Viele werden es nicht kennen, aber es gibt tatsächlich ein Lied von den Village People, dass „Macho Man“ heißt. Schöne Tanznummer aus den Siebzigern. Was hat das mit dem beliebtestem Wochenendfestival Hannovers zu tun? Erstmal gefühlt so gut wie gar nix. Da hilft nur ein Blick zum Himmel und schon kommt die Erleuchtung. Na gut, die Sonne bringt diese nicht, der Himmel hält sich bedeckt und die Luftfeuchtigkeit liegt bei 100 Prozent. Der Sommer 2025 macht Pause. Aber nach der allseits bekannten Wackenformel ergibt Festival + Regen + tanzende Menschen = Matsch. Diese Regel gilt für überall auf der Welt außer Festivals auf Asphalt (gibt’s die überhaupt?). Und wenn, wie beim Fährmannsfest 2025, der musikalische Schwerpunkt noch auf Punk liegt, wird es eine schmutzige Angelegenheit. Zum Moshpit sind dann viele Kerle im Zentrum des Bebens. Nach der Wackenformel und mehrfach hochwissenschaftlich bestätigten Forschungsergebnissen nennt man diese Spezies….
Matscho Man

Doch wie erkennt man die Matsch-Männer? Ganz einfach, ohne Rücksicht auf andere Festival-Besucher bahnen sie sich ihren Weg durch die Menge (gehört wohl zur WarmUp-Prozedur oder ist es doch ein Ausstoß von Sexualhormonen, um sich für anwesende Weibchen interessant zu machen?). Sind sie erstmal auf dem „Tanzplatz“ angekommen geht es immer im Kreis rum mit ganz viel Körperkontakt. Sehr süß. Wie kleine Welpen die herumtollen dürfen. Ist das cool? Nein cool sind hier eigentlich nur die Ladies, die engagiert mitsingen und tanzen. Cool sind auch die The Red Flags aus Köln als Opener des Festivals. Sind die Kölnerinnen jetzt cool, schüchtern oder einfach nur ernst. Ein Lächeln kommt jetzt nicht von Ihnen. Vielleicht liegt es ja am Regen, der Ihren Auftritt komplett begleitet. Sibby, Panzer und Max sind da schon eine ganz andere Nummer. Besser bekannt als Itchy hauen sie den Leuten ihren Fun Punk um die Ohren, surfen auf einem Gitarrenkoffer und bringen die Menge mit „Dancing in the Sun“ (Sun? Nö, eher Fun) in Wallung. Mit „Down Down Down“ geht’s aufwärts. Echt jetzt.
Keinesfalls im Untergrund bewegen sich The Subways. Die Band aus Welwyn Garden City (wer kennt es nicht?) in England strahlen wie eine gern gesehene Sonne. Sänger Billy Lunn hat mit den Ladies Josh Morgan am Schlagwerk und vor allen Dingen Charlotte Cooper pure Energie auf die Bühne geholt. Vor allen Dingen Frau Cooper ist ein Flummi auf der Bühne. Ständig in Bewegung versprüht sie Lebensfreude. Es geht einfach nur „Kiss Kiss Bang Bang“ und da ist sie, die „Rock & Roll Queen“. Aber bevor das Lied kommt, hat sich Billy Boy wohl gedacht, die Leute da unten haben so viel Spaß, da muss ich hin. Gedacht, getan und in den Matsch geschmissen. Kerle brauchen das wohl. Völlig verdreckt spielt er den letzten Song. Spaß muss sein.
Den hat auch Ingo Knollmann von den Donots als er gegen Ende des Gigs in der Menge steht und alle um Ihn rumlaufen und er irgendwann in den Abendhimmel gehoben wird. „Was auch immer die hier ins Wasser tun“, sagt er, „trinkt mehr davon!“ und das meint der wirklich so. Zuvor hat der Topact des Tages, das gemacht was er am besten kann: Gas geben. Die Band aus NRW fährt zweigleisig. Deutsche Liedtexte („Problem kein Problem”) wechseln mit englischen ab („Stop the Clocks“). Ist aber auch egal. Jedes Lied wird hier abgefeiert. Auch das Cover “We’re Not Gonna Take It” von den Twisted Sister. Irgendwann gibt es “Eine letzte Runde” auf dem jetzt sehr tiefen Geläuf. Sehr gerne wieder. „So long.“
Tag 2
…des Fährmannsfestes ist gefühlt voller. Viele der 4000 Fans waren schon am Vortag da und wollen auch heute wieder einen schönen Matsch Pit machen. Der Boden hat einen perfekten Zustand. Mögen die Matsches beginnen. Erster bemerkenswerter Act sind The Iron Roses, eine US-amerikanische Punkrock-Band. Hingucker ist Frontmann Nat Gray. Er könnte auch aus der Rocky Horror Picture Show entsprungen sein. Sein Auftritt verleiht Flügel. Schwarze Flügel.
Schwarz gewandet sind auch Adam Angst. Nach den ersten Liedern sollte eigentlich eine Ansage kommen, aber die Fans skandieren: „Adam Angst in die Muppet Show!“ Ha, Ha. Kleiner Scherz von den Donots. „Das klingt nach einer richtig schönen Ingo-Knollmann-Schnapsidee“, sagt Sänger Felix Schönfuss und recht hat er. Spaß muss sein. Bei der Auswahl ihrer Songs haben sie die Balladen außen vorgelassen. Von Anfang an gibt’s Druck mit „Punk“, „Alle sprechen Deutsch“, „Splitter von Granaten“ und den „Professoren“. Kein Bla Bla. Jedes Lied mit einer Aussage und tieferen Botschaft im Text, ja in jeder Zeile.
Wie hoch ist eigentlich die Halbwertszeit von Schleim (englisch Slime)? Na so ungefähr zirka 2,37859 Millionen Jahre. Und die der Band Slime? Auch gefühlt ewig, halt solange sie sich einmal mehr neu gründen als auflösen. Gefühlt ist die Gruppe um den Gründungs-Slimer Michael „Elf“ Mayer gerade richtig en vogue, weil überall und oft und gern gesehener Gast. Und aktuell sind die Punker aus Hamburg immer, immer noch und immer wieder. Die Songs aus den 80er-Jahren sind nicht nur gefühlt aktuell und mit der neuen Scheibe „Evolution“, die Mitte August erscheint, wird neues Material geliefert. Seit 2021 ist mit Tex Brasket (geiler Name) ein neuer Sänger am Mikro. Als ehemaliger Obdachloser kann er noch besser nachvollziehen wie sich die Songtexte anfühlen. „Komm schon klar“, „Alle gegen Alle“ oder „Sein Wie Die“, das will er nicht. Das will hier keiner. Der Matsch-Pit ist jetzt noch intensiver. Die Wut muss halt raus.
Krönender Abschluss des zweiten Tages ist „leider“ nur Dritte Wahl, aber die sind erstklassig. Die Band aus Rostock, auch bekannt als die Toten Hosen des Ostens, geben noch mal alles. Der Regenmacher auch. Aber jetzt ist sowieso alles egal. Die Wahlmänner um Gunnar Schroeder singen „Vom Himmel über uns“ so blau wie Curacao, schießen Milliardäre ins All. Es geht um „ Runde um Runde“, „Auge um Auge“, fordern „Zeit bleib stehen“, um dann zu „Fliegen“. Die Zeit ist wie im Flug vergangen, hoffentlich fliegt jetzt keiner mehr auf die Klappe. Ist ja matschig, aber schön war´s trotzdem.
Galerien (by Michael Lange bs! 2025):
Setlist The Subways:
- Oh Yeah
- Holiday
- Black Wax
- We Don’t Need Money to Have a Good Time
- Kalifornia
- Alright
- Taking All the Blame
- I Want to Hear What You Have Got to Say
- Turnaround
- Kiss Kiss Bang Bang
- At 1 AM
- Influencer Killed the Rock Star
- Girls & Boys
- It’s a Party
- I Need to Feel You Closer
- With You
- Rock & Roll Queen
Setlist Donots:
- Auf sie mit Gebrüll
- Calling
- Keiner kommt hier lebend raus
- Wake the Dogs
- Dead Man Walking
- Apokalypse Stehplatz Innenraum
- Hey Ralph
- Hunde los
- Ich mach nicht mehr mit
- Dann ohne mich
- Kaputt
- Augen sehen (with Sibbi Hier)
- Problem kein Problem
- Solid Gold
- Stop the Clocks
- Whatever Happened to the 80s
- We’re Not Gonna Take It (Twisted Sister cover)
- Eine letzte letzte Runde
- So Long
Setlist Adam Angst:
- Mindset
- Wir werden alle sterben
- Unter meinem Fenster
- Angst
- Ja Ja, ich weiß
- Was der Teufel sagt
- Punk
- Alphatier
- Wir sind zusammen
- Alle sprechen Deutsch
- Splitter von Granaten
- Professoren
Setlist Dritte Wahl:
- Der Himmel über uns
- Störung
- Wir schießen die Milliardäre ins All
- So wie ihr seid
- Zu wahr um schön zu sein (Mit Nana Falkner (Piano und Gesang))
- Panama
- Das regelt der Markt
- NVA
- Und jetzt?
- Zusammen
- Greif ein
- Urlaub in der Bredouille (Mit Nana Falkner (Gesang))
- Auge um Auge
- Halt mich fest
- Runde um Runde
- Wo ist mein Preis?
- Sonne & Meer
- Zeit bleib stehen!
- Fliegen
Links:
www.faehrmannsfest.de