Review: Eisbrecher – von Eisbären, Schnee und Gummipuppen (07.10.2017, Leipzig)

Am 07.10.2017 ist es endlich soweit. Alexander Wesselsky und seine Bandkollegen von Eisbrecher statten im Rahmen ihrer „Sturmfahrt“-Tour dem Haus Auensee in Leipzig einen Besuch ab. Mit im Gepäck: (Plüsch-)Eisbären, Schnee und die Herren von der Unzucht.

Das Wetter an diesem Tag passt sich an den Tour-Namen an. Die Fahrt nach Leipzig bei Regen und Wind drückt die Vorfreude auf den musikalischen Abend noch ein wenig. Gegen 18:45 Uhr gibt es erst einmal Stau vor den bereits gut gefüllten Parkplätzen. Eine unglaublich lange Menschenschlange windet sich trotz Dauerregen an der Straße entlang bis zum Eingang der heutigen Lokation. Lieber noch ein paar Minuten im Auto warten, denn der Einlass läuft bereits auf Hochtouren. Der Plan funktioniert – 10 Minuten später stehen nur noch wenige Fans vor dem Tor. Nachdem das Bändchen-Problem geklärt ist – Gaffa Tape hält auch auf aufgeweichtem Papier – geht es endlich ins Trockene. Das Konzert ist ausverkauft. In der Halle steigen die Temperaturen schon, bevor auch nur ein Musiker seinen Fuß auf die Bühne setzt.

Pünktlich 20:00 Uhr erlischt das Licht und eine Jubel-Welle schallt durch die Dunkelheit. Es zeigt sich wieder, dass die Kombination aus Eisbrecher und Unzucht spitzenmäßig funktioniert. Kaum ein Support wird vom Publikum so gefeiert wie die Dark-Rocker aus Hannover. Ein Anheizen ist eigentlich nicht mehr nötig – die Stimmung kocht bereits. Doch dies ist Frontmann Daniel Schulz noch nicht genug.

Das fühlt sich so gut an! Leipzig, macht mal Kraaaach!

Unzucht (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Das lässt sich Leipzig nicht zweimal sagen. In der Setlist überwiegen Songs ihres aktuellen Studioalbums „Neuntöter“. Doch auch ältere und immer noch beliebte Stücke wie „Deine Zeit läuft ab“ dürfen nicht fehlen. Kaum Zeit zum Verschnaufen. Lediglich beim traurigen „Nur die Ewigkeit“ wird es in der Halle ein wenig ruhiger, da viele nun in Gedanken bei einer geliebten Person sind, die sie irgendwann verloren haben. Danach geht es mit „Ein Wort fliegt wie ein Stein“ und „Engel der Vernichtung“ rockig weiter, bevor Unzucht die Bühne nach etwa 45 Minuten Spielzeit für den Hauptact des Abends freigeben.

Um 21:15 Uhr erlischt erneut das Licht im Haus Auensee. Ein Vorhang versperrt jedoch noch die Sicht auf die Musiker, die sich während des Intros auf die Bühne schleichen.
Der Vorhang fällt und der Geräuschpegel steigt schlagartig an. Ein Hoch auf Gehörschutz. Mit „Sturmfahrt“ legen Eisbrecher gewohnt gutgelaunt los. Drei Songs später möchte Frontmann Alex wissen, wer im Publikum tatsächlich aus Leipzig ist und wer nicht. Die „echten“ Leipziger sind – wenig überraschend – in der Unterzahl. Doch egal woher – feiern können sie alle.

Eisbrecher (Foto: Janina Lindner bs! 2017)
bs! sucht DICH!

Die Eisbrecher-Setlist besteht erwartungsgemäß ebenfalls aus einer Mischung von älteren und neuen Songs. Diesmal präsentieren uns die Herren sogar ihre Coverversion von Ideals „Eisbär“. Dafür werfen sie sich in schicke weiße Anzüge. Dem Publikum – bestehend aus Männer, Frauen und Kindern jeglichen Alters sowie einer Gummipuppe – gefällt dies sehr.
Sänger Alex „moderiert“ zwischen allen Songs – fragt u. a. wer an „Die Engel“ glaubt oder versucht Drummer Achim an die Frau zu bringen. Ob es an diesem Abend noch funktioniert hat, entzieht sich der Kenntnis der Redaktion. Aber falls nicht, baut ihm Alex vielleicht einfach einen „Prototyp“. „Ausziehen“-Rufe funktionieren bei den Musikern übrigens nicht – sie ziehen sich lieber an. Im Wintermantel spielen sie „Eiszeit“ und lassen es auf der Bühne kräftig schneien. Ja, Eisbrecher haben keine Kosten und Mühen gescheut, um ihren Fans auch was fürs Auge zu bieten. Zugleich ein kleines Lob an dieser Stelle an den Licht-Techniker der Band, dem es immer wieder gelingt, eine besondere Atmosphäre zu schaffen.

Eisbrecher (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Vor „Was ist hier los“, der viel gelobten ersten Single ihres aktuellen Albums „Sturmfahrt“, möchte Alex noch etwas wissen:

„Könnt ihr noch? Wollt ihr noch? Sollen wir noch?“

Eisbrecher (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Natürlich! Ein Eisbrecher-Fan kennt doch keine Müdigkeit!
Mit „This is Deutsch“ – der „neuen Nationalhymne“ laut Alex – und nicht enden wollenden CO2-Fontänen, verabschieden sich die fünf Musiker vorläufig von der Bühne. Ganz ehrlich – ich hasse auf Konzerten die „Einer geht noch, einer geht noch rein…“ Gesänge. Leider erfreuen sie sich unter Eisbrecher-Fans inzwischen anscheinend großer Beliebtheit. Glücklicherweise stimmen einige Anwesende dann doch noch erfolgreich die klassischen „Zugabe“-Rufe an.

Nach dem obligatorischen „Miststück“, dem neuen Song „In einem Boot“ sowie fliegenden Plüsch-Eisbären verabschieden sich Eisbrecher schließlich endgültig und die Massen strömen aus der Halle in die Nacht.

Fotos (by Janina Lindner bs! 2017):

Eisbrecher (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Setlist Unzucht:

  1. Intro
  2. Der dunkle See
  3. Widerstand
  4. Lava
  5. Unzucht
  6. Deine Zeit läuft ab
  7. Neuntöter
  8. Nur die Ewigkeit
  9. Ein Wort fliegt wie ein Stein
  10. Engel der Vernichtung
Eisbrecher (Foto: Janina Lindner bs! 2017)

Setlist Eisbrecher:

  1. Intro
  2. Sturmfahrt
  3. Willkommen im Nichts
  4. Das Gesetz
  5. Automat
  6. Fehler machen Leute
  7. Eisbär (Ideal Cover)
  8. Amok
  9. So oder so
  10. Die Engel
  11. Prototyp
  12. Himmel, Arsch und Zwirn
  13. Wo geht der Teufel hin
  14. Eiszeit
  15. 1000 Narben
  16. Was ist hier los?
  17. This is Deutsch
    Encore
  18. Verrückt
  19. Drums vs. Machine
  20. Miststück (Megaherz Cover)
    Encore 2
  21. In einem Boot

Links:
www.eis-brecher.com/
www.facebook.com/Unzucht

Janina Lindner
Janina Lindnerhttp://www.kleine-fotowelt.de/
Janina haben wir in der Mitte Deutschlands ausgesetzt, dort wohnt sie nun, wenn sie nicht gerade auf Festivals rumstreunt, bei einem Kater, der ihr gelegentlich Obdach gewährt. Sie hat als erste unser Bootcamp für Musiksüchtige mit “unbelehrbar” abgeschlossen und gilt als gemeingefährliches 80s Radar. Wir konnten die Frau nicht mal vom Singen im Auto abbringen, damit steht sie sich und ihrer Karriere als Taxifahrerin mit mindestens drei Halbtonschritten im Weg. Immerhin spricht sie fließend Ironisch und amüsiert sich auf Konzerten köstlich über die neidvollen Blicke Umstehender, wenn sie ihr "großes Rohr" auspackt. Janina liiiiebt ihr 70-200 mm und kann auch damit umgehen... Es kommt eben doch auf die Größe an.

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