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Review: Thurston Moore – Solo mit Band & ein bisschen Sonic Youth (04.07.2017, Dresden)

Thursten Moore Band (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Thurston Moore in Dresden, das gab es schon Mal, ist aber schon ein paar Jahre her. Auf jeden Fall ein Dienstagabend auf den ich mich persönlich eine ganze Weile gefreut habe und dann auch noch in meinen favorisierten Live-Club, dem Beatpol.

Der US-Amerikaner, welcher seit einigen Jahren in der britischen Hauptstadt lebt, ist dieser Tage nicht alleine unterwegs, um sein fünftes Solo-Album „Rock’n’Roll Consciousness“ vorzustellen, sondern mit der Thurston Moore Group. Eine sogenannte ‚Supergroup‘ mit Musikern, welche sich schon in anderen Bands bewährt haben bzw. durch diese bekannt geworden sind und ihre Instrumente dementsprechend beherrschen. Moore wird natürlich auf ewig mit Sonic Youth in Verbindung gebracht werden. Und wer Sonic Youth nicht kennt oder noch nichts von der Band gehört hat, braucht eigentlich nicht weiter lesen oder gerade deshalb besonders gut.

Stichwort: Living Legend on Stage.

Diese Institution des alternativen Indie-, Noise- und Punk-Rock war Inspiration für etliche andere Bands/KünstlerInnen und wird es zukünftig über die nächsten Jahre auch noch bleiben. Leider bedeutete das Ende der Ehe zwischen Thurston Moore und seiner Bandkollegin Kim Gordon, quasi ebenso das Aus für Sonic Youth.

Damit er nicht ganz ohne jahrelange Begleitung von dieser Band auskommen muss, ist Steve Shelley am Schlagzeug mit am Start. Außerdem Debbie Googe, bekannt von My Bloody Valentine und Primal Scream, am Bass und James Sedwards (Guapo, Chrome Hoof) an der Gitarre. In der Formation waren sie auch schon bei Moore’s letzter Platte „The Best Day“ von 2014 zusammen und standen im April diesen Jahres gemeinsam mit dem London Symphony Orchestra als The Can Project auf der Bühne. Anlass war das 50jährige Jubiläum der berühmten Kraut-Rocker Can, was von ihm mit iniziert wurden war.

Kala Brisella (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Bevor es aber zum Auftritt der Thurston Moore Group kommt, heizt das Trio Kala Brisella den Saal, sowohl im übertragenden als auch im genauso gemeinten Sinne mit ihrer Mischung aus Noise-Rock und Post-Punk, so richtig ein. Da es im Beatpol immer eine Stunde später losgeht, als in den meisten anderen Konzertveranstaltungslokalitäten, ist es kurz nach 21:00 Uhr schon rappelvoll und das ist bei bestem Sommerwetter und Schulferien keine Selbstverständlichkeit. Die Berliner stellen ihre Debüt-LP „Endlich Krank“ vor, vom selben Produzenten, der auch schon bei Die Nerven Hand angelegt hat. Das Thema Krankheit zieht sich ein bisschen wie ein roter Faden durch die Texte. Bis zur Tourankündigung habe ich von Kala Brisella noch nie etwas gehört und die Band überzeugt nicht nur mich, sondern auch alle anderen Anwesenden am Saal. Ein euphorisiertes, beifallbekundendes Publikum, ein würdigen Auftakt für diesen Konzertabend,

… ein guter Tag, vielleicht der beste.

Thursten Moore Group (Foto: Kristin Hofmann)
Thursten Moore Band (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Nach einer guten halben Stunde Umbau kommen dann ganz unspektakulär die vier Protagonisten der Thurston Moore Group durch den Seitenaufgang auf die Bühne, greifen zu ihren Instrumenten und spielen gleich drauflos. Moore auf der linken und Sedwards auf der rechten Seite. Das Schlagzeug von Shelley ist nicht wie meist üblich auf einem Podest aufgebaut, würde im hinteren Bereich fast untergehen, wenn nicht Googes Bassspiel direkt vor dem Drumset stattfinden würde, die mehr mit ihm als mit dem Publikum Blickkontakt hält. Ich nehme schon mal vorweg, daß sich dieses Bild während des gesamten Konzertes so fortsetzen wird. Aber dadurch wird der Rhythmus-Fraktion der Band hervorgehoben, welche oft bei Stromgitarrendarbietungen ein wenig untergeht, allerdings enorm wichtig ist. Denn wenn Bass und Schlagzeug sch**** klingen, dann können sich die Anderen an ihren Saitenklampfen bzw. am Mikro noch so sehr abmühen. Das ist hier nicht der Fall.

Thursten Moore Band (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Schon nach dem ersten Song „Cease Fire“ wird deutlich, dass hier absolute Profis mit jahrzehntelanger Erfahrung am Werk sind, die weder viele Blicke noch Absprachen brauchen. Da konzentriert sich jede(r) mit Hingabe auf den jeweiligen Part. So sind ebenso Bühnendeko wie Licht sehr spärlich be- bzw. eingesetzt und dezent im Hintergrund gehalten. Schließlich geht es Moore nicht um eine protzige Rock’n’Roll-Show, sondern wie es der Albumtitel „Rock’n’Roll Consciousness“ schon vermuten lässt, um eine gewisse Erkenntnis, eine Vergegenwärtigung, Bewusstheit. So lenkt nicht viel Visuelles ab und jede(r) kann sich mehr auf den Hörsinn konzentrieren. Die Reise geht fast ausschließlich durch die Songs der neuen Platte, „Speak To The Wild“ der 2’14er Platte reiht sich sehr gut in die aktuellen Stücke ein. Nach jedem Track gibt es total begeisterten Applaus vom durchaus altersmäßig durchmischten Publikum. Von Anfang 20 bis Ü60 ist alles vertreten. Vereinzelt etwas zu vorschnell, weil nicht immer ganz klar ist, ob sich ein Song noch Mal aufbaut oder dann doch zu Ende ist. Kein Wunder, die neue Scheibe „Rock’n’Roll Consciousness“ beinhaltet zwar ’nur‘ fünf Tracks, da ist der Kürzeste aber sechs Minuten lang und der Längste fast zwölf. Eine der wenigen Ansprachen ans aufmerksame Auditorium beinhaltet eine Widmung für die Vorband Kala Brisella, was vermuten lässt, dass sich Moore diese für seine Deutschland-Termine bewusst rausgesucht hat. Das letzte Stück „Exalted“ fasst alles bisher Gehörte so richtig schön zusammen, es beginnt behutsam mit dem Aufbau und explodiert dann regelrecht nach einigen Minuten und beruhigt sich zum Schluss wieder, bis der Song anschließend in sich zusammen fällt.

Thursten Moore Band (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Danach gibt es noch zwei kleine Zugaben mit jeweils zwei Songs von Moores allererster Solo-LP „Psychic Hearts“ aus dem Jahr 1995, die mich an eine Phase von Sonic Youth zu besten Alternative Rock-Zeiten erinnern, in denen Alben wie „Washing Machine“, „Experimental Jet Set, Trash And No Star“ bzw. „Dirty“ prägend waren. Sehr passend, weil sich Thurston Moore’s aktuelles Werk musikalisch an die letzten Veröffentlichungen der New Yorker Kult-Band durchaus anlehnt.

Ein großartiger, ein exzellenter Konzertabend ist dann zu Ende. Okay, ein paar Songs mehr wären natürlich sehr zur Freude aller Anwesenden gewesen, Material aus den letzten 30, 35 Jahren hätte ja zur Verfügung gestanden. Allerdings geht er nun auch schon auf die Sechzig zu.

Mr. Moore: next time a little bit more, please! C U.

Thursten Moore Band (Foto: Kristin Hofmann bs! 2017)

Setlist:

  1. Cease Fire
  2. Turn On
  3. Instrumental Jam
  4. Speak to the Wild
  5. Cusp
  6. Smoke of Dreams
  7. Aphrodite
  8. Exalted
    Encore:
  9. Ono Soul
  10. Pretty Bad

Galerien (by Kristin Hofmann bs! 2017):

Links:
www.thurstonmoore.com
www.sonicyouth.com
www.kalabrisella.tumblr.com
www.beatpol.de

Weiterhören:

  • Thurston Moore: „Psychic Hearts“; „Trees Outside The Academy“; „Demolished Thoughts“; „Chelsea Light Moving“; „The Best Day“ & „Rock n Roll Consciousness“
  • Sonic Youth: „The Eternal“; „Hits Are for Squares“; „The Destroyed Room: B-Sides and Rarities“; […..] & „Confusion Is Sex“
  • Kala Brisella: „Endlich Krank“

Veranstalter:
Konzertbüro Schoneberg

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