Start Events Konzertberichte Review: Stahlzeit lassen die Markthalle brennen (20.11.2016, Hamburg)

Review: Stahlzeit lassen die Markthalle brennen (20.11.2016, Hamburg)

Stahlzeit (Foto: Toni Gunner bs!)

So da will ich mir doch mal eine weitere Rammstein-Tribute Band angucken. Ist ja nicht so, als würde es noch keine geben (Feuerengel, Völkerball, Weißglut.. gibt es noch mehr?), natürlich ist jede selbstbetitelt die Beste. Alle genannten Coverbands plus Original durfte ich mir teilweise schon mehrfach ansehen und -hören und kann demnach vergleichen. Doch bevor ich zum eigentlichen Bericht komme und dieses natürlich auch vergleichend beurteile, frag ich mich, was eine gute Tribute-Band denn eigentlich ausmacht? Authentizität, Qualität, Bühnenpräsenz, Show oder doch nur die Menge an Salpeter und Schwefel die in die Luft geblasen werden?

Stahlzeit ist eine 6-Mann-Kombo aus Franken und scheint nicht unbekannt zu sein. Ich sehe sie zum ersten Mal. Voll ist es nicht in der Markthalle, etwas zu 2/3 gefüllt. Naja, bei einem Preis von 32 EUR für eine einzige Band kann man meckern, allerdings ist es ein Schnapper, wenn man weiß, dass ein Rammstein Ticket mindestens das Doppelte kostet und hier einen eine 2.5h Show erwartet. Das Publikum ist bunt gemischt, eher älter und eher konservativer. Es gibt eine Menge Merch zu nicht ganz billigen Preisen zu kaufen, nicht nur von Stahlzeit, sondern auch von Maerzfeld, dem eigentlichen Hauptprojekt.

Auf Grund angekündigter Pyro dürfen wir Fotografen nicht in den Fotograben, aber haben die Möglichkeit das ganze Konzert durchzufotografieren. Pyro in der Markthalle? Hahaha, ja da kann ja nicht viel kommen. Ich lasse mich überraschen. Die Bühnendeko ist recht schlicht, geradezu spartanisch gehalten. Da hatten Völkerball aber damals in der Markthalle mehr aufgefahren. Allein das Drumset und die Bass- und Synthi-Männer stehen auf einem Podest aber sonst nix außer alu-umwickelte Mikroständer der Gitarreros, der geneigte Rammstein-Fan kennt das und weiß, was damit später geschieht. Punktabzug. Mal abwarten, was im Laufe des Konzert noch so aufgefahren wird.

„Ja…. Nein… RAMMSTEIN!“

Also Intro gibt es das Ramm4-Medley, schönes Ding. Und jawoll, Sänger Heli Reißenweber hat tatsächlich Ähnlichkeit mit Till Lindemann, nachdem er sich seiner Udo-Lindenbergmäßigen Hutverkleidung entblößt hatte. Das gibt nen Pluspunkt. Die sonstige Kostümierung ist eher belanglos. Roter Overall für Keyboarder Thilo Weber, rote Armscherpen für Gitarrist Matthias Sitzmann, tiefe Kapuze für Bassist Bora Öksüz und alle dreckig geschminkt. Links-2-3-4, Asche zu Asche, ja die Moves und Gesten sind authentisch. Pluspunkt.

Stahlzeit (Foto: Toni Gunner bs!)
Stahlzeit (Foto: Toni Gunner bs!)

Pyromäßig gibt es nicht viel außer ein paar Feuer- und CO2-Säulen und etwas Wunderkerzen-Gefunkel. Man merkt deutlich, dass die Band dies selbst belächelt und Sänger Held sich sogar dafür entschuldigt. Ja wie, haben die sich denn nicht vorher darüber informiert, was in der Markthalle geht und was nicht? Da kann man doch Hamburg keine Schuld geben, liebe Franken. Den Leuten teuer das Geld aus den Taschen ziehen und dann Mimimi machen, das haben wir gern. Feuerengel spielen nicht umsonst im Docks und können da pyrotechnisch echt einiges bieten, was richtig Rammstein-Charakter hat. Wenn man sich mit der „spektakulärsten Rammstein-Show“ ankündigt, dann ist das schon ein kleines Armutszeugnis. Aber auch Völkerball haben in der Markthalle mehr bieten können. Schade, dass sich Stahlzeit so darauf auszuruhen schein. Denn nur Pyro macht für mich keine Tribute-Band aus. Naja, wenn die Markthalle schon nur zu 2/3 gefüllt ist, dann wäre es im Docks publikumsmäßig dann schon etwas überschaubar gewesen.

Die weiteren Songs plätschern so dahin, da ist nicht wirklich was nennenswertes passiert. Bassist Bora darf sich 2min lang bass-solo-mäßig austoben und steht dabei im Rampenlicht, der sonst sich eher im Hintergrund der Bühne aufhält. Bei „Amerika“ hat Tastenmann mit einem USA-Flag-Regenschirm gewedelt und zu „Mein Herz brennt“ wird ein Klavier hereingerollt und in sanften Tönen dazu gesungen. Dabei leuchtet das ein oder andere Feuerzeug im Publikum. Ich persönlich mag lieber die ursprüngliche Version mit den harten E-Gitarren.

Stahlzeit (Foto: Toni Gunner bs!)

Zu späterer Stunde scheint etwas mit den Pyros schief gegangen zu sein, denn ein beißender Geruch macht sich breit, so dass sogar einige Zuschauer die Markthalle verlassen. Sie klagen über Atemnot und einem metallischen Geschmack im Mund. Wäre interessant zu erfahren, was da genau passiert war. Bericht auf facebook einer Besucherin: „Was war denn gestern los bei der Pyro am Arm des Gitarristen? Da lief was falsch. Wir, in den ersten Reihen, haben kaum noch Luft bekommen und Schmerzen beim Atmen und mussten schlimm husten. Was habt ihr uns da für Gas in die Lungen gepumpt?“ Daraufhin kam kein offizielles Statement der Mann oder des Managements. Schade.

Und so weiter geht es zum Ende des Gigs. Gute musikalische Performance, wenig Bühnenaction, viele entschuldigende Sprüche zur mangelnden Pyro… aber das Publikum feiert sich einen ab.

Stahlzeit (Foto: Toni Gunner bs!)

Die Setlist lässt eigentlich kaum Wünsche offen, ich persönlich hätte gern noch „Wiener Blut“, „Tier“ oder „Mehr“ gehört. Songs wie „Haifisch“ und die Klavier-Version von „Mein Herz brennt“ gehen mir (bei jeder Rammstein-Coverband) echt auf den Keks. Aber so ist es eine amtliche Reise durch die Diskographie Rammsteins gewesen, die sicher den Nerv aller Zuschauer beglückt hat.

Wie schon gesagt, bei der Auswahl der Rammstein-Tribute Bands gibt es bessere und schlechtere. Für mich zählen neben den Pyros auch Detailverliebtheit, Bühnenhsow und auch Sympathie dazu, um mich zu überzeugen. Stahlzeit ruhen sich leider nur auf ihrer musikalischen Qualität aus. Sie können in einer passenden Location pyromäßig bestimmt mehr bringen, aber wie gesagt, gehört da eben auch mehr zu um als Tribute-Band zu überzeugen. Da darf man auch gern den Fehler bei sich finden, wenn es um die falsche Wahl der Location geht. Dennoch: keine schlechte Rammstein-Alternative!

Fotos und Text: Toni Gunner.

Galerien:

Stahlzeit (Foto: Toni Gunner bs!)

Setlist

1. Ramm 4
2. Links 2-3-4
3. Asche zu Asche
4. Sehnsucht
5. Wollt ihr das Bett in Flammen sehen?
6. Heirate mich
7. Bestrafe mich
8. Mutter
9. Keine Lust
10. Benzin
11. Amerika
12. Seemann (Bass)
13. Mein Herz brennt
14. Sonne
15. Ich tu dir weh
16. Ohne dich
17. Haifisch
18. Du riechst so gut
19. Weidmanns Heil
20. Feuer Frei!
21. Du hast
22. Pussy
Encore
23. Bück dich
24. Ich will
25. Engel

Links:
www.stahlzeit.com

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