
Dream-Pop / Darkwave / Electronic
Listenrecords
25.04.2025
Streaming & Vinyl

Tracklist:
- Sober
- Vanish
- River In The Darkness
- I Don’t Remember Much
- Seasons
- The Murmur
- The Same
- Stay
Da kommt eine sehr dunkle Wolke auf uns zu
Manchmal muss man nicht gegen das Graue ankämpfen, sondern lernen, damit umzugehen. The Murmur, das neue Album von Tamara Qaddoumi, schlägt genau daraus Kapital – aus dem Gefühl, dass es keinen klaren Ausweg gibt.
Zwischen Delirium und Erinnerung
Schon der Opener Sober klingt wie ein innerer Monolog im Delirium: I gotta sober up ist weniger Entschluss als Mantra, das immer wieder und wieder wiederholt wird. Der Song taumelt durch schimmernde Synths und zähe Basslinien, irgendwo zwischen Bat For Lashes, Sevdaliza und Lykke Li – als würde man durch einen vernebelten Raum aus Erinnerung und Müdigkeit laufen. Qaddoumis Stimme bleibt dabei der Anker. Mal fast gehaucht, dann wieder ausbrechend, als wolle sie die elektronischen Flächen zerschneiden und ihnen ein neues Leben geben.
Zustände statt Geschichten
Was The Murmur so spannend macht, ist der permanente Schwebezustand. I Don’t Remember Much dekonstruiert Erinnern fast vollständig – eine Mischung aus Spoken Word, zerbrechlichem Gesang und einer Produktion, die bewusst bröckelt. Es ist ein Soundtrack für Zustände, in denen einem die Zeit entgleitet. Das Titelstück The Murmur wiederum führt die Zuhörenden in die Mitte eines dunklen Nebels, der immer dichter und dunkler wird, bis er sich zum Ende hin auflöst.
Erste Lichtschimmer im Grau
Spannend ist: Erst die Synths nach der ersten Minute von The Same lassen erste Lichtschimmer wieder in das ganze Grau, das das Album transportiert. Bevor das Album zum Ende kommt, wartet noch mein persönlicher Favorit: Der Song Stay erinnert an eine noch düsterere Version vom Allie X-Album Girl With No Face, das ich bereits als mein Album des Jahres 2024 gekürt habe.
Tanzen im Stillstand
Tamara Qaddoumi erzählt Geschichten mit einem Sound, der sich nicht zwischen elektronischem Artpop, düsterem Dreamwave und dekonstruierter Songstruktur entscheiden will. Es gibt keine Hymnen, keinen klassischen Aufbau, kaum Orientierung. Aber das braucht es auch nicht. Man kann sich in diesem Stillstand entscheiden, einfach zu bleiben. Und vielleicht sogar zu tanzen – im Grauen.
Und vielleicht macht ihr es wie ich und hört Stay direkt mehrmals – denn Tamara Qaddoumi zeigt uns hier, wie ein perfekter Album-Closer geht.
Links:
Tamara Qaddoumi