Carpenter Brut: Leather Teeth (2018) Book Cover Carpenter Brut: Leather Teeth (2018)
Synthwave
Caroline (Universal)
23.02.2018
www.carpenterbrut.com

Tracklist:

  1. Leather Teeth
  2. Cheerleader Effect
  3. Sunday Lunch
  4. Monday Hunt
  5. Inferno Galore
  6. Beware The Beast
  7. Hairspray Hurricane
  8. End Titles

Die 80er beeinflussen seit einiger Zeit die Medien. So feiert die Netflix Serie „Stranger Things“ große Erfolge und beinahe klamaukige Kurzfilme wie „Kung Fury“ erleben auf youtube einen starken Hype. Im Jahr 2015 erschien das erste Album eines Künstlers, der nicht nur mit seinem Bandnamen „Carpenter Brut“ dem Meister John Carpenter der Filmbranche huldigt.

Musikalisch macht Carpenter Brut einen Sprung in die späten 70ern, frühen 80ern als John Carpenter die Horrofilmbranche mit seinem Filmstil und der dazugehörigen Filmmusik prägte. Der Trailer zum aktuellen Album „Leather Teeth“, fängt die Stimmung dieser Zeit perfekt ein und präsentiert einen kurzen aber prägnanten Eindruck in das Album als auch die Gesamtkunst von Carpenter Brut. Der Filmstil ist auf alt getrimmt und guten alten Schockern nachempfunden. Zeitlich angesiedelt in den späten 70ern. Was damals gruselig erschien wirkt heute eher trashig und genau diesen Trash fängt Carpenter Brut in seinen Videos als auch seiner Musik ein ohne albern zu wirken. Ganz im Gegenteil, die Genialität liegt darin diesen Retrocharme gekonnt mit modernen und zündenden Synthiesounds so zu verknüpfen, dass ein Klangbild entsteht das in der heutigen Zeit funktioniert und mitreißt. Franck Hueso aka Carpenter Brut zaubert Songs, die direkt einem 80er Film entspringen könnten. Wie ein Soundtrack fließt das Album und so ist es auch konzipiert:

Leather Teeth, das ist die Geschichte von Bret Halford, einem introvertierten Chemiestudenten. Er mag ein Mädchen, sie mag ihn nicht und will lieber mit dem Star-Quarterback zusammen sein. Bret wird wahnsinnig und braut ein Präparat, das es ihm erlauben soll alle zu kontrollieren. Stattdessen entstellt es ihn und er beschließt, ein Rock Star zu werden. Als Leather Teeth, Sänger von Leather Patrol, will er das Mädchen (und andere) verführen“.

Diese Story ist so haarsträubend, dass man gewillt ist das Ganze mit einem Kopfschütteln und einem milden Lächeln abzutun. Doch dies wäre ein Fehler, denn das Album wird von fein gestrickten und vor 80er triefenden Synthiepopgerüste beherrscht. Drama, Action und Spannung werden in Synthwave Songs verpackt, die modern klingen und doch einen unüberhörbaren Retrocharme versprühen.

Auf diesem Album geht Carpenter Brut einen Entwicklungsschritt weiter. Es fließen Gitarrensoli und sogar Gesang bei dem ein oder anderen Stück ein. Kristoffer Rygg leiht bei „Cheerleader Effect“ seine Stimme und schafft es den absichtlich schlechten Text glaubwürdig zu interpretieren ohne ins Lächerliche abzurutschen. Inspiriert von Glam Rock, der bei „Leather Teeth“ bewusst eingesetzt wird und die Rock Star Story untermalt. Das musikalische Storytelling ist so gekonnt aufgebaut, dass der Hörer die gesponnene Geschichte förmlich fühlen und erleben kann. Dramatische Höhepunkte in John Carpenter Filmen, bei denen z.B. das Opfer von seinem Peiniger gnadenlos gejagt und am Ende auch gelyncht wird, spiegeln sich in schweißtreibenden Keyboard- und Drumcomputer-Kompositionen wieder. Der Spannungsbogen ist stets gespannt. Es juckt im Fuß und sämtliche Aktivitäten, die man neben dem Durchhören des Albums macht, steigern sich in ihrer Geschwindigkeit.

Natürlich ist das gesamte Werk inhaltlich mit einem großen Augenzwinkern zu betrachten, doch musikalisch ist es ein Konzeptalbum von hoher Qualität und großem Können. Leider ist der Spaß von kurzer Dauer. Die 8 Songs bringen es gerade mal auf knapp 32 Minuten. Doch Carpenter Brut sieht das entspannt:

„Musically it’s pure frenzy like 'Master of Puppets', or any of the good old metal albums: eight tracks wrapped in 32 minutes of sound. Put it on repeat if it’s too short.”

Manchmal braucht es auch einfach nicht mehr. Und wem es trotz Repeatfunktion zu wenig ist, der kann sich das Vorgängeralbum besorgen und die Videos auf youtube ansehen. Beides wäre so oder so eine mehr als warme Empfehlung, denn „Trilogy” ist genauso ein Meisterwerk wie „Leather Teeth” und auch die Videos sind eine vollkommener Tribut an alte 80er Horrorthriller.

https://www.youtube.com/watch?v=0CVqlEwHJrk

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Melanie Schupp
Melanie – the fucking awesome face from outer space – Schupp, ist Freizeitzombie, der Alptraum jedes Metalldetektoren, HardcoreBraut und schippert von Hamburch auch mal über den Musicheadquarter. Als kleine Schwester Edward Scissorhands, hat sie das zweite Gesicht, schreibt ihre Texte mit Kunstblut und Kajal und bringt Farbe in jeden Fotograben.