Review: Ab auf die Insel – Die Orsons live! (18.10.2019, Hannover)

Eine alte Redensart sagt. „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“. Heißt dann soviel wie
erst schlagen sie sich sinnbildlich die Köpfe ein, dann gehen sie zusammen einen trinken!“ Nicht ganz, aber fast auf Oasis-Gallagher-Niveau, befanden sich die Band-Mitglieder der Orsons. Ein rigoroses Zerwürfnis führte zu einem schmerzhaften Einigungsprozess. Auf gut Deutsch: erst die Köppe einhauen, dann irgendwann, wenn die ersten Schmerzen verflogen sind, mal wieder den Kopf einschalten und merken: was sind wir doch blöd. Allein sind wir schon gut, aber zusammen sind wir noch sehr viel besser.

Die Orsons (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Das haben auch die Rapper Tua, Kaas, Maeckes und Bartek erkannt. Die negative Energie der Beinah-Auflösung konnte in konstruktive Kreativität umgewandelt werden. Gegenseitiger Respekt führte zu einem Konzept. Besser einem Konzept-Album. Das Comeback-Album ORSONS ISLAND ist aufgeteilt in vier musikalische wie inhaltlich unterschiedliche Abschnitte. Vier Abschnitte? Logisch sind ja auch vier Rapper. Jeder hat so sein Ding gemacht und zum Album beigetragen. Das ist so wie im Profifußball. Man muss sich nicht lieb haben, aber wenn die Meisterschaft rausspringt, wurde alles richtig gemacht. Die Kritiker sind übrigens der gleichen Meinung. ORSONS ISLAND wird als sehr gelungen angesehen.

Zusteigen. Tolle Fahrt.

Davon können sich an diesem Abend 1200 Fans im gut gefüllten Capitol in Hannover überzeugen lassen. Sie wissen was kommt: Hip Hop, Spaß und Party. Und dann geht’s los. Eine Stimme aus dem Off kündigt an: „2017, die Reise beginnt“. Nein. Der Orsonsche Irrsinn beginnt (O.I. steht sogar auf dem Schlagzeug, kann natürlich auch was anderes bedeuten). Dann steigt es auf, direkt hinter dem Schlagzeug. Eine riesiges mindestens 5 Meter hohes aufgeblasenes müllabfuhrorangenes Insekt mit Flügeln und Beinen. Hört auf den Namen Friedrich und sieht aus wie eine Motte. Aus dem Off: „Ich bin nicht zum Spaß hier“. Die Menge grölt. Wie jetzt, kein Spaß? Deswegen sind die Fans doch hier. Die Orsons natürlich auch.

Die Orsons (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Als Sextett stehen sie auf der Bühne, mit Schlagzeug, Keyboard und DJ. Die Reise nach Orsons Island beginnt. Aus dem OFF : Kapitel I bis IV. Die losen Kapitel „Virtuelle Realität“, „Der Morgen Danach“, „Der Aufbruch“ und „Die Ankunft“ erzählen nicht wirklich eine Geschichte, sind eher Bindeglied verschiedener Gefühlsebenen und stellen einen Reifeprozess dar. Vom hedonistischen Party-Lifestyle des Openers („Grille“) bis schließlich zur Selbstfindung („Dir Dir Dir“). Alles dabei. Und Friedrich dürfte auch keine Motte sein, sondern eher die besungene Grille.

Dear-Dear-Dear Mozart, du geiler Typ
Wir sind die Ors, wir—, einen Moment
Könntest du vielleicht helfen kurz?
Irgendwas ist falsch eingestellt
Und alle sind hier Stars
Komm, wir schau’n uns das mal an
Eine random group of people …

Die Energie, die Begeisterung, die die Band erzeugt, ist ansteckend. Jedes, wirklich jedes Lied wird von den Fans mitgesungen. Die Orsons sind positiv crazy und natürlich entsprechend gestylt. Strumpfhose trifft hier auf kunterbunten Anzug. Hauptsache Entertainment. Da wird sich auch mal als Skelett mit Leuchtaugen und- händen verkleidet.

Die Orsons (Foto: Michael Lange bs! 2019)

Für Tua ist es and diesem Abend fast ein Heimspiel, hat er doch Familie in Hannover. „Das Capitol soll heute noch abgerissen werden“. Es geht schon in die Richtung, liefern die Orsons doch alles was ein gutes Konzert ausmacht: Crowdsurfen, Circle of Death und Konfettikanonen. Doch was ist das für ein Musikstil? Hip Hop nicht wirklich. Die Schwaben liefern eher so was wie Hip Pop ab. Aber das Ding funzt.

Auch der Reggaebeat bei „Bessa Bessa“ macht Laune. Den Fans ist es sowieso „Sowas von egal“. Zur Messe geht es in die „Partykirche“ und „Dear Mozart“ wird auch angehört. Was kann zum Höhepunkt dieses Konzerts dann noch kommen? Tolle Fahrt. Zusteigen. Schwung in die Kiste, hey, ab geht die Post. Ein würdiger Abgang eines grandiosen Konzerts.

Galerien (by Michael Lange bs! 2019):

Setlist:

  1. Grille
  2. Vodka Apfel Z
  3. Hin und her
  4. Ventilator
  5. Sog
  6. Feuer & Öl
  7. Schneeweiß
  8. Sowas von egal
  9. Lagerhalle
  10. Nimm’s leicht
  11. Souljah Boy
  12. Phase
  13. Gettin‘ jiggy with it (Maeckes)
  14. Partykirche (Maeckes)
  15. Bessa Bessa
  16. Das Geschenk
  17. Dir dir dir
    Encore:
  18. Dear Mozart
  19. Rosa, Blau, Grün
  20. Jetzt
  21. Schwung in die Kiste

Links:
www.dieorsons.de

Michael Lange
Michael Langehttps://www.be-subjective.de
Michael Lange. MichaL ist der Methusalix in unserem Team. Ein Original, ein Sympath, ein Genießer von A wie Abba bis Z wie Zabba und im realen Leben ein Stepptänzer. »Jawohl, das mit dem KlackerdiKlack.« MichaL hat schon Rock’n’Roll gehört, da waren die Little Boy Blue and the Blue Boys noch grün hinter den Ohren. Man munkelt er konnte schon einparken, da gab es noch nicht mal Rückspiegel, geschweige denn Einparkhilfen. Dennoch ist die MichaL noch lange kein Oldy oder darauf fokussiert. The big L war plötzlich da. Zeitlos. Unerwartet und doch völlig freiwillig tauchte er in unserem Universum auf und bereichert es. KlackerdiKlack.

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