Wenn man Informationen sammelt über eine Band, die man nicht kennt, geht man logischerweise auf deren Homepage. Dort erfährt man in der Regel die neuesten Sachen zu Tour, Album, Besetzung etc. Ein Blick auf die Seite ergibt, dass die Band in 2025 lediglich auf Festivals war und am 22.11.2025 im Capitol in Hannover ihr Abschiedskonzert gibt: DER LETZTE TAG. Infos? So weit, so wenig.
Also woanders suchen. Mal schauen, was Wikipedia so hergibt. Dort steht: Letzte Instanz war eine deutsche Rockband aus Dresden, die Einflüsse aus diversen Bereichen des Rock und der klassischen Musik miteinander vereinte. Stilistisches Merkmal war die Kombination aus klassischen Rockinstrumenten (E-Bass, Schlagzeug, E-Gitarre) und Streichern (Cello, Geige). Wie jetzt war? Am 24.11.2025 steht hier schon, die Band war einmal. War, wie Vergangenheit. Da war jemand sehr schnell und sehr konsequent. Auf jeden Fall ist das…
Voll krass
In diese Richtung geht auch der Name der Vorband: Die Kammer. Kammer, das Wort ist gefühlt negativ besetzt. Es bezeichnet unter anderem einen kleinen einfach ausgestatteten Raum zum Schlafen. Mit nur einem Wort noch davor wie Straf- oder Patronen- bleibt es beim Negativen. Auf all das ist die Band „Die Kammer“ vorbereitet.
Sie erklären auf ihrer Homepage alles was man wissen muss: Der Bandname „Die Kammer“ ist eine Andeutung an den Begriff der Kammermusik und des Kammerorchesters. „Die Kammer“ bezeichnet einen ersehnten Rückzugsort, an dem die beiden Musiker ihren Gedanken freien Lauf lassen können. Der Begriff „Die Kammer“ ist eine Reminiszenz an Testorys frühere Band Chamber, deren rein akustische Tradition hier durch Ambré/Testory fortgeführt wird. Die Formation tritt in unterschiedlichen Besetzungen auf. Als Duo, in Viererformation mit Cello und Bass, sowie auch in größerer Besetzung mit Viola, Violine, Cello, Tuba, Bass und Drums. Ihre vornehmlich englischsprachigen Songs erzählen skurrile und morbide Geschichten die von Melancholie, Vergänglichkeit und Tod, aber auch von unbeirrbarer Freude und Lust am Leben geprägt sind. In den Narrativen finden sich oft feiner Sarkasmus und subtile Gesellschaftskritik, sowie autobiografische Erfahrungen und persönliche Erlebnisse.“
Sie teilen ihre Schaffensperioden in sog. »Seasons« ein, die jeweils unter einem bestimmten Motto stehen. Perfekte Infos, so muss es sein so macht man sich Freunde. Heute Abend sind sind in Viererformation auf der Bühne. Bei einigen Songs kommt dg vom Band hinzu. Sänger Marcus Testory hat eine sehr markante, sonore Stimme, der man gern zuhören mag. Ein sehr cooler Typ sitzt am Cello. Moment mal, ist das nicht? Ja, es ist Benni Cellini von der Letzten Instanz. Er supportet die Kammer auch im nächsten Jahr wenn die Band wieder auf Tour (auch in Hannover) ist. Das wird dann Season VI.
Wir sind allein über Millionen Sterne
Wenn wir zusammen scheinen,
können wir die Welt erhellen
Sind wir auch klein,
sieht man uns doch von ferne
Wenn wir zusammen scheinen
durchs dunkle Tor der Welt
Warum die Letzte Instanz ihr Abschlusskonzert ausgerechnet in Hannover (Niedersachsen) und nicht in Dresden (Sachsen) gibt, erschließt sich nicht. Hat sich wahrscheinlich so ergeben. Aber warum hört die Truppe auf? Wahrscheinlich ist auch hier Corona der Anfang vom Ende gewesen und der Tenor war dann „Es lohnt sich nicht mehr“. Das ist so schade. Also aller letztes Konzert im Capitol Hannover.
Natürlich ausverkauft. Die Band hat sich was vorgenommen für den letzten Gig. Wenn schon Abgang, dann nicht sang- und klanglos. Für Sang und Text ist Holly Loose zuständig, ebenfalls ein sehr markanter Typ, Vollbart, sonore kräftige Stimme. Zur Abteilung Klang gehören Gitarrist Bernie Geef, Schlagzeuger Andy Horst, „erste“ Geige Rico Schwibs und der schon genannte Benni Cellini, der auch auf den Namen Benjamin Gerlach hört. Los geht, aber nicht ohne noch ein Wort zum Logo der Band zu verlieren. Ein Herz mit einem eingebundenen Zeichen für Unendlichkeit, also einer liegenden Acht.
Achtung! Obacht! Sänger Loose trägt ein T-Shirt mit der USA-Flagge, bei der die Stripes so sind wie erwartet, aber die „Stars“ sind das Logo der Band, darunter die Botschaft „Liebe statt Krieg“. Genial. Dieses Shirt sollte definitiv unter jedem Weihnachtsbaum weltweit liegen. Jetzt aber los mit Krawumm. „Für immer und ewig“ ist die klare Botschaft für diesen Abend. Die Fans lieben ihre Instanz, sie lieben „Sonne“ und die „Flucht ins Glück“.
Kein letztes Konzert ohne Gäste und Überraschungen. Ingo Hampf von Subway to Sally mischt bei „Krieger“ mit. Das „Geburtstagslied“ wird tatsächlich das erste Mal live gesungen. Nach „Wir stehen hier“ wird die Leinwand im ehemaligen Kino Capitol runter gefahren und es gibt ein Video mit Abschiedsworten vieler Wegbegleiter.
Ein wahres Schmankerl ist „Wir sind eins“. Die Band steht oben auf dem Balkon, während Kanmermitglieder plus weitere Gäste den Song auf der Bühne performen. Alle Fans halten derweil Zettel mit der Aufschrift „Wir sind eins“ hoch. Bilder für die Ewigkeit. Super Idee mit Gänsehautfeeling. Signore Cellini versucht sich mit dem Alter raus zureden, warum die Band aufhört: „Wenn uns nicht mehr die Antifa für Aktionen anfordert, sondern die „Omas Gegen Rechts“ , dann hat man ein gewisses Alter erreicht“. Oder aber wenn der eigene, 18-jährige Sohn beim Social Media-Team mitmacht. Der Sohn stand laut eigenen Angaben übrigens mit 6 Jahren schon mit auf der Bühne. Auch für ihn wird es am Ende ein ganz komisches Gefühl sein.
Doch zunächst geht noch einmal die Post ab. „Entzündet die Feuer“, „Rapunzel“ und ein Medley zum Mitsingen sogar mit Textanzeige zu „I was made for loving you“ „Junge“ und“ „Krawall und Remmidemmi“. Und Benni Cellini surft noch ein letztes Mal in der crowd. Muss sein. Was auch sein muss ist alle Beteiligten komplett auf die Bühne zu holen und sich zu bedanken für fast 30 Jahre (seit 1996) Band-Bestehen. „Wir sind allein“? Niemals. Alle, alle, alle singen mit. Die ersten Tränen fließen. Und dann ist die Band ein letztes Mal allein auf der Bühne bei „Noch einmal“. Tosender Applaus und Cellini gibt noch sein letztes Hemd. Dann sind sie alle von der Bühne und kommen auch nicht wieder. Boooah, das war ein absolut würdiges Abschiedskonzert, ein denkwürdiger Abend. Voll Krass.
Galerien (by Torsten Volkmer bs! 2025):
Setlist Die Kammer:
- My Dearie Don’t Worry
- Cold Cold Comfort
- Ignoring My Safeword
- I’ve Given Up To Cry
- The Black Veil Of Eternity
- Fate / Illusion
- The Orphanage
- Ago
- Mirror
Setlist Letzte Instanz:
- Für immer und ewig
- Sonne
- Flucht ins Glück
- Das schönste Lied der Welt
- Krieger (with Ingo Hampf)
- Weiß wie der Schnee
- Geburtstagslied
- Kopfkino
- Jeden Morgen
- Ohne Dich
- Wir stehen hier
(danach Video Abschiedsworte vom Wegbegleitern) - Wir sind eins (mit Die Kammer und anderen)
- Von Anfang an
- Das Stimmlein
- Mein Todestag
- Finsternis
- Komm!
- Kalter Glanz
- Entzündet die Feuer
- Geigenschüler / Egotrip / Trommelstelle / Rapunzel / I was made for loving you / Junge / Krawall und Remmidemmi / Rapunzel
- Wir sind allein
- Noch einmal
