The Franklin Electric: Blue Ceilings (2017) Book Cover The Franklin Electric: Blue Ceilings (2017)
Indie, Folk-Pop
Revolver Distribution Services
24.02.2017
www.thefranklinelectric.com

Tracklist:

  1. I Know the Feeling
  2. Someone Just Like You
  3. Burning Flame
  4. Save Yourself
  5. All Along
  6. Walk with You
  7. So Far
  8. Resistance
  9. It’s Taking You
  10. Can I Get It Back
  11. Blue Ceilings – Outro

 

Schon wieder eine Band aus Kanada? Jawohl!
Montréal ist die zweitgrößte Stadt des weiten und schönen Landes im Norden Amerikas und auch kreativer Schmelztiegel aus dem bereits einige beachtenswerte Indiebands gegossen wurden: „Arcade Fire“, „Half Moon Run“, oder „The Besnard Lakes“ um nur drei davon zu nennen. Nun gesellt sich auch die grandiose Formation „The Franklin Electric“ dazu, die nach ihrem Albumdebut „This Is How I Let You Down“ (2014) gerade ihr zweites Album vorlegt.

Um es gleich vorwegzunehmen, ganz selten erscheint ein Album das so ausgewogen daherkommt, wie „Blue Ceilings“. Die elf Tracks sind textlich und musikalisch auf ganz hohem Niveau und reihen sich gleich erlesenen Perlen auf einer Schnur aneinander.

Mit der Ballade „I Know The Feeling“ startet das Werk im Midtempo. Das feine Fingerpicking von Gitarrist Ken Pressé und der der sich verzehrende Gesang von Jon Matte („I know the feeling / the evening / It’s save to say it’s already leaving / I sleep weather the days im dreaming“) nehmen einen sofort in Beschlag. Großer Song, großartig vorgetragen. Nix zuviel und nix zu wenig.

„Someone Just Like You“ kommt durch die Drums von Kevin Warren etwas treibender daher. Liebe, Trennung, Schmerz – aus diesen Zutaten lässt sich ein gehaltvoller Indiehit zubereiten. Die vier Köche von „The Franklin Electric“ machen es vor.

Spätestens nach „Burning Flame“ wird klar, was im Bandnamen ja schon anklingt und sie wohl mit ihrer Musik bezwecken: ein Überspringen des Funkens, frei nach Benjamin Franklin (der ja unter anderem auch den Blitzableiter erfunden hat).

Der Funke der überspringt, das ist es, was uns Künstler
antreibt überhaupt Musik zu machen.
Man stürzt sich obsessiv auf sein Thema, bis alles richtig klingt
und richtig ausgedrückt ist.

So beschreibt es Jon Matte, der verschiedenste musikalische Stile bereits in jungen Jahren schon in sich aufgesogen hat.

Die nächste Perle auf der Schnur ist „Save Yourself“. Kräftige Pianoakkorde schrauben sich mit einem melodischen Gesang in die Höhe und kehren wieder zurück zum dicht gewobenen Teppich aus dem geerdeten Bassspiel von Martin Desrosby und einer lange nachhallenden E-Gitarre.

„Walk With You“ ist eine traumhaft schöne Ballade, die im synthie-gesprenkelten Laufschrittrhythmus daherkommt, um dann kurz vor einem fiktiven Abgrund stehen zu bleiben und abrupt zu enden.

Der Songwriter des kreativen Quartetts heißt Jon Matte. Er hat alle neuen Songs des Albums geschrieben und prägt mit seiner unaufdringlichen Stimmfarbe den Sound der Band. Aufgewachsen ist er in einem musikalischen Elternhaus in dem seine Mutter die treibende Kraft war, wie er sich gerne erinnert:

Jeden Sonntag ging es in die Kirche. Meine Mutter war Chorleiterin, also sangen wir Kirchenlieder, irische Folksongs, mit vierfachen Harmonien, akustischen Gitarren und Fiddle.

Da kann man mal sehen, welch guten Einfluss die Kirche doch haben kann.

„So Far“ erinnert vom Sound her etwas an die frühen Mumford & Sons. Dessen ungeachtet entwickelt der Song mit den geheimnisvollen Lyrics seinen ganz eigenen Charakter und eine ganz eigenständige Form.

Das etwas drängendere „Resistance“ startet mit einem Drumstakkato und einem schrillen Riff, verwandelt sich aber kurz darauf in ein feines Poprock-Stück mit Stadionqualität. Das Thema Widerstand und Gegenwehr ist dramaturgisch perfekt umgesetzt. Raffiniert eingearbeitet sind die geisterhaften Chorstimmen.

Bei „It’s Taking You“ baut sich knisternde Spannung auf. Eine sentimentale Ballade zum Niederknien. Hier zeigt sich auch das musikalische Talent von Jon Matte am Piano.

„Can I Get It Back“ taucht in tiefe Gefühle ein. Gescheiterte Beziehung, falsche Versprechungen und enttäuschte Erwartungen umgesetzt in ergreifende Harmonien. Das berührt und lässt nicht kalt.

Zum Abschluß dann das 11/2 minütige Titelstück „Blue Ceilings“, das erstmal wie eine flüchtig hingetupfte Pianomelodie anmutet. Beim mehrmaligem Hören entfaltet sich das Stück jedoch zu einem zerfließenden blauen Aquarell.

Mit „Blue Ceilings“ schaffen es die vier Kanadier den Zuhörer kräftig zu elektrisieren. Sie zeigen mit jeder einzelnen Nummer, dass sie ihre musikalischen Ideen spannend umsetzen können, egal ob laut mit sprudelnder Energie oder leise und verträumt. Seele und Sehnsucht stecken in jedem Track und die Produktion des Albums glänzt ganz vorbildlich mit angenehmer Zurückhaltung.

Besser geht nicht. Volle Punktzahl!

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Axel Ganguin
Axel Ganguin hat ungeduldig die Alchemie der Worte studiert. In alten Büchern, in farblosen Flamingos, in einem Traumzauberbaum. Er hat sie in den Wolken gesucht. In Italien. Im Rotwein. Im Regen. Und manchmal geht er barfuß ins Bett. Er hat die Farbe der Vokale ausgespuckt wie eine tote Auster. Er schrieb ein Schweigen in die Glut und hat sich als Grafik-Designer erfunden. Axel trägt die Klamotten von Nick Drake auf und küsst die Nacht, bis der Spannungsbogen albern knistert. Axel lässt sein Vokabular für uns „mit unversehrtem, bösartigem Herzen, mit einer tyrannischen Unschuld“ zur Ader.