Schrottgrenze: Glitzer auf Beton (2017)  Book Cover Schrottgrenze: Glitzer auf Beton (2017) 
Indie-Rock
Tapete Records
20.01.2017
www.schrottgrenze.de

 

Tracklist:

  1. Glitzer auf Beton
  2. Sterne
  3. Januar Boy*
  4. Lashes to Lashes
  5. Ostern
  6. Halbfrei
  7. Schlaf die Schmerzen weg
  8. Dulsberg
  9. Seit gestern
  10. Zeitmaschinen
  11. Spuren von Dir
  12. Christiane

 

Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, dass Schrottgrenze ihr letztes Album „Schrottism“ auf den Markt gebracht haben. Das war 2007, ein Jahr indem Titel wie Rihannas „Umbrella“ oder „Junge“ von Die Ärzte die Charts beherrschten, um das Ganze kontextual einzuordnen. In zehn Jahren Musikgeschehen kann viel passieren: Bands trennen sich, neue Künstler sprießen aus dem Boden und auch der eigene Musikgeschmack durchlebt den ein oder anderen Wandel. Umso schöner die Überraschung Ende 2016, eine Nachricht, die die eigene Erinnerung eine ganze Dekade zurückwirft: Schrottgrenze kommen zurück auf die großen und kleinen Bühnen und bringen ein neues Album mit. Ein Satz den man erstmal sacken lassen muss. „Wie lange ist das eigentlich her?“.

Spannend ist es, die neue Scheibe „Glitzer auf Beton“ in den Händen zu halten. Die gediegenen Farben früherer Schrottgrenze-Cover weichen knalligem Pink. Wie werden sie heute klingen? Solange ist es her…

Wer auf einen völligen Stilwandel hofft, wird bei den ersten Tönen des Titeltracks „Glitzer auf Beton“ sofort eines Besseren belehrt: Das sind eindeutig die Schrottgrenze, die wir 2010 so traurig verabschiedet haben. Die unveränderte Stimme von Alex Tsitsigias, gepaart mit poppigen Gitarrenklängen sorgen für den typischen Schrottgrenze-Sound. Lediglich die Thematik der Lieder hat sich etwas geändert. Tsitsigias singt über die vergangenen zehn Jahre und persönliche Veränderungen. Es wird sich queer durch gängige Genderproblematiken gesungen. So auch im zweiten Song „Sterne“:
„Das ist für Boys* und Girls* und alle In-Between, das ist für alle mit Sternchen, die sich dem Hass hier stellen.“

„Glitzer auf Beton“ richtet sich an alle Liebenden, egal welcher Herkunft und welchen Geschlechts. „Lieb doch einfach, wen du willst.“, Botschaften, die gar nicht oft genug betont werden können. Tsitsigias räumt auf mit Vorurteilen und öffnet sich den HörerInnen. So auch in „Lashes to Lashes“, einem Höhepunkt der Platte. Während Tsitsigias über das Leben als Queen singt, verzeiht man sogar den exzessiven Griff in die Anglizismenkiste. Die Thematik zieht sich durch die meisten Songs der Platte und auch musikalisch gibt es keine größeren Ausbrüche. Indie-poppig-nett dudeln die Gitarren, rundgelutschte Mitsingmelodien gehen sofort ins Ohr während sich die restlichen Instrumente dezent im Hintergrund halten. Texte wie „Ostern“, „Dulsberg“ und „Schlaf die Schmerzen weg“ arbeiten an der Vergangenheit, erzählen davon, sich fehl am Platz zu fühlen, wirken, wie das komplette Album, autobiografisch und durch die leichten Melodien erst beim zweiten Hören traurig.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Schrottgrenze sind zurück! Und das ist gut. Für die alten HörerInnen ist „Glitzer auf Beton“ eine Zeitreise zu alten Alben wie „Château Schrottgrenze“ oder „Das Ende unserer Zeit“. Nostalgie macht sich breit. Die Platte ist aber ebenso in der Lage, ein breites neues Publikum anzuziehen. „Glitzer auf Beton“ erscheint genau zur richtigen Zeit, denn selten war Liebe und Toleranz wichtiger.

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Thea Drexhage
Thea Drexhage hat Salma Hayek einiges voraus! 10 mm. Wie die meisten Frauen der Redaktion, Duffy, Beth Ditto, Joan Rivers oder Angus Young kann sie die MusikerInnen aus dem Bühnengraben also völlig problemlos sehen, wenn jemand ihren Hocker trägt, wird aber - das hat sie mit Salma dann doch wieder gemein - dennoch viel zu oft auf Ihre Körpergröße, ihre Mähne und ihre leicht misanthropischen Anflüge reduziert. Damit sie also nicht im nächstbesten Titty Twister von Sonnenunter- bis Sonnenaufgang Menschenmengen und Bläser mätzelt, halten wir “Aggro-Thea”, die zuvor ganze Landstriche in Mecklenburg Vorpommern ausgerottet hat, halbtags im spießbürgerlichen Oldenburger Exil an der langen Leine. Seither legt sich die scheißpünktliche existentialistische Besserwisserin analog mit Sartre, Camus & Kodak an und ja, auch wir müssen neidlos zugestehen, dass der Instagram-Account ihrer beiden Katzen “Salma” und “Hayek” mehr Follower pro Tag hat, als unser webzine im ganzen Jahr.