Review: Nightwish, Pain, Krieger (18.03.2008, Hannover)

Foto: Torsten Volkmer

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Das letzte Jahr stellte eine turbulente Phase für Nightwish dar, in der sich die Band und Sängerin Tarja Turunen trennten und eine Nachfolgerin suchten. Nach einiger Geheimniskrämerei wurde Anette als neue Frontfrau bekanntgegeben und ein neues Album produziert. Nun blieb noch das Geheimnis der neuen Livepräsenz zu lüften. Hannover kam bereits bei der Tour im Frühjahr 2008 in den Genuss und somit füllte sich die AWD Hall zum Konzerttermin beachtlich.

Zum Aufwärmen durfte das Publikum vorerst die deutsche Band “Krieger” auf der Bühne begrüßen. Die Bandmitglieder alleine erinnerten durch Statur und Auftreten an Krieger… die Musik weniger. Ein wenig Metal, ein wenig Melancholie, die an Blues angrenzte, kraftvolle Gitarren gepaart mit deutschen, teils recht provokanten Texten. Frontmann, Gitarrist und Sänger Thomas Baumgärtel allerdings sehr überzeugend mit kriegerischem Körperbau und mit insbrünstig gesungenen Songs. Trotz der Musik, die ein wenig an eine Mischung aus Rammstein, Onkelz und Punk erinnerte, entwickelte sich mehr eine nachdenkliche, andächtige Stimmung.

Foto: Torsten Volkmer

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Diese Atmosphäre durchbrach allerdings der zweite Supportact “Pain” aus Schweden. Die Band, die bereits am M’Era Luna 2007 im Hangar ordentlich Dampf gemacht hatte, überzeugte auch diesesmal wieder mit ihrem satten Metalsound. Lange schwarze Haare wirbelten über die Bühne und die brachialen kompromisslosen Gitarren in Kombination mit dreschenden Drums steckte das Publikum an, setzte es unter Feuer und ließ den Energien ihren freien Lauf. An Qualität und Liveeinsatz mangelte es nicht im geringsten und somit entließ das gut angstachelte Publikum Pain in bester Konzertstimmung und ideal auf Nightwish vorbereitet.

Nach kurzer Umbauphase erlosch auch schon das Licht und ein passend stimmungsvolles Intro kündigte das baldige Erscheinen des Hauptacts Nightwish ein. Unter tosendem Applaus erschienen auch nach und nach die einzelnen Bandmitglieder im Rampenlicht und glitten aus dem Intro in “Bye Bye Beautiful” über. In guter alter Nightwish Manier wurde natürlich auch nicht mit Pyro und Feuerwerkseffekten gespart. Sogleich bei den ersten beiden Songs legten sich die Meister des Feuers los und unterstützten “Bye Bye Beautiful” und das darauf folgende “Dark Chest Of Wonders” visuell. Frontfrau Anette strahlte eine einnehmende Freude und Motivation aus, die es dem Publikum unmöglich machte, sie nicht zu mögen.

Foto: Torsten Volkmer

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Von der ersten Minute an wurde Anette ins Herz geschlossen nahmen die Fans sämtliche Songs auf, sangen mit und jubelten Nightwish zu, als habe die Bandbesetzung niemals anders existiert. Die Songauswahl bestand aus einer guten Mischung von Songs des aktuellen Albums “Dark Passion Play” und alten Hits wie “The Siren” und natürlich das unangefochtene “Nemo”. Man kann nicht leugnen, dass das Stimmvolumen machmal von dem dröhnenden Sound von Gitarren und Drums ein wenig übertönt wurde, doch die warme Atmosphäre on Stage und der Zusammenhalt der Band rundete das Gesamtbild wieder ab. Die Harmonie zwischen den Bandmitglieder schien einfach im Gleichgewicht zu sein und es bereitete somit ein großes Vergnügen Marco und Emppu beim Gitarrenduell zuzusehen während Tuomas in sein Keyboard hackte. Majestätisch thronte dieser hinter seinen Instrumenten und im aufkommenden Nebel wirkte er mehr als einmal wie ein dämonischer Jack Sparrow (dessen Plasiktfigur passenderweise auch an einem der Keys prangte – anscheinend war die Ähnlichkeit mit einem der berühmtesten Piraten der heutigen Zeit, schon öfters aufgefallen).

 

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Der vorerst letzte der 11 Songs – Nemo – wurde durch künstichen Schnee, der über das Publikum rieselte, erst richtig zum Gänsehautsong. Zwar hatte es morgens schon geschneit in Hannover, doch Schnee IN der Halle war etwas ganz besonderes. Nach diesem Song, ordentlich Pyros und gewaltiger Stimmung erklärte Emppu dem Publikum den typischen Ablauf einer Zugabe “We go off. You scream. We come back!” Und er behielt recht. Weitere drei Song mit Knall und Effekten folgten, bevor Nightwish die Bühne verlassen durften.
 

Foto: Torsten Volkmer

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Die Tour der “neuen” Nightwish startete also mit großem Knall und für viele mit Sicherheit als große (positive) Überraschung. Zwar sitzt bei vielen Songs noch Tarja im Nacken. Man will es eigentlich nicht, denn für Nightwish begann mit dem Einstieg von Annett eine neue Ära. Doch es lässt sich bei Hits wie “Nemo” oder “Siren” einfach nicht vermeiden. Es ist mit Sicherheit nicht leicht in Tarjas Fußstapfen zu treten und jedermann sollte sich darüber im Klaren sein, dass es gesangstechnisch so gut wie unmöglich ist. Doch Anette punktet mit ihrem enorm sympathischen Gemüt und vor Allem bei den neuen Songs, die auf ihre Stimme zugeschneidert sind. Die neue Zukunft für Nightwish hat begonnen und mit ein wenig Umdenken und Zusammenhalt der Fans (was bei diesem Liveauftritt schonmal super geklappt hat), stehen die Sterne für Nightwishs Zukunft sichtlich gut.

Konzertfotos:

 

Torsten Volkmer
Torsten Volkmerhttp://www.torsten-volkmer.de
Volkmr, der Gründer des ehemaligen Goth-Zine.de, verdingt sich „selbst und ständig“ als Linsenputzer bei volkmr fotografie ihm seine Knipsklitsche, hat sich als Chefredakteur 2.0 selbst recycelt, die Metalfriese abgeschüttelt und kämpft mit be subjective! erfolgreich gegen hausgemachte Langeweile, Schubladendenken und seine Profilneurose an. Manchmal darf er auch die RedakteurInnen rumfahren oder Wassereis abstauben.

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