Über zwei Jahre liegt Fjørts große Herbstreise, die die drei Musiker zuletzt nach Bremen brachte, zurück. Vieles hat sich seitdem geändert. Mit der Veröffentlichung ihres letzten Langspielers „Couleur“ über das Grand Hotel van Cleef, welcher große Erfolge feiern durfte, wurden die Locations um einiges größer, als zuletzt der überschaubare Tower. Und das scheint zwingend notwendig, denn selbst der Schlachthof wirkt im Laufe des Abends fast zu klein.
Auch die Vorband hat sich geändert. Also ein bisschen. Zu Zweidritteln etwa…oder Zweidrittel sind gleich geblieben…wir sind Hier um über Musik zu schreiben, von Mathematik war nie die Rede! Support im Schlachthof sind Yellowknife, um den Musiker Tobi Mösch. Dieser unterstützte Fjørt bereits 2016 im Tower mit seinem zweiten Projekt Ashes of Pompeii. Anders als 2016 fällt das Vorprogramm etwas besinnlicher aus, nichts desto trotz kommen Yellowknife gut beim bremischen Publikum an und präsentieren Stücke ihres, ebenfalls beim GHvC erschienenen, Langspielers „Retain“ und dem Debüt „Wooden Future“. Eingängige, zügig-rockige Stücke sorgen für entzücktes Tänzeln und Kopfnicken, im Prinzip gibt es nichts zu beanstanden, außer, dass der 30-Minuten-Slot viel zu kurz erscheint, wird wohl mal Zeit für
‘ne eigene Show in der Hansestadt!
Kurzes Päuschen. Die Bühne verdunkelt sich, Nebel hier, episches Intro da. Die Menge schüttelt noch einmal alle Gliedmaßen aus. Gleich geht’s los! „In Balance“- witzig, denn mit der Balance ist es schnell vorbei. Das Moshpit im schmalen Besucherraum des Schlachthofs brodelt auf. Schubsen von links, rechts, hinten. Fjørt-Fans sammeln blaue Flecken statt Briefmarken. Ihnen bleibt auch keine andere Wahl, so wird von den Musikern immer wieder gestachelt, nichts selten verschwindet David Frings Gesicht irgendwo zwischen greifenden Händen und schreienden Gesichtern. Und das ist das besonders Schöne an diesem Abend: trotz der deutlich gewachsenen Location fühlt sich die Show noch genauso intim und persönlich an, wie vor zwei Jahren im Tower und als Bonus ist der Sound um einiges besser…und das Licht…und die Luft. Auch die Band erwähnt das offensichtliche Wachstum und bedankt sich für den Support, ruft aber gleichzeitig dazu auf, auch nach kleineren Acts Ausschau zu halten.
Sympathisch.
Musikalisch fassen Fjørt die Posthardcore-Songs der letzten Jahre ähnlich knackig wie ihre Ein-Wort-Songtitel zusammen. In Bestform. Das Publikum ist mit jeder Nummer „D’Accord“ und auch, wer nicht im Moshpit umhergeschleudert wird, sondern auf den zahlreichen Rängen des Schlachthofs verharren muss/darf, hat ein breites Grinsen im Gesicht, wenn er oder sie sich nicht gerade die Seele aus dem Leib brüllt.
„Lebewohl, lebewohl
Zum letzten Mal, zum letzten Mal
Lebewohl
Auf Wiedersehen“
Das war’s schon?
„Diesmal nicht“
Natürlich folgt auf „Lebewohl“ noch ‘ne Zugabe. Ist schließlich auch noch Platz für blaue Flecken! „Südwärts“ gibt der Menge keine Chance zur Rast. Im Gegenteil, sämtliche Energie wird noch einmal gebündelt. Die erste Reihe knallt immer wieder mit den Händen, Nasen, Oberkörpern auf die Bühne, einen Graben gibt es nicht. Ernste Verletzungen überraschenderweise auch nicht. Irgendwie passen in all dem Chaos doch alle auf sich und die Mitmenschen auf. Nach „Karat“ ist wortlos Schluss.
Wir sind gespannt, in welchem der zahlreichen bremischen Läden wir Fjørt das nächste Mal begrüßen dürfen.
Setlist Fjørt:
- In Balance
- Eden
- Anthrazit
- Magnifique
- Kontakt
- Paroli
- Windschief
- Mitnichten
- Raison
- D’accord
- Couleur
- Valhalla
- Lebewol
- Südwärts
- Lichterloh
- Karat
Galerien (by Thea Drexhage bs! 2018):