHvC’s neue Geheimwaffe Grillmaster Flash mit einer anständigen Rede, wie es sich gehört, die Feierlichkeiten eröffnet und zu jeder Weihnachtsfeier gehört natürlich ne gute Story über den Chef, an dieser Stelle Thees Uhlmann, worum es genau ging, verschwimmt im Rotweinrausch. Irgendwas mit Bahnfahren, teurem Rum und Pferdepostern. Auch ein kurzes Ständchen gibt Grillmaster Flash zum Besten.

POMMES SIND NICHT DAS VOLK.

Kurz und knackig. Die Gitarre wandert wenige Sekunden später bereits in die Hände von Dorit Jakobs, die mit einem etwas anderen, wehmütigen Weihnachtslied aufwartet. Nach nur zwei Songs verlässt auch Dorit Jakobs wieder die Bühne und Verwunderung macht sich breit. Für ein supermegaspezielles Vorprogramm waren nur drei Songs dann doch etwas kurz.

Dorit Jakobs (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Lange Zeit passiert nichts, bis Grillmaster Flash dann doch noch Hannes Wittmer ankündigt, welcher den meisten wohl unter dem Namen Spaceman Spiff ein Begriff sein dürfte, dessen neues Album „Das große Spektakel“ exklusiv auf seiner Homepage gratis zum Hören und Fühlen, bzw gegen eine freiwillige Spende, zur Verfügung steht, um sich mutig abzuwenden von all Jenem, was in der kommerziellen Musikindustrie alles schief läuft.

Hannes Wittmer (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Das Publikum ist erfreut über den neuen Überraschungsgast  und schnell entsteht der eine oder andere kumpelhafte Dialog zwischen Gästen und Künstler. Wittmer hat mehr als nur zwei Songs im Gepäck und erfüllt gern den einen oder anderen Liedwunsch. So könnte es natürlich den ganzen Abend bleiben, aber da kommt ja noch wer.

Das heilige Kanonenrohr, Samstag frei und noch nichts vor

Fortuna Ehrenfeld (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)
Fortuna Ehrenfeld (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Fortuna Ehrenfeld. Grand Hotel van Cleefs neues Lieblingstrio um den Kölner Martin Bechler konnte im gesamten letzten Jahr beim unermüdlichen Touren durch die kleinsten Läden unserer Republik beobachtet werden, umso schöner, dass das Knust an diesem Abend rappelvoll daherkommt. Was noch viel beeindruckender und vor allem erfreulicher ist, dass bei so ziemlich jedem Gast alle Texte sitzen. Mitsingchöre wie diese haben sich die Fortunas redlich verdient. Der ausgelassenen Stimmung steht an diesem Abend nichts im Wege, auch bedrohliche, pyjamatragende Doppelgänger im Publikum werden glitzerschweinchenrosagrinsend akzeptiert.

Es steht an jeder Laterne und in manchem Gesicht
So als hätte man Wölfe unter die Menschen gemischt
Dauert nicht mehr so lange, dann schlägt hier irgendwas ein
Richtige Sternzeit, falscher Wein

Fortuna Ehrenfeld (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Von der Qualität ihrer ungewöhnlichen Schützlinge überzeugen sich auch Labelchefs Wiebusch und Burstorff, die sich unauffällig unters Publikum mischen, haben ja eh nur alle Augen und Ohren für die Fortunas. Einziges Manko: Die Setlist rast nur so vorbei.  „Arsch am Meer“ hin oder her, irgendwann muss man halt wieder zurück ins Hamburger Schmuddelwedder. Hoffentlich sind die Bärentatzenschlappen wasserfest.

Fortuna Ehrenfeld (Foto: Thea Drexhage bs! 2018)

Galerien (by Thea Drexhage bs! 2018)
Dorit Jakobs (07.12.2018, Hamburg)
Grillmaster Flash (07.12.2918, Hamburg)
Hannes Wittmer (07.12.2018, Hamburg)
Fortuna Ehrenfeld (07.12.2018, Hamburg)

Links:
www.grillmaster-flash.de
www.doritjakobs.de
www.hanneswittmer.de
www.fortuna-ehrenfeld.de

Thea Drexhage
Thea Drexhagehttps://www.be-subjective.de
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.

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