Berlin. Wir fahren nach Berlin. Hier findet mitten in der Woche, nach dem ausverkauften höllisch-guten Auftritt von Lacrimas Profundere und A Life Divided in Leipzig, das zweite Konzert der “Hope Is Human” Tour statt. Der Club “Bi Nuu” am Schlesischen Bahnhof in Berlin-Kreuzberg hat nicht nur einen lebendigen Namen, er liegt auch in einem äußerst belebten Viertel. Wer hier wie durch ein Wunder nach 20 Minuten verzweifelter Suche doch einen Parkplatz findet, hat auf gut Deutsch “Schwein gehabt”.
Aber Unmögliches ist eben doch möglich, ha!
Auch die Hoffnung auf einen Parkplatz ist schließlich irgendwie menschlich. Hope Is Human. Da wären wir wieder beim Tourmotto. Doch ganz so oberflächlich bleibt der Abend natürlich nicht. Hier geht es um viel mehr als Parkplätze. Das Bi Nuu ist ein schicker Club. Geräumig. Nicht zu klein, nicht zu groß. Die Discokugel an der Decke gehört auch hier zur Standard-Deko. Wer sich nicht direkt nach Einlass die Beine müde stehen will, nimmt an der gemütlichen Bar Platz.
Treue Zuschauer*innen überall
Im Publikum sind sofort die hartnäckigen MitreiserInnen zu erkennen, die (fast) jedes Konzert der Hope Is Human Tour mitgemacht haben und mitmachen. Ein äußerst treues Fantum! Riesig ist der Jubel als A Life Divided mit der ersten Headliner-Show des Abends starten. ZuschauerInnen stehen bereits vor Beginn der Show tanzbereit mit Armen in die Luft gestreckt da. Sie warten ungeduldig auf die ersten Silben und Takte. Dann legt die Band ENDLICH los.
Charismatisch und sehr sicher geben sich A Life Divided. Ihr guter Ruf eilt ihnen in jedem Fall voraus. Die Fans sind begeistert und äußerst fanatisch. Sie kennen jede Animation von Sänger Jürgen Plangger auswendig, der in 90 % der Fälle nur andeuten müsste, ob jetzt besonders laut mitgesungen oder geklatscht werden soll. Sie wissen es.
Schön anzusehen ist ebenfalls Gitarrist Tony Berger, der mit seiner Gitarre tanzt. Musikalische Hingabe bekommt hier ein ganz neues Level. Drummer Korl trommelt was das Zeug hält. Es grenzt beinahe an ein Wunder, dass nicht regelmäßig während des Konzertes Felle reißen oder Becken brechen. Bassist Toby schwebt leichtfüßig dynamisch mit seinem Bass über die Bühne. Wildes Headbangen gehört dabei zum Standardrepertoire. So befördern sich Band und Publikum gegenseitig in unbekannte Höhen. Das Hoch heißt A Life Divided.
Das Bi Nuu scheint verzaubert. Verzaubern die Bands ihre Fans? Verzaubern die Fans die Bands? Es vergehen nur ein paar Minuten Umbaupause und die Rock’n’Sad Crew von Lacrimas Profundere “erweckt” das Publikum aus der Halbzeitpause.
Mit atmosphärischem Intro und dem Kracher “Awake” vom aktuellen und neuen Longplayer “Hope Is Here” heizt die Band ihrem willigen Publikum problemlos ein. Gitarrist Oliver Nikolas Schmid haut dir beim Headbangen fast seine Lockenpracht ins Gesicht.
Das ist Rock’n'(Sad)Roll!
Der Lacrimas Zauber wirkt sofort. Nebel und Lichteffekte dienen als optische Untermalung. Das Licht wechselt gern die Farben und den Winkel. Manchmal melancholisch düsteres Blau, giftiges Grün oder intensives Violett, dann überschwappendes Rot. Es passt zur Musik, es passt zur Stimmung. Es passt zum Zauber. Es passt zu Lacrimas Profundere.
Is the rain drowning me? I see circles. My halo ground.
Mit Stimmung kennen sich die Fünf besonders gut aus. Bei “The Worship Of Counting Down” schlägt und wirbelt das Schlagzeug von Christoph Schepperle besonders intensiv durch den Raum. Es gleicht einem hämmernden Herzschlag. Danach schweben alle leichtfüßig zum orientalisch angehauchten “My Halo Ground” über den Boden. Wer musikalische Abwechslung und Ergüsse sucht, ist bei Lacrimas Profundere genau richtig.
You are a slave to yourself. In a war of today that turns wrong in the end.
So rollen beim Titeltrack “Hope Is Here” Tränen übers Gesicht. Erinnerungen kommen hoch. Aber Situationen scheinen auf einmal lösbar. Die Hoffnung ist eben (wieder) da! Weitere Tränchen gibt es bei “Black Moon”. Rob an Gesang und Gitarre. Clea an Bass und Gesang. Es gibt einfach kein tolleres Duo. Und es ist so schön, dass es sie gibt.
Unconsciousness will be your friend
Wer von Tränen gerührt dann wieder rocken will, bekommt mit Liedern vom “alten Eisen” wie “Amber Girl”, “My Velvet Little Darkness” oder auch das äußerst doomige “My Mescaline” vielerlei ähnliche, aber sehr unterschiedliche Gelegenheiten. Berlin bangt ordentlich mit. Und das an einem Donnerstagabend.
Die äußerst gut gelaunte Band haut Lied um Lied raus. Das Publikum rastet komplett aus und tanzt sich die verkorksten Seelen aus dem Leib.
Deeper. Deeper. Deeper. But it’s over and out.
Zum Schluss grünt der Evergreen “Ave End” noch einmal das Bi Nuu auf. Die Mädels schreien mit den Jungs um die Wette. Da es hier keine Gewinner in der Kategorie “Lautstärke” geben kann, die einen nur höher schreien als die anderen, schreien einfach alle gemeinsam so laut und so lange wie sie können. Glücklich, zufrieden, heiser und mit Gummiärmchen geht das schönste Konzert dann doch einmal zu Ende. Aber das Ende ist hier relativ. Schließlich haben viele schon ihre Fahrkarte oder Flug nach Hamburg oder Hannover schon gebucht. Das Auto voll betankt. Da geht noch was.
Galerien (by Kristin Hofmann):
Setlist A Life Divided:
coming soon
Setlist Lacrimas Profundere:
- Intro / Awake
- Antiadore
- Her Occasion of Sin
- The Worship of Counting Down
- My Halo Ground
- My Velvet Little Darkness
- Remembrance Song
- A Sigh
- One Hope’s Evening
- Black Moon
- Again It’s Over
- Amber Girl
- My Mescaline
- My Release in Pain
- Pageant
- Dead to Me
- Dear Amy
- A Pearl
- Ave End
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