Radiohead: A Moon Shaped Pool (2016) Book Cover Radiohead: A Moon Shaped Pool (2016)
Orchestral, Pop Art Rock
Recordings
08.05.2016 / 17.06.2016 [CD]
www.amoonshapedpool.com

Tracklist:

  1. Burn the Witch
  2. Daydreaming
  3. Decks Dark
  4. Desert Island Disk
  5. Ful Stop
  6. Glass Eyes
  7. Identikit
  8. The Numbers
  9. Present Tense
  10. Tinker Tailor Soldier Sailor Rich Man Poor Man
  11. Beggar Man Thief
  12. True Love Waits

Es ist eigentlich irrsinnig noch irgendetwas über A Moon Shaped Pool schreiben oder sagen zu wollen, denn was soll man über ein derart genial medial platziertes Album, das in 77 Ländern an der Spitze der Charts steht, bevor es überhaupt physisch zu erstehen oder in Deutschland als Download verfügbar ist, noch Neues zu berichten haben?

Was soll man über ein Album sagen, zu dem jede/r eine Meinung zu haben scheint. Was gibt es über das neunte Studioalbum von Radiohead, das so gigantisch gedropped wurde, noch an Worten zu verlieren? Den Sinn einer Meinung zu hinterfragen, ist der falsche Ansatz. A Moon Shaped Pool ist wohl die traurigste Wahrheit aller Zeiten, erscheint als sich selbst parodierendes Gleichnis, denn das Gesamtkunstwerkt der Briten eint Menschen aller Kontinente durch Musik, Menschen die sich sonst für abstrakte Ideologien, Nationenkult und den Gott Mammon gegenseitig abschlachten.

Burn the witch.

Verbrennt die Hexe, wir wissen wo du lebst. Meidet Augenkontakt, hört nur nicht zu. Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen wollen. Burn the witch [Video], ein Gleichnis für unsere Gesellschaft, die immer einen Sündenbock sucht. Ein Song, der mit Minimalsounds von gezupften Streichern einsetzt. Filigran. Anspruchsvoll. Durchkomponiert. Es ist – wie fast jedes Stück des Albums – unterlegt mit Sounds des London Contemporary Orchestra. Es ist - und damit ist es so viel mehr - Radiohead.

Burn the witch und der Mann im Mond schaut zu. Die anderen waren’s.

Burn the witch. Und an den Küsten weinen die Wellen die Toten in den Sand.

Burn the witch. Und Höcke hebt die rechte Hand.

Burn the witch. Ein Gleichnis auf die Flüchtlingskrise sagen sie und wählen Trump.

Hass verfolgt die inneren Ängste im Anderen. Burn the witch und nichts wird sich ändern.

A Moon Shaped Pool ist das traurigste Album der Welt, wenn seinem Erfolg keine Taten folgen. Es ist ein Album in das man eintauchen kann. Unendlich wie die Mondlandschaft.

And there's nowhere to hide
You run to the back and you cover your ears

Es ist poetische Revolte ohne anzuklagen. Metaphorisch, klar und mit Anleihen, die musikalisch wie lyrisch so klug sind wie ihre Vorbilder.

The Numbers. Ein Weltrettungslied das wie ein Jamsession beginnt und - das sagen die Klügsten unter den KritikerInnen - das inhaltlich ein Plädoyer dafür darstellt, dass wir uns nicht von Zahlen beeindrucken lassen sollen. Imperativ. Hashtag. Emoticon.

See the moon smiling

Und – das fetzt wohl am meisten – es erinnert in manchen Lyrics ungemein an Patti Smiths People have the Power.

„We call upon the people
People have this power
The numbers don't decide
Your system is a lie
The river running dry“

A Moon Shaped Pool ist das traurigste Album der Welt, denn das System ist eine Lüge an der Menschen zerbrechen. Jeden Tag. Jede Nacht. Sollte ich Patti Smith je treffen, werde ich sie fragen, ob sie die Poesie darin so liebt wie das Mondgesicht. Vielleicht trocknen bis dahin ein paar Tränenflüsse aus. Vielleicht.

A Moon Shaped Pool ist das Vielleicht aus dem ein Sein werden kann. Vielleicht.

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Isabelle Hannemann
Die missratene Hypotaktikerin wird als Redakteurin Schrägstrich Fotografin bei be subjective! geduldet, hat versucht sich als freie Autorin und Herausgeberin verschiedener Artikel und Bände im Bereich der kritischen Sozialwissenschaft für Suchmaschinen selbst zu optimieren und will – wenn sie groß ist – mal sehen. Künstlerisch als Autorin und Fotografin mit diversen Bands und AutorInnen zusammenarbeitend, Texte zu Papier, Gehör und auf die Bühne bringend. Na dann Prost Mahlzeit!