Review: E-Werk Ost Festival 2016 (04.03.2016, Dresden)

Zugegeben es ist schon eine ganze Weile her, dass ich mich so zeitig in Richtung Strasse E zum ansässigen Kulturzentrum aufgemacht habe, der frühe Beginn erforderte aber diesen Umstand. Vor der Halle waren die Einrichtungen platziert, welche für das leibliche Wohl des Publikums an diesem Abend sorgen sollten. Einlass war diesmal der Bunker, die Institution in Sachen Gothic-Kultur im Elbflorenz und welche kürzlich sein 20jähriges Bestehen feiern durfte. Die Treppen hinauf in den oberen Bereich und vorbei an Garderobe bzw. Merch-Stand, wo sogar mit einer kleinen CD- & LP-Börse für das zahlungswillige Publikum bestens gesorgt war, ab weiter in die Reithalle zur Bühne.

virus mensch

Dort angekommen starteten Battle Scream in ihrer Heimatstadt pünktlich mit ihrem Set. 17:30 Uhr an einem Freitag als Erster, einziger Act in klassischer Band-Besetzung, plus kurzfristiger krankheitsbedingtem Ausfall des Schlagzeugers – all dies konnte die Dark Electro Rocker nicht davon abhalten, den noch nicht so zahlreich Anwesenden ordentlich einzuheizen. Sie nutzten dabei auch die Gelegenheit, neue Stücke aus dem im Mai erscheinenden Album „virus mensch“ zu präsentieren. Die treue Fanschar der Dresdner sorgte, zusammen mit dem sehr guten Sound, für einen gelungen Festivalauftakt.

Henric de la Cour (Foto: Frank Buttenbender)
Henric de la Cour (Foto: Frank Buttenbender)

Nach kurzer Umbaupause ging es gleich weiter mit Henric de la Cour, der mir ehrlich gesagt bis zuletzt noch völlig unbekannt war. Nach Sichtung des audiovisuellen Materials des Künstlers meinerseits, war ich dann recht gespannt. Als der Schwede mit seinen Begleitern die Bühne betrat, wurde er vom anwesenden Publikum auch gleich begeistert empfangen. Leider traf er für meinen Geschmack bei einigen Songs nicht richtig die Töne und war somit leider ein weiterer Beweis für den oft beschriebenen Unterschied zwischen guter Studio-Produktion und schlechter Live-Performance.

Assemblage 23 (Foto: Frank Buttenbender)
Assemblage 23 (Foto: Frank Buttenbender)

Nachdem sich nun auch die arbeitende Bevölkerung bzw. die auswärtig Angereisten in der Reithalle eingefunden hatten, folgte Tom Shear aus den USA mit seinem Elektro-Projekt Assemblage 23 als dritter Act. Vom Publikum bejubelt und mit gutem Sound ausgestattet begann die Band mit Ihrem Set. Für mich persönlich war es musikalisch gesehen keine große Herausforderung, habe mich deshalb während des restlichen Konzerts um Speis und Trank gekümmert. Das war bei den Isländern von Legend schon ganz anders. Das Duo, live u.a. mit Schlagzeug unterstützt, musste zwar am Anfang ihrer Show mit technischen Problemen kämpfen. Aber besonders die druckvolleren schnelleren Tracks haben nicht nur mich überzeugt und wurden dementsprechend auch vom Publikum gefeiert.

Legend (Foto: Frank Buttenbender)
Legend (Foto: Frank Buttenbender)

HoCico HoCico

Hocico (Foto: Frank Buttenbender)
Hocico (Foto: Frank Buttenbender)

Mittlerweile war es 21.10 Uhr, die Reithalle sehr gut gefüllt und alle warteten auf…HoCico HoCico Hocico. Die ersten Töne erklingen, zwei in Ganzkörperanzügen schwarze Engel darstellende Gestalten betreten die Bühne, schlagen passend zum Intro auf die Trommeln ein. Als dann Rasco Agroyam bzw. Erk Aicrag folgten, kannte das Publikum kein Halten mehr und von der ersten bis zur letzten Sekunde – Aggrotech at his best. Die Performance der beiden kann man als Personifikation von Ying & Yang sehen, während der Eine ziemlich still hinter Keyboard bzw. Synthies steht, fegt der Andere wie der Teufel höchstpersönlich über die Bühne und feiert dabei sich, das Publikum bzw. jeden einzelnen Song. Dies in Kombination mit den bizarren und teilweise etwas verstörenden Projektionen an die Videowand ergaben wieder ein Mal ganz großes (Ohren-)Kino von Hocico. Einziger Hacken, Sie durften keinen Bonus Track spielen.

Front Line Assembly (Foto: Frank Buttenbender)
Front Line Assembly (Foto: Frank Buttenbender)

Nun war also alles vorbereitet für den Headliner des E-Werk Ost Festival 2016, schließlich sollten jetzt niemand geringeres als Front Line Assembly um Mastermind Bill Leeb ein weiteres Highlight an diesem Abend für die anwesende Zuhörerschar setzten. FLA, die EBM-Legende aus Kanada, welche in den letzten 30 Jahren schon oft kopiert aber nie erreicht wurde, hat es leider nicht geschafft. Das machte sich schon nach zwei Songs bemerkbar und war auch nicht von der Band selbst verschuldet, sondern dem matschigen Sound-Mix. Dies haben mir einige aus dem Publikum bestätigt, die beim letzten Konzert von FLA im Jahr 2013 hier an gleicher Stelle anwesend waren, bzw. davon mehr Ahnung haben.

E-Werk Ost 2016
E-Werk Ost 2016

So war es auch nicht weiter verwunderlich, dass ab Höhe der PA-Anlage sich der Saal spürbar lichtete und so mehr Leute an der Bar oder zum Rauchen vor der Halle wieder fanden bzw. gleich auf den Weg nach Hause machten. Dieser Umstand hatte sich im Übrigen auf der anschließend stattfindenden After Show-Party bemerkbar gemacht. Da half auch nicht die Tatsache drüber hinweg, dass FLA eine halbe Stunde länger spielen durften als geplant, sondern dies trug nicht nur bei mir zu noch mehr Unverständnis bei, da bei Hocico der Sound-Mix sehr gut war, die aber wiederum nicht eine einzige Zugabe spielen dürften.

Da ich letztes Jahr nicht anwesend war, kann ich auch kleinen Vergleich ziehen und somit lautet mein Fazit: BATTLE SCREAM mit gutem Start, HENRIC DE LA COUR konnte Live nicht überzeugen, ASSEMBLAGE 23 solide, LEGEND mit positiven Überraschungen, HOCICO das absolute Highlight, FRONT LINE ASSAMBLY soundtechnisch enttäuschend an diesem Abend.

Tobias Richter

Weitere Fotos vom E-Werk Ost Festival 2016:

Alle Fotos stammen von Frank Buttenbender der uns hier mit Fotos aushalf. Lieben Dank dafür!

Links:
www.mindphaser.com
www.hocico.com
www.facebook.com/Legendband
www.assemblage23.com
www.facebook.com/HenricDLC
www.battlescream.de

Veranstalter:
Amphi Festival GmbH

Örtlicher Veranstalter:
KAD Konzertagentur Dresden

Tobias Richter
Tobias Richterhttps://www.facebook.com/mischband/
Jeder sollte einen Tobi haben. Keiner von uns hat ihn je gesehen, der Typ ist einfach zu groß und artig, der schmeißt aufgeblasene orange Dinger in Einkaufsnetze und - wie man so hört - muss sich der Ü190 Hüne dafür bücken. Eat Sleep Ball Repeat. Ansonsten ist ein Tobi einer, der Kassetten professionell aufwickeln kann, "der immer Ärger macht, der Streiche spielende Anstifter, der, der süchtig nach Furcht ist, ein Sinnbild für Gefahr." Jeder sollte einen Tobi haben. Und eine B-Seite.

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