Review: Summer Breeze Open Air 2016 – Kein Ende in Sicht (17. – 20.08.2016, Dinkelsbühl)

In Deutschland liest man immer wieder vom sogenannten Festivalsterben, da wird es einfach mal Zeit für eine positive Meldung. Das „Summer Breeze“ Open Air wächst seit mehreren Jahren kontinuierlich an und kann mittlerweile 45.000 zahlende BesucherInnen vorweisen.

Damit gehört das „Breeze“, wie es in Fankreisen liebevoll genannt wird, nun auch offiziell zu den großen Festivals.  Im idyllischen Dinkelsbühl findet alljährlich ein Familientreffen der harten und lauten Bands statt. Mittlerweile beginnt das Bühnenprogramm bereits schon mittwochs und bietet den Fans, neben den üblichen Festivalattraktionen, einen gelungenen Einstand in eine Woche voller guter Live-Bands.

Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)
Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)

Der offizielle Festivalbeginn ist stets donnerstags. Mit dem Bespielen der beiden Hauptbühnen wird allerdings schon sehr früh begonnen. Die Ehre des ersten Konzertes bekamen die Gothic-Rocker von „Lord of the Lost“ zugesprochen. Mit ihrer tiefschwarzen Mischung aus Mystik und knallharten Gitarren-Riffen konnten sich die Hamburger zu einer festen Größe innerhalb der Szene aufbauen. Mit älteren Tracks, wie „Dry the rain“ oder „Die tomorrow“ luden die Herren zu einer kurzweiligen Werkschau ein, bei der auch die neueren Stücke wie „The love of god“ nicht zu kurz kamen. Für einen Schmunzler sorgte die Coverversion „Everybody“ der Boyband „Backstreet Boys“. Ein ganz anderes Kaliber sind „Emmure“ wohl ohne Zweifel. Leider wollte bei diesem Gig der Funken zwischen BesucherIn und Band nicht so richtig überspringen. Technische Pannen rundeten dieses Gastspiel dann auch noch ab.

Equilibrium (Foto: Lena Behlmer bs!)
Equilibrium (Foto: Lena Behlmer bs!)

Mit diesen Problemen mussten sich die Epic-Metaler von „Equilibrium“ glücklicherweise nicht herumschlagen. Frontmann Robse sorgte einmal mehr für eine exzellente Publikumsbeteiligung, als er die Fans zum Crowd-Surfen und zur Wall of Death aufforderte. Die Setliste bot einige Überraschungen und so gesellte sich „Der ewige Sieg“ zu den Tracks aus dem neuen Album „Armageddon“. Als die Klänge von „Born to be epic“ erklungen, gab es für die Fans kein Halten mehr. Hier haben „Equilibrium“ wirklich einen Meilenstein geschaffen. Bei den mittlerweile tropischen Temperaturen kam das unsterbliche „Unbesiegt“ natürlich wie gerufen.

Langsam wurde es Abend und die Jungs von „Asking Alexandra“ betraten die Bühne. Kaum eine andere Band steht für den Erfolg des Metal-Cores, grade bei jüngeren ZuschauerInnen. Die Band bot eine packende Show und bewies, dass man definitiv eine Daseinsberechtigung auf einem Metalfestival hat.

Asking Alexandria (Foto: Lena Behlmer bs!)
Asking Alexandria (Foto: Lena Behlmer bs!)

Nun kehrte man dann doch zu den traditionellen Genres zurück. „Fear Factory“ gelten zurecht als eine ausgezeichnete Live-Band. Die Veteranen schaffen es immer wieder neue und alte Fans zu einen. Ein grandioser Auftritt, der wohl noch lange in den Köpfen der Metalgemeinde präsent sein wird.

Wer dann doch eher auf klassischen Rock steht, der bekam mit „Airbourne“ seine Vollbedienung. Die Australier zeigen, welche Power in ihnen wohnt und so gestaltete sich dieser Gig sehr kurzweilig.

 

Sabaton (Foto: Lena Behlmer bs!)
Sabaton (Foto: Lena Behlmer bs!)

Der ultimative Headliner des Abends waren aber unbestritten „Sabaton“. Die Schweden, die sich mit ihrer Panzer-Show bereits Kult-Status erspielten, ließen den Boden in Dinkelsbühl beben. Highlights des Sets waren „Attero Dominatus“ und „Primo Victoria“. Um den Fans exklusive Einblicke zu gewähren wurden neben den Klassikern auch zwei Tracks der neuen CD „The Last stand“ dargeboten. Besonders überzeugen konnte hier „Shiroyama“. Dieser Beitrag könnte sich zu einem neuen Fanliebling entwickeln. Der erste Festivaltag war damit Geschichte.

Versengold (Foto: Lena Behlmer bs!)
Versengold (Foto: Lena Behlmer bs!)

Schlafen gilt zwar generell auf Festivals als überbewertet, dennoch verwunderte es doch schon etwas, dass die Mittelalter-Band „Versengold“ es schaffte, den Platz vor der Main-Stage extrem gut zu füllen. Ein wirklich Positiv-Beispiel für eine Band, die bereits um 11 Uhr nach einer langen Nacht den zweiten Festivaltag einläuten sollte. Ihre Trinklieder sorgten zu dieser frühen Stunde sogleich für eine ausgelassene Stimmung und untermauerte gleichzeitig ihren Ruf als außergewöhnliche Live-Band. Leider reichte die Zeit nicht für das legendäre „Ich und ein Fass voller Wein“.

Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)
Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)
Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)
Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)

Unterhaltsam zeigten sich auch die Superhelden der „Grailknights“. Kaum eine andere Band huldigt derart hingebungsvoll ihren Comic-Helden, wie die Gralsritter. Ein amüsanter Auftritt einer Band, die man im Auge behalten sollte. Mit einem kleinen Augenzwinkern sind die Texte von „Feuerschwanz“ stets zu verstehen. Die Spielmänner, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Humor in die Mittelalter-Szene zu bringen, boten eine ganz spezielle Show. Anlässlich des Releases des neuen Albums „Sex is muss“, wurde der Auftritt zelebriert, wie selten davor. Schon der Titeltrack „Sex is muss“ konnte bei den Fans auf Anhieb punkten. Als dann auch noch der „Metnotstand im Märchenland“ ausgerufen wurde, tanzte auch der letzte Kritiker zu den Klängen dieser Band.

Ein seltenes Gastspiel boten „Moonsorrow“, die mit ihren tiefschwarzen Kompositionen dann wieder in die härteren Klänge abschweiften und eine fulminante Show darboten. Sicher zu Recht darf man diese Musiker als einzigartig bezeichnen.

Arch Enemy (Foto: Lena Behlmer bs!)
Arch Enemy (Foto: Lena Behlmer bs!)

Ein ganz besonderes Highlight sind „Arch Enemy“ seit einigen Jahren. Die neue Frontfrau Alissa versprüht derart viel Power und Charme, dass die Metal-Urgesteine mittlerweile zu einem unbestrittenen Headliner herangereift sind. Mit „As the Pages burn“ und „War eternal“ growlte sich das Powerpaket Alissa in die Herzen der Fans. Ein kraftvoller Auftritt einer wahren Instanz des Metals.

Der Abend bot allerdings noch anderen Legenden die Möglichkeit die Fans zu begeistern. Den Auftakt übernahmen „Carcass“, eben jene Engländer, die einen völlig neuen Stil der harten Rockmusik in Europa etablierten. Der Hauch der Geschichte wehte noch über das Gelände, als die Band bereits die Bühne wieder verlassen hatte.

Eisbrecher (Foto: Lena Behlmer bs!)
Eisbrecher (Foto: Lena Behlmer bs!)

Für seine brillante Show ist Alex mit seinen Mitmusikern von „Eisbrechern“ bekannt und beliebt. Eine fulminante Tracklist bot die Basis dieses unvergesslichen Konzertes. Nach einem kurzen Intro ließ die Band bei „Verrückt“ Geld regnen. Natürlich aus der hauseigenen Bank. Die Überraschung des Gigs war wohl „Willkommen im Nichts“. Abgöttisch geliebt, dennoch selten gespielt, entfaltete sich hier die ganze Magie des legendären Songs. Einen aktuellen Tagesbezug boten „Eisbrecher“ mit dem „PokeRap“, der sich an alle „Pokemon Go“- SpielerIn richtete. Man kann es kaum glauben, aber der Soundtrack der TV-Serie „Pokemon“ stammt ebenso aus der Feder der Herren, wie das dunkel-romantische Stück „Eiszeit“. Dank seiner Bühnenpräsenz ist dieser Band die Fanliebe sicher.

Slayer (Foto: Lena Behlmer bs!)
Slayer (Foto: Lena Behlmer bs!)

Mit Liebe, jedenfalls in ihren Texten, haben es die gestandenen Männer von „Slayer“ eher nicht so. Der Headliner zerlegte das Festivalgelände wortwörtlich. Mit ihren Songs, die eher an eine Zeitreise durch den Thrash-Metal als an ein normales Konzert erinnerte, begeisterte die Band auch den Fan in der letzten Reihe. „Raining blood“ wurde abgefeiert, als gäbe es keinen Morgen. Schließlich beendeten die Pioniere ihr Gastspiel mit dem Skandalsong „Angel of death“. Hier blieben wirklich keine Wünsche offen und der zweite Festivaltag wurde gebührend verabschiedet.

Coppelius (Foto: Lena Behlmer bs!)
Coppelius (Foto: Lena Behlmer bs!)

Der letzte Festivaltag auf einem wirklich genialen Gelände stand bereits in den Startlöchern als die Gentlemen von „Coppelius“ ihren Butler Bastille zur Begrüßung der wartenden Fans auf die Bühne ließen. Diese Band hat der Steampunk-Bewegung in Deutschland zum Durchbruch verholfen. Kaum eine andere Band gilt als dermaßen stilprägend für dieses junge Sub-Genre des Metals. Mit ihren Songs, die sich oftmals mit dem technischen Fortschritt beschäftigen, eroberten sie die Herzen des Auditoriums im Sturm. Keine Frage, „Coppelius“ sind eine außergewöhnliche Live-Band, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Beyond The Black (Foto: Lena Behlmer bs!)
Beyond The Black (Foto: Lena Behlmer bs!)

Nach diesem außergewöhnlichen Auftritt durften nun die Youngsters von „Beyond The Black“ ran. Die Band, um Frontfrau Jennifer, macht derzeit eine schwierige Phase durch, da sich ein Line-Up Wechsel überraschend angekündigt hatte. Deshalb sollte man Jennifer für diesen Gig gleich doppelt Tribut zollen, da einige befreundete Musiker hier aushalfen. Höhepunkt war zweifelsohne „In the shadows“, dieser Beitrag wird einfach geliebt und gilt als sinnbildend für die gesamte Band.

Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)
Impressionen vom Summer Breeze 2016 (Foto: Lena Behlmer bs!)

Zurück in die 50er Jahre entführten „Psychopunch“ die BesucherInnen. Mit ihrer Mischung aus Rock, Metal und Rockabilly sind die Musiker seit vielen Jahren bereits erfolgreich unterwegs. Der Nachmittag begann also beschwingt, ehe die Dunkelromantiker von der „Letzten Instanz“ die Hauptbühne enterten. Sicher kein einfaches Unterfangen bei den hohen Temperaturen etwas von dem Gothic-Charme dieser Band in die Herzen der Fans zu zaubern. Frontmann Holly gelang dieses Kunststück dennoch und als sich der gesamte Publikumsraum bei „Wir sind allein“ in den Armen lag, hatte die „Letzte Instanz“ ihr Ziel erreicht.

Langsam neigte sich der Abend über Dinkelsbühl und die Feierlaune stieg. Die perfekte Zeit für die Humppa- Rocker von „Korpiklaani“. Die finnische Band, die mit Trinkliedern aus dem hohen Norden, immer punkten kann, gelang es auch diesmal die Fans in ihren Bann zu ziehen. Eine gut gewählte Setlist ließ keine Langeweile aufkommen und wer singt nicht gern zu „Vodka“ lauthals mit?

Subway To Sally Subway To Sally (Foto: Lena Behlmer bs!)
Subway To Sally Subway To Sally (Foto: Lena Behlmer bs!)

Die Dunkelheit brach über den Sportflugplatz herein, die optimale Headliner-Zeit. „Subway to Sally“, ein Name wie ein Donnerschlag in der Mittelalter-Szene hatten sich angekündigt. Eine atemberaubende Pyro-Show gesellte sich zu den Everblacks der Szene. „Henkersbraut“ oder „Mephisto“, dieser Auftritt ließ keine Verschnaufpause. Für Fr. Schmidt war einmal mehr „Ally the fiddle“ zur Stelle und vertrat die Geigerin standesgemäß. Als dann das „Kleid aus Rosen“ angestimmt wurde, verwandelte sich das Auditorium in einen riesigen Chor und sorgte sich nicht nur bei der Band für Gänsehaut.

Pain (Foto: Lena Behlmer bs!)
Pain (Foto: Lena Behlmer bs!)

Ein besonderes Konzert ging zu Ende und legte die Messlatte für den Rest des Abends extrem hoch. Diese Herausforderung nahmen „Pain“ an, die mit „Same old song“ sofort für ein Highlight zu Beginn des Sets sorgten. Leider entpuppte sich die restliche Songauswahl als nicht so glücklich und als sich auch noch technische Probleme zu diesem Gig dazugesellten, hatte Frontmann Peter Mühe den Auftritt noch zu retten. Allerdings gilt der Herr als Ausnahmetalent und schaffte es mit „The great Pretender“ die Stimmung im Publikum wieder auf Höchstwerte zu bringen.

Steel Panther (Foto: Lena Behlmer bs!)
Steel Panther (Foto: Lena Behlmer bs!)

Im Anschluss übernahmen „Steel Panther“ die Regie. Kaum eine andere Band legte in dieser kurzen Zeit eine solche Karriere hin, wie die 80er Jahre Rocker aus Amerika. Mit ihren Tracks, die an den guten alten Hair-Metal erinnerten, schafften sie es das Auditorium auf ihre Seite zu ziehen. Während die Musik eher an die frühen Werke von „Bon Jovi“ oder „Van Halen“ erinnern, sind die Texte zweideutig und sorgen immer für ein Lächeln bei den ZuschauerInnnen. Als dann schließlich bei „Party all day“ 50 Frauen aus dem Publikum auf die Bühne geladen werden, erreicht der Gig seinen Höhepunkt und hinterlässt eine freudige Fanmeute.

Blues Pills (Foto: Lena Behlmer bs!)
Blues Pills (Foto: Lena Behlmer bs!)

Dieses Jahr sollte das „Summer Breeze“ besinnlich beschlossen werden und so traten die „Blues Pills“ auf die Pain-Stage und verzauberten die Fans mit ihrer Mischung aus 70er Jahre Romantik und Softrock. Mittlerweile leerte sich das Festivalgelände zusehends, da ein ergiebiger Regenguss über dem Flugplatz neiderging. Nichtsdestotrotz bot Sängerin Elin eine grandiose Show, die sie mit ihrer unverwechselbaren Stimme krönte. Mit „Devil Man“ wurde das Konzert dann schließlich beendet.

Fazit:
Das „Summer Breeze“ verfügt über ein grandioses Gelände, dem auch Regen wenig anhaben kann. Gelegen an einem kleinen Wäldchen befinden sich die Campingplätze, auf denen es immer etwas zu entdecken gibt. Für die Schlaflosen gibt es ein separates Partyzelt, in dem man seine Sangeskünste bei der Metal-Karaoke unter Beweis stellen kann. Das Line-Up des Festivals ist liebevoll ausgesucht und sollte für jedes Sub-Genre etwas zu bieten haben. Wer nach einer Alternative zu den Mega-Festivals sucht, wird hier fündig. Faire Preise und Bands in Top-Form. „Summer Breeze“, wir freuen uns auf das nächste Jahr.

Weitere Fotos vom Summer Breeze & anderen Festivals in unserer Galerie:

Links:
www.summer-breeze.de

Fabian Bernhardt
Fabian Bernhardthttps://www.be-subjective.de/
Um unglaublich international zu wirken, hat die Redaktion einen Headhunter auf DEN Berliner angesetzt. DAS Phantom, wie es aus Szenekreisen heißt, hat viele Tarnidentitäten. Gesichert ist, dass der Dämon – ein gerade mal 76 Zoll großer metalbesessener Gothik-Zwerg – im Nebenerwerb als Schauma-Shampoo-Model jobbt und einen mittel bis stark ausgeprägten Festivalfetisch pflegt, sich während der Wintermonate mit Kneipensport Ersatzbefriedigung verschafft und eine ruhige Kugel in seinem Prinzessin-Lilliefee-Darkroom schiebt. Ob es das Spandauer Edelexemplar wirklich gibt oder auch Bernhardt nur ein Pseudonym ist, konnte bisher nicht geklärt werden.

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